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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied
Autoren: Manfred Bierwisch
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eintrat, sah jedermann ihn gern. Manche Frau und manches Mädchen wünschten ihn immer dort sehen zu können, und viele gewannen ihn lieb, was ihm nicht verborgen blieb. Man ließ den jungen Mann niemals ohne Begleitung ausreiten, und Sigemunt und Sigelint statteten ihn mit prächtigen Kleidern aus. Er wurde von erfahrenen Erziehern unterwiesen, die mit dem höfischen Anstand vertraut waren, und so konnte er wohl Land und Leuten angenehm sein.
    Bald konnte er die Waffen richtig führen, alle dazu nötigenFähigkeiten besaß er. Mit Überlegung und eigenem Geschmack begann er um schöne Frauen zu werben, denen es zum Ansehen gereichte, ihn zu lieben. Da ließ sein Vater Sigemunt ausrufen, daß er ein Fest mit allen Freunden feiern wolle, er schickte auch Boten in andere Königreiche und verteilte Pferde und gute Kleider unter Fremde und Einheimische. Wo immer man einen jungen Mann von seinem Stande fand, der zum Ritter geschlagen werden sollte, lud man ihn ein zu dem Fest, damit er das Schwert mit dem jungen König nahm. Von dieser Schwertleite ist Erstaunliches zu erzählen. Sigemunt und Sigelint verstanden mit reichlichen Gaben sich Ansehen zu verschaffen, viel teilten sie aus, und viele Freunde kamen ins Land. Es waren vierhundert, die das Kleid des Ritters mit Sîfrit nehmen sollten, und viele schöne Mädchen mühten sich von morgens bis abends, denn sie mochten ihn gern. Sie besetzten goldene Borten mit vielen Edelsteinen und nähten sie auf die Gewänder der jungen Ritter. Der Gastgeber ließ Sitze für viele Gäste herrichten in jener Sonnwendzeit, in der Sîfrit zum Ritter geschlagen wurde.
    Die Ritter gingen mit den Knappen zum Münster, und die Erfahrenen waren den Jungen gern zu Diensten, wie auch ihnen einst gedient worden war. Viel ereignete sich, und nicht wenig Festliches war noch zu erwarten. Gott zu Ehren wurde eine Messe gesungen, und es entstand ein großes Gedränge, als sie zu Rittern geschlagen wurden nach höfischem Brauch und mit so großen Ehrungen, wie sie vielleicht kaum wieder vorkommen werden. Dann eilten sie zu den gesattelten Pferden. Am Hofe Sigemunts fand ein so gewaltiges Turnier statt, daß die ganze Burg dröhnte vom Kampflärm. Manchen Stoß hörte man von den Jungen wie von den erprobten Männern, und das Krachen der Lanzenschäfte füllte die Luft mit Getöse. Weithin vor dem Palastsah man Lanzensplitter fliegen nach dem Wurf manches Kämpfers – so begeistert waren sie. Als der Gastgeber bat, das Turnier abzubrechen, wurden die Pferde vom Felde geführt, und man sah viele starke Schildbuckel zerbrochen und Edelsteine, die beim Anprall aus den glänzenden Schilden gesprungen waren und im Gras verstreut lagen. Dann wurden den Gästen die Sitze angewiesen, und sie erholten sich bei vorzüglichen Gerichten von der Anstrengung, vom allerbesten Wein trug man ihnen reichlich auf, Gästen wie Einheimischen wurde alle Ehre erwiesen. Wenn es auch ritterliche Unterhaltung gab den ganzen Tag lang, waren doch auch die Spielleute und Taschenspieler unermüdlich zugange: Sie waren zu Diensten für die Geschenke, die da reich abfielen, und die Fahrenden verbreiteten danach überall Sigemunts Ruhm. Der König ließ Sîfrit Ländereien und Burgen als Lehen vergeben, wie er selbst es sonst tat, und Sîfrit teilte reichlich aus unter seinen Schwertgenossen, so daß sie mit ihrer Reise an diesen Hof noch zufriedner wurden. Sieben Tage dauerte das Fest. Die reiche Königin teilte nach alter Sitte um ihres Sohnes willen unablässig rotes Gold aus; sie verstand es, ihm die Leute geneigt zu machen, und bald fand man keinen Fahrenden mehr arm. Pferde und Gewänder stoben den Gastgebern von der Hand, als hätten sie keinen einzigen Tag mehr zu leben. Ich glaube, niemals ist die Gefolgschaft so übermäßig beschenkt worden. Das Fest wurde mit aller Pracht beendet. Von den Großen des Landes hörte man bald, sie wollten den Jüngling zum Herrn haben, aber das kam Sîfrit nicht in den Sinn. Solange Sigemunt und Sigelint noch lebten, mochte ihr treuer Sohn nicht die Krone tragen. Doch wollte er als unerschrockener Kämpfer sein Land schützen vor allem Unrecht und jeder Gewalt.

3 . WIE SÎFRIT NACH WORMS KAM
    Nichts betrübte Sîfrits Herz. Er hörte oft erzählen von einer schönen Jungfrau in Burgund, wie er sie sich vollkommener nicht wünschen konnte; mit ihr wurde er später glücklich. Aber er kam auch in Not um ihretwillen.
    Ihre außerordentliche Schönheit war weithin ebenso bekannt wie ihre
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