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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied
Autoren: Manfred Bierwisch
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tapfere Männer sie dort gesehen hätten und daß auch Sîfrit, ein Held aus den Niederlanden, unter ihnen sei. Diese Nachricht war für Liudegast unangenehm. Die Fürsten von Dänemark boten daraufhin desto mehr Freunde auf, bis Liudegast zwanzigtausend Krieger zu seinem Feldzug bereit hatte. Auch der König von Sachsen, Liudegêr, warb so viele, bis sie vierzigtausend und mehr hatten, mit denen sie in Burgund einfallen wollten.
    Aber auch Gunther in seinem Land bot seine Verwandten auf und die Männer seiner Brüder und die Hagens, die in den Kampf geführt werden sollten. Viele Kämpfer waren so dem Tod bestimmt. Sie bereiteten sich auf den Kriegszug vor. Als sie fortzogen, trug Herr Volkêr die Fahne.Hagen war zum Führer der Truppen ernannt. Von Worms über den Rhein ritten auch Sindolt und Hûnolt, die sich der Belohnungen Gunthers würdig zeigen wollten, und Hagens Bruder Dancwart und Ortwîn, die sich in dem Heereszug durchaus sehen lassen konnten. »Ihr, Herr König, bleibt in Worms«, sagte Sîfrit. »Da Eure Krieger mit mir ziehen, könnt Ihr mit den Frauen zuversichtlich sein. Ich will Eure Ehre und Euren Besitz wohl beschützen. Ich will schon dafür sorgen, daß die zu Hause bleiben, die Euch in Worms heimsuchen wollen. Wir werden so weit in ihr Land rücken, daß ihre Überhebung sich in Kleinmut verwandeln soll.«
    Vom Rhein ritten sie durch Hessen zum Land der Sachsen, wo der Kampf stattfinden sollte. Sie verwüsteten das Land so durch Plünderung und Brandschatzung, daß es den beiden Herausforderern Sorge machte, als sie davon erfuhren. Nie hat ein Angriff den Sachsen solche Verluste eingetragen. Als sie die Grenze erreicht hatten, zog der Troß ab. »Wer soll uns nun die Knappen beaufsichtigen?« fragte Sîfrit, und sie bestimmten Dancwart zum Führer. »Desto weniger werden wir durch die Feinde verlieren. Laßt ihn mit Ortwîn hier die Nachhut anführen.« – »Dann will ich selbst jetzt reiten, um die Feinde aufzufinden und zu beobachten«, sagte Sîfrit und ließ sich waffnen. Als er fortwollte, übergab er Hagen und Gêrnôt die Kriegsschar und ritt allein tiefer ins Land. So manchen Kinnriemen zerschlug er dort an diesem Tag. Er sah das Heer im Felde lagern, das seine Kampfgenossen mit solcher Übermacht aufwog – es mochten vierzigtausend oder noch mehr sein. Er sah sie gelassenen Mutes.
    Auch von den Feinden war ein Ritter zu einem Spähritt aufgebrochen, er war sehr sorgfältig ausgerüstet. Sîfrit sah den Unbekannten, und der bemerkte ihn. Sie begannen sichfeindselig zu beobachten. Ich sage euch, wer dort unterwegs war. Er hatte einen strahlenden Schild aus Gold in der Hand. Es war der König Liudegast, der für seine Schar die Wache hielt. Er sah den Fremden stolz heransprengen.
    Herr Liudegast nahm ihn zum Feinde an. Sie schlugen ihren Pferden die Sporen in die Flanken und senkten die Lanzen auf die Schilde. Der Kampf sollte für den mächtigen König nicht gut ausgehen. Wie der Wind trugen die Pferde die Ritter nach dem Zusammenprall der Lanzen aneinander vorbei. Sie wendeten sie geschickt um am Zaum und nahmen den Kampf mit den Schwertern auf. Herr Sîfrit schlug zu, daß das ganze Feld erschallte, und aus dem Helm stoben feuerrote Funken wie von einem großen Brand. Sie waren einander ebenbürtige Kämpfer. Auch Herr Liudegast führte manchen grimmigen Schlag, und ihrer beider Ansturm prallte gewaltig auf ihre Schilde. Von Liudegasts Kriegern waren dreißig dort auf einem Erkundungsritt unterwegs, aber ehe sie heran waren, hatte Sîfrit schon den Sieg errungen mit drei schweren Wunden, die er dem König durch seinen starken Harnisch schlug. Wo die Schwertkanten auftrafen, floß Blut, und Herr Liudegast begann zu verzagen. Er bat um sein Leben, bot ihm seine Länder an und sagte ihm, er sei Liudegast. Nun kamen seine Leute, die wohl gesehen hatten, was dort vorgefallen war, und sie griffen Sîfrit zu Pferde an, als er Liudegast wegführen wollte. Er verteidigte seine königliche Geisel mit gewaltigen Schlägen und tötete wahrlich alle dreißig. Er sollte noch mehr schaden. Einen einzigen ließ er leben, der schnell genug zurückritt, um zu berichten, was hier geschehen war, und man konnte die Wahrheit seiner Erzählung an seinem roten Helm sehen. Als die von Dänemark erfuhren, daß ihr Herr gefangen sei, waren sie sehr besorgt. Man sagte es seinem Bruder, der wild zu toben begann überden erlittenen Verlust. Sîfrit aber führte Herrn Liudegast zu den Burgunden und vertraute ihn
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