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Das Prometheus Projekt

Das Prometheus Projekt

Titel: Das Prometheus Projekt
Autoren: Volker C Dützer
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hatte.
    Adrian riss sich zusammen. Auch wenn er nicht mehr an diesem Leben hing, verspürte er keine Lust, im Rollstuhl zu enden oder als Ziffer in der Unfallstatistik aufzutauchen. Hundert Meter weiter bremste er den Wagen ab und bog in eine schmale Nebenstrecke ein. Hier in der Talsenke lag der Nebel wie ein Leichentuch über dem Land. Er kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können und schaltete das Fernlicht aus, denn die grellen Lichter verwandelten die feuchte Nebelwand in einen undurchdringlichen Vorhang aus Wassertropfen.
    Es geschah in Sekundenschnelle. Als er über die Kuppe des nächstenHügels fuhr, erfassten die Scheinwerfer eine Gestalt, die mit ausgebreiteten Armen über den Mittelstreifen balancierte, als tanze sie über einen Schwebebalken. Adrian schrie überrascht auf und scherte nach rechts aus. Der Geländewagen geriet ins Schleudern und drehte sich um die eigene Achse. Etwas schlug mit einem dumpfen Laut gegen das Heck. Glas splitterte. Der linke Scheinwerfer erlosch, als der BMW einen Leitpfosten traf, ihn aus der Verankerung riss und in die Nacht hinaus schleuderte. Der Wagen rutschte noch ein Stück über die glatte Wiese und kam dann mit dem rechten Hinterrad im Straßengraben zum Stillstand.
    Einen Moment lang war er unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Sein Verstand versuchte zu verarbeiten, was er gerade erlebt hatte.
    Vorsichtig gab er Gas, schaltete den Allradantrieb zu und manövrierte den schweren Wagen aus dem Straßengraben. Mit laufendem Motor wartete der BMW auf seinen nächsten Befehl. Er brauchte nur das Gaspedal durchzudrücken und der Spuk war vorbei. Sein Fuß zuckte und ließ den Motor aufheulen. Zu verschwinden war die schnellste, einfachste Lösung. Sollten sie nach ihm suchen, was machte das für einen Unterschied? Wenn sie sein Gehirn von der Wand kratzten, konnte er keine Fragen mehr beantworten.
    Aber sein Gewissen zwang ihn schließlich, den Motor abzustellen. In diesem Moment wurde ihm klar, wohin ihn sein Selbstmitleid geführt hatte. Auch wenn er im letzten Jahr nicht mehr als Arzt praktiziert hatte, war er noch immer ein Heiler. Ein Arzt, der betrunken einen Menschen anfuhr und sich danach aus dem Staub machte, war der tiefste Punkt, an dener fallen konnte. Er schämte sich zutiefst. Die Verzweiflung und die Selbstzerfleischung des trüben Septembertages waren verschwunden. Unversehens erkannte Adrian, dass er sich bis zur Unkenntlichkeit in Selbstmitleid verloren hatte. Der ständige Wettstreit mit Gott und sein Hadern mit dem Schicksal hatten absurde Züge angenommen.
    Er tastete nach der starken Taschenlampe unter dem Fahrersitz und stieg aus dem Wagen. Der heil gebliebene Scheinwerfer malte einen geisterhaften Lichtfleck auf die Nebelwand. Adrian schritt die Straße ab. Wer zum Teufel spazierte bei diesem Mistwetter in der Dunkelheit über den Mittelstreifen einer Landstraße? Ein Betrunkener wie er selbst? Jemand, der den Verstand verloren hatte und das Schicksal herausforderte? Oder ein Schlafwandler?
    Die Gestalt hatte einen grünen Mantel oder ein Kleid getragen, mehr hatte er in der Schrecksekunde nicht wahrgenommen.
    Der Lichtfleck der Taschenlampe huschte über den Asphalt und den Straßengraben. Mittlerweile hatte er fünfzig Meter zurückgelegt, ohne eine Spur von der Gestalt zu entdecken. Das Warnblinklicht seines Wagens war bereits hinter der Straßenkuppe verschwunden.
    Plötzlich wurde ihm erschreckend klar, dass das Opfer nicht nur verletzt, sondern sogar tot sein konnte. Adrian war sich sicher, dass er den Geländewagen rechtzeitig herumgerissen und den Unbekannten nur gestreift hatte, aber was hieß das schon? Die Masse des schweren Wagens reichte aus, um selbst bei niedrigem Tempo einen Schädel zu Brei zu zerquetschen. Er begann zu laufen. Vielleicht entschied jede Sekundezwischen Leben und Tod.
    Er war mit dem Wagen nach links ausgewichen, also hatte er sie oder ihn wahrscheinlich mit der rechten Seite gestreift. Doch obwohl er bereits hundert Meter der Strecke abgesucht hatte, blieb der Unbekannte verschwunden. Adrian war beinahe bereit zu glauben, dass der Unfall ein Trugbild seines überreizten Verstandes gewesen war, als ein glitzernder Gegenstand im Lichtkreis der Lampe auftauchte. Er bückte sich und hob ihn auf. Es war ein blaues, an der Schnalle abgerissenes Plastikarmband. In der Mitte war ein Namensschild aus Blech aufgenietet, er kannte solche Bänder aus dem Krankenhausbetrieb. In ähnlicher Form band man sie
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