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Das Reich der Katzen (German Edition)

Das Reich der Katzen (German Edition)

Titel: Das Reich der Katzen (German Edition)
Autoren: Alisha Bionda
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um
Fleur und hupte laut.
    »Du dämliche Ziege! Willst du mich umbringen?«, kreischte Fleur
und schlug mit der Pfote nach Onisha. »Du bist wirklich die dümmste Katze, die
ich kenne. Und die arroganteste. Ich hätte wirklich Lust, dich hier deinem
Schicksal zu überlassen. Weit wirst du allerdings mit deinem Standesdünkel
nicht kommen. Aber was kümmert es mich, was aus dir wird? Und lehrreich wäre es
für dich allemal. Endlich mal auf dich allein gestellt zu sein. Einen kleinen
Denkanstoß hast du jedenfalls verdient.«
    Onisha schrie erschrocken auf, als Fleurs Krallen ihre
empfindliche Nase trafen und blutige Striemen hinterließen. Sie hatte bisher in
ihrem Leben nur Streicheleinheiten bekommen. Fleurs Krallen sprachen eine
völlig andere Sprache. Onisha duckte sich, um dem nächsten Schlag zu entgehen. Sie
warf Fleur einen wütenden Blick zu, die diesem unbeeindruckt standhielt. Stumm
fochten sie ein Blickduell aus, aus dem Fleur eindeutig als Siegerin
hervorging.
    Und ein kleines Wunder geschah: Onisha senkte das erste Mal in
ihrem Leben die Augen. »Es tut mir sehr leid«, stotterte sie. »Aber als du den
Wald erwähntest, habe ich ...«
    »Dein bisschen Grips verloren«, schnauzte Fleur. »So eine
ungeschickte Kuh ist mir noch nie untergekommen. Ich muss von allen guten
Geistern verlassen gewesen sein, als ich dich mitgenommen habe!«
    Onisha setzte wieder ihre hochnäsige Miene auf. »Ich habe mich
bereits entschuldigt. Ich weiß wirklich nicht, wie oft ich noch sagen soll,
dass es mir leid tut.«
    »So oft, bis in deinem Schädel außer Borniertheit und Luft auch
ein Hauch von Verstand ist«, fauchte Fleur. Dann warf sie Onisha einen Blick
zu, der töten konnte, und sagte drohend: »Wenn du dir noch mal so einen Scheiß
erlaubst, kannst du sehen, wo du bleibst!«
    Schweigend trottete Onisha hinter Fleur her. Sie hat sich zu Recht
aufgeregt, dachte sie, ich habe sie durch mein unüberlegtes Handeln in
Lebensgefahr gebracht. Sie nahm sich vor, in Hinkunft vorsichtiger zu sein.
Aber schon bald hatte sie den Schock überwunden und fragte sich, was es mit dem
Wald auf sich hatte. Warum er wohl Wald der wandernden Schatten hieß?
    Onisha war noch nie die Mutigste gewesen. Allerdings war der
Wunsch, heldenhafter zu werden, auch bisher aus Mangel an Gelegenheiten
gescheitert. »Ist es noch weit bis zu dem Wald?«, versuchte sie wieder ein versöhnliches
Gespräch in Gang zu bringen. Doch Fleur gab nur eine einsilbige Antwort von
sich. Onisha dachte erst, dass sie immer noch wütend war, was durchaus
verständlich gewesen wäre. Aber ein Blick in Fleurs Gesicht zeigte ihr, dass
sie etwas anderes beschäftigte. Ja, geradezu zu beunruhigen schien. Fleurs
Blick schweifte aufmerksam und rastlos einher. Sie hatte ihre Ohren wie zwei
Radarteller aufgestellt und lauschte in alle Richtungen. Dabei war ihr gesamter
Körper gespannt. Drückte höchste Aufmerksamkeit aus. Als ob sie einen nahenden
Feind beobachtete.
    Ihre Nervosität ging auf Onisha über. Auch wenn diese nicht
wusste, was sie beunruhigte, spürte sie doch, dass sie sich auf etwas
Bedrohliches zubewegten. Als sie den Wald erblickte, wusste sie es.
    Die ersten Bäume erschienen am Horizont. Sie erhoben sich mit
ihren spitzen Kronen drohend wie unheimliche Kapuzenmänner in den Himmel. Es
lag etwas in der Luft, das Onisha nicht mit Worten beschreiben konnte. Aber es
war spürbar da. Und es gefiel ihr nicht.
    Nebelschwaden waberten wie Spinnweben zwischen den Bäumen,
griffen mit feuchtmodrigen Fingern nach ihnen. Onisha meinte sogar
absonderliche Skulpturen und Bauten zwischen den Bäumen zu erblicken. Ihr wurde
blitzschnell klar, warum der Wald die Bezeichnung »Wald der wandernden
Schatten« erhalten hatte. Überall zwischen den Bäumen war Bewegung - von nicht
eindeutig auszumachender Wesen. Da waren menschliche Gestalten mit
Tierhäuptern, die durch den Nebel huschten. Gerade so schnell, dass man sie wahrnahm,
sie aber nicht genau sehen konnte.
    »Unmöglich«, murmelte Onisha nervös.
    Fleur duckte sich plötzlich und schlich, flach wie eine Flunder,
über den Boden. Verharrte dann und wann. Schlich aber immer weiter, in
bedächtigen Bewegungen, den Blick starr auf den Wald gerichtet.
    Ein einsamer Lichtstrahl traf sie.
    Fleur zuckte nervös zusammen.
    »Was ist?«, flüsterte Onisha mit heiserer Stimme. Fleur
antwortete nicht, sondern kroch weiter. Hochkonzentriert und äußerst
geschmeidig. Onisha hatte Schwierigkeiten, ihren plumpen Körper halbwegs
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