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Das neue Philosophenportal

Das neue Philosophenportal

Titel: Das neue Philosophenportal
Autoren: R Zimmer
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des frühen Mittelalters
     die Kenntnis der aristotelischen Philosophie im Westen verloren gegangen war, wurde sie über die Vermittlung islamischer Denker
     im Hochmittelalter zur bestimmenden geistigen Kraft, zur Grundlage von Wissenschaft und Philosophie. Thomas von Aquin machte
     Aristoteles zum theoretischen Vordenker eines neuen christlichen Weltbildes und nannte ihn schlicht »den Philosophen«.
    Auch als das wissenschaftliche Weltbild sich in der Neuzeit von Aristoteles löste, blieben seine Spuren in allen großen Systemen
     der Metaphysik erkennbar. Die Idee einer alles durchziehenden Weltvernunftwurde von Spinoza, der Gedanke einer in der Welt angelegten, gesetzmäßigen Vernunftentwicklung von Hegel aufgegriffen. Noch
     zu Beginn des 20.   Jahrhunderts bezeichnete ein Kritiker des teleologischen Denkens, Nicolai Hartmann, dieses als eines der Hauptmerkmale der
     gesamten westlichen Philosophie. Aber auch in der modernen Logik und Sprachphilosophie finden sich viele Unterscheidungen
     wieder, die auf Aristoteles zurückgehen.
    Die Faszination des ersten großen Systematikers der Philosophie beruht auf der einzigartigen Verbindung von enzyklopädischem
     Wissen, logisch scharfer Argumentation und visionärer Kraft. Wenn auch viele heute bezweifeln, dass das Ziel, den rationalen
     Bauplan der Welt zu entziffern, jemals gelingen kann, so sind doch auf dem Weg, auf den Aristoteles die Philosophie geschickt
     hat, unzählige Entdeckungen gemacht worden.
     
    Ausgabe:
    Aristoteles: Metaphysik. Übersetzt von Hermann Bonitz (ed. Wellmann). Auf der Grundlage der Bearbeitung von Héctor Carvallo
     und Ernesto Grassi neu herausgegeben von Ursula Wolf. Reinbek bei Hamburg: Rowohlts Klassiker 1994.

Des Kaisers philosophische Kleider
    Marc Aurel: Selbstbetrachtungen (zwischen 172 und 180)
    Dass Vertreter aus Politik und Philosophie, der Welt der Macht und der Welt des Geistes, nicht immer die besten Freunde sind,
     ist eine allgemeine Erfahrung. Philosophen beklagen die Konzeptions- und Skrupellosigkeit der Mächtigen, die Politiker dagegen
     schauen voll Verachtung auf die praxisfernen Ratschläge der selbst ernannten Besserwisser. Wenn Politiker sich schließlich
     doch auf die Philosophie einlassen oder sogar ein philosophisches Buch schreiben, reagieren viele häufig mit Misstrauen. Will
     hier jemand seiner Macht ein philosophisches Mäntelchen umhängen? Will er sich mit der Aura des universell Gebildeten umgeben,
     um möglichst viele Anhänger und Bewunderer zu ködern?
    Nicht immer ist dieses Misstrauen berechtigt. Schon gar nicht im Falle der
Selbstbetrachtungen
des römischen Kaisers Marcus Aurelius Antoninus Augustus, wie Marc Aurels vollständiger Herrschername lautet. Römische Kaiser
     machten nicht durch Bücher, sondern durch militärische und wirtschaftliche Erfolge Eindruck auf ihre Untertanen. Es waren
     aber auch nicht die römischen Bürger, an die sich dieses Buch richtete. Der griechische Originaltitel
Ta heis auton
, wörtlich »An sich selbst«, deutet auf den wahren Adressaten: Marc Aurel schrieb das Buch als Selbstvergewisserung und persönliche
     Lebenshilfe. Denn er wusste, dass er nicht nur als Politiker richtig handeln, sondern auch als Mensch richtig leben musste.
     »Was ist dein Beruf?«, fragt er sich im elften Kapitel seiner Schrift und antwortet selbst: »Gut zu sein. Wie anders aber
     ist dies möglich als aufgrund von Lehrsätzen einerseits über die Natur des Alls, andererseits über die eigentümlichen Anlagen
     des Menschen.«
    Die
Selbstbetrachtungen
sind in der Tat eine Ansammlung von Lehrsätzen zum Zweck der »Lebensübung«, ein schmaler Band, aus kurzen Abschnitten und
     prägnanten Sentenzen aufgebaut. Die häufigen Wiederholungen und Variationen weniger Grundwahrheiten lassen leicht den Charakter
     eines Exerzitien- und Meditationsbuches erkennen, das dem Verfasser helfen sollte, den Menschen und seine Stellung im Kosmos
     zu verstehen und daraus lebenspraktische Konsequenzen zu ziehen. Sie sind des Kaisers Marc Aurel philosophische Kleider, die
     er nicht zur Zier, sondern aus Lebensnotwendigkeit trug. Im Geist der antiken Philosophenschule der Stoiker mahnen die
Selbstbetrachtungen
zu einem Leben der Selbstkontrolle, Pflichterfüllung und der Gelassenheit gegenüber den unkontrollierbaren Widrigkeiten der
     Welt – zu einem Leben, in dem individuelle Lebenserfüllung und Engagement für die Gemeinschaft untrennbar verbunden sind.
    Gerade weil
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