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Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen

Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen

Titel: Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen
Autoren: Campus
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grünem Grund liegt und das Wirtshaus auf braungefärbtem Papier. Ich sehe mit Grauen, dass der Höhenunterschied bestimmt über 700 oder gar 1 000 Meter beträgt. Ich steige nicht so gern, die anderen schon eher, und sie sagen: »Na und?« Ich wende ein, dass das Wirtshaus wohl oben (»Da rechts, seht ihr?«) in der Steilwand hängen mag – ich zeige es ihnen in der realen Welt. Sie überlegen unwillig. »Oh ja, das könnte stimmen. Oh schade. Zu hoch. Mist. Du hast recht.« Wir verwerfen also die etwas zu hochfliegende Idee. Sofort kommt eine neue. »Da ist noch ein anderes Wirtshaus auf der Karte!« Sie jubeln. Ich schaue wieder hin und wende nun schon gemäßigt ärgerlich ein, dass es wieder »braun auf der Karte« ist. Da sagen sie tatsächlich zu mir: »Du Spielverderber.« Ich laufe innerlich Amok.
    Dies erinnert mich an meinen Alltag als Innovator. Ich stelle mir das Tagesgeschäft der großen Unternehmen wie Flachlandarbeit vor. Alles ist eben, keine Hügel, kaum kurvige Strecken, alles ist gut bekannt, es gibt von jedem Punkt zu jedem anderen Punkt gut ausgebaute Straßen. Man kann jeden Punkt mit dem Auto erreichen, man weiß ziemlich genau, wie lange man fahren muss, weil fast jede Strecke gleich schnell gefahren werden kann. Wer im Flachland ein Ziel hat, weiß genau, wie er dorthin kommt, wie lange es dauert und wie viel es kostet. Weil alles gut bekannt ist, lässt sich jedes Vorhaben auch gut planen.
    Innovation ist dagegen wie ein Umzug in ein unbekanntes Land! Innovation ist das Betreten von etwas Neuem, sagen wir, von einer Gebirgslandschaft durch einen Flachländer. Es gibt nur vereinzelt Straßen, fast kein Ziel ist mit dem Auto erreichbar, für viele Wege braucht man Seile, Steigeisen und wirkliches Können. Das Wetter überrascht Unkundige und auch Kundige, der Flachländer muss sich daran gewöhnen, Regenkleidung und Wasser selbst bei himmlischem Wetter mitzunehmen …
    Stellen Sie sich einen Innovator im Gebirge vor, der seine Fortschritte an Flachländer im Management über Handy berichten muss. »Chef, es geht nicht voran – eine unpassierbare Steilwand. Ich muss eine Umgehung suchen. Das Projekt verzögert sich jetzt unbestimmt.« – »Ja, was ist das denn? Eine Steilwand? Was ist das? Das ist doch eine Ausrede! Wir bitten um eine exakte, uns verständliche Beschreibung dieser Steilwand und dazu um eine Begründung für die avisierte Verzögerung. Wir bestehen zudem nachdrücklich auf dem Erarbeiten eines neuen Zeitplans. Wir verlangen außerdem einen Plan, wie die entstehende Zeitverzögerung wieder aufgeholt werden kann, damit der ursprüngliche Zeitplan in Kraft bleiben kann.« – »Ich kann nicht mehr lange telefonieren, der Akku ist alle. Auf dem Berg ist keine Steckdose.« – »Wieso ist da keine? Kann doch nicht sein. Es liegt mitten im zivilisierten Europa.« – »Ich mache jetzt Pause, ich bin vom Mitschleppen der Ausrüstung müde.« – »Wozu hast du die denn mitgenommen? Im Sinne von Lean Management musst du effizient wandern.«
    Innovation ist wie ein unbekanntes Wesen, wie eine andere Welt. Der Erfinder kennt diese Welt oft besser als der Flachländer, aber er stellt sich die Besiedelung dieser neuen Welt in aller Regel viel zu einfach vor. Er träumt meist sehr schlicht so: »Ich erbaue ein Wirtshaus oben auf diesem noch unbekannten Berg, dann kommen Touristen in großen Massen vorbei und geben hier viel Geld aus. Das ist meine Idee. Ich werde jetzt steinreich.« – »Und wie soll das gehen?«, so frage ich dann oft die Erfinder. »Woher wissen Touristen, dass da ein neues Wirtshaus ist? Ist es auf Wanderkarten drauf? Kann man mit dem Auto in seine Nähe kommen? Gibt es dort Shops, Anziehungspunkte, Skilifte? Sind die Wanderwege zum Wirtshaus attraktiv und gut beschildert? Sind sie so schön, dass sie weiterempfohlen werden? Wie wird der Plan von den anderen Wirtshäusern gesehen, die es schon gibt?«Da sagen die Erfinder: »Das kann ich natürlich nicht allein machen. Da müssten doch die Umlandgemeinden und Hotels in der Gegend mithelfen, weil mein Wirtshaus so viele Touristen anzieht. Die verdienen doch mehr an meiner Idee als ich selbst. Also, ich baue das Wirtshaus und die anderen sorgen für alles andere, zum Beispiel für eine Bahnstation und die Skipisten. Jetzt brauche ich nur noch einen Kredit für den Bau, eine Garantie für das Mindestaufkommen an Touristen und dann muss mir jemand sagen, wie ich die Baumaterialien auf den Berg hinauf bekomme. Die
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