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Das Prometheus Projekt

Das Prometheus Projekt

Titel: Das Prometheus Projekt
Autoren: Volker C Dützer
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und betrachtete die Ruine. Sie schien keinerlei Erinnerung an das Haus zu haben und schlenderte ahnungslos über den Hof auf den alten Brunnen zu.
    „Ich habe die ganze Nacht darüber nachgedacht“, sagte Adrian, während er ihr nachschaute. „Ich denke, ich weiß jetzt, wodurch Eve und Josua Kazaan ihr Gedächtnis wiedererlangten. Vor einiger Zeit las ich einen Artikel über das menschliche Gedächtnis. Man geht heute nicht mehr davon aus, dass Erinnerungen und Erlebnisse in einer bestimmten Hirnregion gespeichert werden. Manche Forscher sind davon überzeugt, dass das Gedächtnis in der Haut sitzt. Wer weiß, wie viele Eindrücke in unseren Fingerspitzen gespeichert sind, vielleicht unser ganzes Leben!“
    „In der Haut?“, brummte Sehner. „Hört sich ziemlich sonderbar an.“
    „Der Mensch ist ein sonderbares Wesen“, antwortete Adrian. „Er besteht nicht nur aus einzelnen Zellen, aus Knochen, Fleisch und Blut und Neuronengewitter im Kopf. Er ist mehr als das. Er ist ein wunderbares Ganzes und erst alle Teile gemeinsam bilden das Bewusstsein, die Seele. Sie sind Bausteine eines göttlichen Mosaiks, und all die Teile gemeinsam bilden das Ich.“
    Er schwieg eine Weile. „Wussten Sie, das der Solarplexus, das große Nervengeflecht im Bauch, beinahe genauso viele Nervenzellen enthält wie das Gehirn?“
    Sehner schüttelte den Kopf. „Ich bin Polizist, kein Arzt.“
    Adrian nickte und schwieg eine Weile.
    „Übermorgen fliege ich mit Eve in die Staaten“, sagte er dann. „Ihre Frau wird in der Klinik erwartet. Mein Vater hat bereits alles in die Wege geleitet. Er wird die Behandlung selbst übernehmen. Die Heilungschancen liegen bei achtzig Prozent.“
    Sehner hob hilflos die Hände. „Aber ich kann das nicht bezahlen.“
    Adrian steckte die Hände in die Hosentaschen. „Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Das ist bereits alles geregelt.“
    Sehners Augen glänzten. „Achtzig Prozent! Na dann, also … vielen Dank, Dr. Sykes.“
    Adrian sah ihn an. „Alles bekommen wir nicht. So ist es immer.“
    Er spielte mit dem Ring in seiner Hosentasche.
    DER RING!
    Christinas Ehering! Nowak hatte ihm den Ring gegeben, als er zum ersten Mal bei ihm war!
    Adrian schloss die Faust um den Goldreif. Seine Hände zitterten plötzlich.
    „Eve?“, rief er. „Komm her, ich möchte dir etwas schenken!“
    Als sie ihren Namen hörte, drehte sie sich lächelnd um und kam zurück. Adrian nahm ihre Hand in seine. Sie war kalt. Christina hatte immer kalte Hände gehabt.
    „Schau“, sagte er und streifte ihr den Ring über den Finger.
    Eve hob die Hand und betrachtete den golden Ring mit dem kleinen Rubin. Ihre Augen blitzten vor Freude. Doch dann nahm etwas Neues ihre Aufmerksamkeit in Anspruch. Sie schlenderte über den Hof und inspizierte neugierig die Nebengebäude.
    „Sie kann sich nicht lange konzentrieren, wie Kinder eben so sind“, seufzte Adrian.
    Eve hatte den alten Stall entdeckt. Sie lief um den Brunnen herum, bis sie außer Sicht war.
    „Es war ein Versuch“, sagte Adrian achselzuckend. „Aber ich habe wohl einmal zuviel gewettet. Sie wird alles wieder lernen müssen. Aber auch wenn sie keine Erinnerungen mehr besitzt, sie lebt. Wenn man es genau betrachtet, ist das mehr, als ich erwarten konnte.“
    Er drehte sich um und ging zum Wagen zurück. „Achtzig Prozent eben“, sagte er.
    „Adrian?“, rief Eve plötzlich. „Eigentlich müssten wir nur den Dachstuhl erneuern. Es wird natürlich viel Arbeit werden, aber ich glaube, wir könnten es schaffen.“
    Er fuhr herum. Sie stand auf dem Hof und hielt den Kopf schräg, wie immer, wenn sie ihn zu überreden versuchte. „Hilfst du mir, die Burg wieder aufzubauen?“
    Adrian nickte stumm. Zum ersten Mal wusste er nicht, was er sagen sollte.
    ENDE

Nachwortdes Autors
    Nachwortdes Autors
     
    Dieser Roman geht der Frage nach, wer wir eigentlich sind. Wer sind Sie, geneigter Leser? Wer bin ich? Wer ist „Ich“?
    Es gibt Menschen, die durch Unfall oder Krankheit eine Hirnverletzung erleiden. Wenn bestimmte Hirnregionen nicht mehr richtig funktionieren, kann sich die Persönlichkeit eines Menschen vollständig verändern. Was bleibt also von uns? Gibt es so etwas wie ein Grundprogramm, in dem festgeschrieben ist, wer wir sind, was wir denken und empfinden? Und wenn ja, wo steckt dieses Programm?
    Wir alle haben eine feste Vorstellung von uns selbst, ein Bild, wie wir uns und unsere Mitmenschen sehen. Woher kommt dieses Bild? Ist unser Wesen
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