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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel
Autoren: John Katzenbach
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deren Namen veröffentlicht, aber Ihre Arbeit, richtig? Bevor Sie Ihren Doktor gemacht haben.«
    »Sie sind gut informiert.«
    Der Mann kam langsam die Hörsaaltreppe herunter. Clayton zielte und hielt die Pistole mit beiden Händen. Er bemerkte, dass der Mann älter war als er selbst, wahrscheinlich Mitte bis Ende fünfzig, mit grau meliertem Haar, das er sehr kurz geschnitten trug. Trotz seines wuchtigen Körpers wirkte er agil, fast leichtfüßig. Clayton taxierte ihn, so wie er es mit einem Sportkonkurrenten tun würde: kein Langstreckenmann, aber ein ernst zu nehmender Sprinter, der gefährlich beschleunigen konnte.
    »Langsamer bitte«, sagte Clayton. »Und halten Sie Ihre Hände so, dass ich sie sehen kann.«
    »Ich versichere Ihnen, Professor, ich bin keine Bedrohung.«
    »Da habe ich meine Zweifel. Sie haben beim Betreten des Hörsaals den Metalldetektor ausgelöst.«
    »Ehrlich, Professor, ich bin nicht das Problem.«
    »Auch das wage ich zu bezweifeln«, erwiderte Jeffrey Clayton in scharfem Ton. »Es gibt alle möglichen Bedrohungen und alle möglichen Probleme in dieser Welt, und ich habe das Gefühl, Sie verkörpern ein paar davon. Öffnen Sie Ihr Jackett. Ohne hektische Bewegungen, wenn ich bitten darf.«
    Der Mann war auf etwa fünf Meter herangekommen und blieb stehen. »Seit meinem Studium hat sich an der Uni einiges geändert«, meinte er.
    »Was Sie nicht sagen. Zeigen Sie mir Ihre Waffe.«
    Der Mann enthüllte ein Schulterhalfter mit einer ähnlichen Pistole, wie sie Clayton in der Hand hielt.
    »Darf ich Ihnen meinen Ausweis zeigen?«, fragte er.
    »Gleich. Es gibt sicher noch eine Ersatzwaffe, nicht wahr? Am Fußgelenk vielleicht? Oder hinten in Ihrem Gürtel? Wo ist sie?«
    Wieder lächelte der Mann. »Hinten im Gürtel.« Er hob langsam die Anzugjacke und drehte sich um, so dass eine zweite, kleinere Automatik in einem Halfter am unteren Rücken zum Vorschein kam. »Zufrieden?«, wollte er wissen. »Wirklich, Professor, ich bin in einer offiziellen Angelegenheit hier …«
    »Offizielle Angelegenheit ist ein wunderbarer Euphemismus, der für alle möglichen gefährlichen Aktivitäten stehen kann. Und jetzt ziehen Sie langsam die Hosenbeine hoch.«
    Der Mann seufzte. »Kommen Sie schon, Professor, erlauben Sie mir, mich auszuweisen.«
    Clayton ruckte nur kurz mit dem Lauf seiner Pistole. Der Mann zuckte die Achseln und hob zuerst den Hosenaufschlag am linken, dann am rechten Bein. Am rechten kam ein drittes Halfter ans Licht, in dem ein Wurfmesser steckte.
    »In meinem Fachgebiet kann man nicht vorsichtig genug sein.«
    »Und um welches handelt es sich?«
    »Nun, Professor, ich beschäftige mich mit demselben Thema wie Sie.«
    Er legte eine Pause ein, so dass sich noch einmal ein Grinsen über seine Züge schieben konnte wie eine Wolke über den Mond.
    »Mit dem Tod.«
     
    Jeffrey Clayton deutete mit der Pistole auf einen Stuhl in der ersten Reihe. »Jetzt sehe ich mir gerne diesen Dienstausweis an«, sagte er.
    Der Besucher steckte vorsichtig die Hand in die Jackentascheund zog ein Kunstledermäppchen heraus, das er dem Professor entgegenhielt.
    »Werfen Sie es einfach hier hin, setzen Sie sich und verschränken Sie die Hände hinter dem Kopf.«
    Zum ersten Mal flackerte Verärgerung in den Augen des Mannes auf, doch ebenso schnell gelang es ihm, seine Gefühle unter demselben, gelassen spöttischen Lächeln zu verbergen. »Finden Sie das nicht ein wenig überzogen, Professor Clayton? Aber wenn es der Wahrheitsfindung dient …« Der Mann ließ sich auf dem gewünschten Platz in der vordersten Reihe nieder, und Clayton beugte sich vor, um die Dienstmarke entgegenzunehmen, zielte dabei aber mit der Waffe weiter auf die Brust des Fremden.
    »Überzogen?«, gab er zurück. »Verstehe. Ein Mann, der kein Student ist, dafür aber mindestens drei Waffen trägt, betritt meinen Hörsaal durch den Hintereingang, ohne einen Termin zu haben, ohne sich vorzustellen; er scheint die eine oder andere Kleinigkeit über mich zu wissen, versichert mir augenblicklich, er sei keine Bedrohung, und legt mir nahe, keine Vorsicht walten zu lassen? Haben Sie eigentlich die leiseste Ahnung, wie viele meiner Kollegen in diesem Semester angegriffen wurden? Wie viele Schusswechsel es gegeben hat, in die Studenten verwickelt waren? Und wissen Sie, dass wir der Amerikanischen Bürgerrechtsunion eine einstweilige Verfügung verdanken, in deren Konsequenz wir die psychologische Unbedenklichkeitsprüfung bei der
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