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Das Majestic-12 Dokument : Thriller (German Edition)

Das Majestic-12 Dokument : Thriller (German Edition)

Titel: Das Majestic-12 Dokument : Thriller (German Edition)
Autoren: Marc Linck
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gerissen hatte. ›Fax erhalten‹ blinkte unermüdlich eine rote Anzeige, und ein etwa zwanzig Zentimeter langer Papierstreifen hing schlaff wie Toilettenpapier aus dem Schacht des Gerätes. Wallace warf einen flüchtigen Blick auf seinen Radiowecker: 5.02 Uhr. Das hieß, er hatte kaum zwei Stunden geschlafen.
    Seufzend knipste er die Nachttischleuchte an, schlurfte in die Küche, stellte eine Tasse mit Milch in die Mikrowelle und nahm einen Löffel Honig aus dem Gefäß, das schon seit Tagen auf der Küchentheke stand. Mit der warmen Honigmilch schlich er zurück ins Schlafzimmer, trank einen Schluck und ließ sich matt auf sein Bett fallen. Er war todmüde, aber sobald er seine Lider schließen würde, würden sich seine Gedanken wie ein unermüdliches Karussell wieder und wieder um Judith drehen. Um all die Jahre an ihrer Seite und um die immergleiche Frage, ob es richtig war, ihren Scheidungsstreit heute so kampflos beigelegt zu haben. Noch immer hatte er seine Anwälte vor Augen, wie sie beunruhigt auf ihren Stühlen herumrutschten, als er sich nicht mehr an ihre Strategie hielt, die sie doch so mühevoll ausgearbeitet hatten. Aber er war es leid. Er hatte diese ständigen taktischen Manöver einfach nur satt. Wer bekommt die Wohnung? Wer das Auto? Und wer das Kaffeeservice? Die letzten Monate waren, als hätte man ihn über einen marokkanischen Wochenmarkt mit feilschenden Händlern und verschrobenen Gauklern geschubst: Rechtsverdreher, Versicherungen, Ämter und noch mehr Anwälte. Er hasste es. Er hasste diese ganze, verfluchte Scheidung. Alles, was er wollte, war, diese Geschichte endlich hinter sich zu bringen. Er drehte sich auf die Seite und schaute aus dem großen Fenster vor seinem Bett hinab auf die San Francisco Bay. Damals hatte er diesen Ausblick genossen. Unzählige Male hatte er hier mit Judith gelegen, auf die Lichter der Stadt geschaut, die Schiffe beobachtet, die in der Ferne wie Glühwürmchen durch die Bay huschten. Heute sah er nur sein Spiegelbild in der Glasscheibe. Er betrachtete den erschöpften Mann mittleren Alters. Sein schwarzbraunes Haar war im Laufe des letzten Jahres von grauen Strähnen durchzogen worden. Und seine sonst so wachen Augen schauten ihn jetzt traurig und auf eine erschreckende Weise leer an. Langsam verschwammen all die ungeordneten Eindrücke: Judiths Vorwürfe, ihr erstaunter Blick, als er ihren Forderungen bedingungslos nachgab. Alles verblasste, und schließlich gewann seine Müdigkeit die Oberhand.
    03| PAPOOSE LAKE, ZENTRAL NEVADA, 5:05 UHR
    Das war knapp, dachte er. Fast wäre ihm der Alte entwischt. Der Killer betrachte den reglosen Körper fünfzehn Stockwerke unter ihm. Seine Hände zitterten leicht und eine Ader pulsierte auf seiner Stirn. Noch immer sah er den angsterfüllten Blick des Professors, als dieser begriffen hatte, was mit ihm geschah. Aber hatte er wirklich nur die nackte Todesangst gesehen? Im Großen und Ganzen: sicherlich ja. Doch für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, noch etwas anderes in Lears Augen gelesen zu haben. Eine sonderbare Form der Zuversicht. Ja, geradezu Optimismus. Der Killer zögerte einen Moment lang, dann riss er sich von dem ekelhaften Anblick des zerschmetterten Körpers los, strich seinen Kragen glatt, zog einen
schmalen silbernen Flachmann aus der Innentasche seines Mantels und nahm einen kräftigen Schluck. Das würde ihn beruhigen. Das musste ihn beruhigen. Heute Nacht brauchte er einen kühlen Kopf. Sein Auftrag war noch nicht erfüllt.
    04| SAN RAFAEL, 09:32 UHR
    Das schrille Klingeln des Telefons durchdrang unbarmherzig die morgendliche Stille. Einmal. Zweimal. Dreimal.
    »Welcher Idiot ruft denn jetzt schon an?«, fluchte Wallace in sein Kissen und zog sich die Decke über den Kopf. Endlich sprang der Anrufbeantworter an: »Hallo, Sie haben den Anschluss von Colin und Judith Wallace gewählt. Wir sind nicht zuhause, Sie können uns nach dem Signalton eine Nachricht hinterlassen.«
    Ein Knacken in der Leitung, dann eine vertraut quäkende Stim- me: »Hey Colin. Hier ist Frank. Ich will ja nicht drängeln. Aber wo bleibst du, verdammt? Wir müssen los!«
    Wallace warf einen Blick auf seine Uhr und schrak wie vom Blitz getroffen hoch. »Ach du Scheiße! Halb zehn!« Er schwang sich aus dem Bett, schlüpfte schwankend in seine Jeans, stülpte einen Pulli über und stürmte ins Bad. Während er sich die Zähne putzte, rasierte er sich oberflächlich und ging sich rasch mit den Fingern durch sein wirres Haar.
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