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Das Netz Der Grossen Fische

Das Netz Der Grossen Fische

Titel: Das Netz Der Grossen Fische
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eher Restaurants, die ihre Tische draußen stehen hatten. Virzì hingegen hatte sich noch nicht dazu durchringen können, den Bürgersteig in Beschlag zu nehmen.
    »Ich habe keinen großen Appetit, daher nehme ich keinen ersten Gang.«
    »Ich hätte da einen Seeteufel, etwas ganz Besonderes.«
    »Einverstanden.«
    Er hatte gerade die Zeitung aus seiner Tasche gezogen, als er Gabriele Lamantia hereinkommen sah.
    »Darf ich mich setzen, Direttore?«
    Konnte er etwa Nein sagen? Doch um zu zeigen, dass er nicht gerade erfreut darüber war, deutete er wortlos mit einer Hand auf den Stuhl, der ihm gegenüberstand.
    »Ich habe im Büro nach dir gefragt, aber du warst schon weg.«
    »Und jetzt bin ich hier. Also, was gibt’s?«
    Doch dann wurde ihm bewusst, dass er sich unhöflich verhalten hatte, und er beschloss, es wiedergutzumachen. Immerhin war es von Vorteil, ein gutes Verhältnis zu einem Schlitzohr wie Lamantia zu haben, auch wenn der die unglaublichsten Geschichten über Leute erfand und sie dann als der Weisheit letzten Schluss verkaufte.
    »Darf ich dich zum Essen einladen?«
    »Danke«, antwortete Lamantia und hob auf der Stelle einen Arm, um den Kellner herbeizurufen.
    Er hatte nichts anderes erwartet. Gabriele Lamantia lebte auf Kosten anderer Leute. Er behauptete, Journalist zu sein, aber es gab keinen Artikel von ihm, der jemals in einer Zeitung veröffentlicht worden wäre. Er war wie Cate, eine wahre Goldgrube an zuverlässigen wie erfundenen Nachrichten, Bosheiten, Gossip, um es auf Amerikanisch zu sagen, nur mit dem Unterschied, dass er davon lebte. Er erzählte sie dem, der sich dafür interessierte, und hinterher, wenn derjenige die Information auf irgendeine Weise verwertet hatte, bezahlte dieser ihn. Und so kam er über die Runden. Wenn Lamantia im Büro nach ihm gefragt hatte und dann zu ihm ins Restaurant gekommen war, bedeutete das, dass er ihm etwas mitzuteilen hatte. Nur dass er im Augenblick nicht redete, denn er verschlang gerade einen Teller Spaghetti mit Venusmuscheln. Doch Caruso hatte nicht die geringste Lust, den Anfang zu machen. Es war immer besser, sein Interesse nicht allzu offen zu zeigen. Schließlich, nachdem er noch einen Espresso getrunken hatte, redete Lamantia.
    »Es geht das Gerücht, der Abgeordnete Caputo habe sich entschlossen, den Rechtsanwalt, der seinen Sohn vertritt,zu wechseln. Bisher war es ja Emilio Posateri. Hast du das gewusst?«
    »Nein. Und wen will er nun beauftragen?«
    »Das sag ich dir ganz umsonst. Massimo Troina.«
    Ignazio Caputo war zu Anfang seiner Karriere in die Sozialistische Partei eingetreten und bereits seit drei Legislaturperioden Abgeordneter, als die Mailänder Richter im Zuge des Unternehmens »Saubere Hände« seine Partei zur Auflösung gebracht hatten. Doch für Ignazio Caputo war das nicht weiter tragisch, seine Wähler hätten auch dann noch für ihn gestimmt, wenn er Monarchist oder Kommunist geworden wäre. Er besaß so ungeheuer viel Land, dass er selbst sich halb scherzhaft als den letzten Latifundienbesitzer bezeichnete. Eines Tages hatte die Polizei fünfzehn Mafiosi verhaftet, die in einem Landhaus von Caputo eine Zusammenkunft abgehalten hatten. Irgendwer hatte dann die verleumderische Geschichte verbreitet, dass ziemlich viele Mafiosi für ihn stimmten und dass eines seiner Landgüter zum ausschließlichen Weidegrund eines im Untergrund lebenden Mafiabosses geworden wäre. Caputo hatte erklärt, er habe von alldem keine Ahnung: Drei Viertel seiner Besitzungen wären Brachland. Wie solle er da mitbekommen, was in dieser Ödnis vor sich gehe.
    Empört über diese Andeutungen war er gegen zwei Journalisten gerichtlich vorgegangen, hatte gewonnen und sie rausschmeißen lassen, indem er den Herausgeber der Zeitung vor die Wahl stellte: entweder die Entlassung der Schuldigen oder die Zahlung eines derart hohen Schadensersatzes, dass die Zeitung ruiniert gewesen wäre.
    Die Kommunisten nahmen ihn mit offenen Armen auf(»Ich kann die Ideale eines ganzen Lebens nicht einfach verraten.«). Er hatte alle Veränderungen und Wandlungen mitgemacht, welche die Partei nach und nach durchlief, und mit jeder Veränderung festigte sich seine Position immer mehr, sodass er schließlich die Nummer eins auf Sizilien war.
    Die Wahl von Massimo Troina als Verteidiger für Caputos Sohn – so Carusos Überlegung, während er im Auto zurück zu seinem Residence fuhr – war ein geschickter Schachzug. Troina war der Augapfel von Senator Gaetano Stella,
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