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Das Magische Labyrinth

Das Magische Labyrinth

Titel: Das Magische Labyrinth
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tun, denn sie gab es nicht mehr. Aber selbst damals, als sie noch wirkte, hatte er sich zu Gewaltakten stets zwingen müssen. Im Gegensatz zu den Behauptungen seiner Lehrer heiligte der Zweck die Mittel doch. Außerdem würden all jene, die er umgebracht hatte, nicht für immer tot bleiben. Zumindest hatte er das gedacht. Schließlich war die neue Lage unvorhersehbar gewesen.
    Der Ethiker X lebte, wenn man stromaufwärts blickte, am rechten Flußufer in seiner Hütte aus Bambusstäben. Er war noch nicht lange hier. Momentan saß er auf dem kurzen, dicken Gras der Uferebene und war von etwa fünfhundert Menschen umgeben, die auf die Mittagszeit warteten. Früher hatten hier siebenhundert Menschen gelebt, aber seit es keine Wiedererweckungen mehr gab, war die Bevölkerungszahl gesunken. Unfälle – die meisten waren das Resultat von Zusammenstößen mit den riesigen, menschenfressenden und Boote zerschmetternden Flußdrachen – hatten daran nicht gerade geringe Schuld. Früher war der Krieg der große Töter dieser Region gewesen, aber das war lange her. Man hatte sich der Möchtegern-Eroberer entledigt. Für sie gab es jetzt keine Möglichkeit mehr, irgendwo am Flußufer wieder aufzuwachen und neuen Ärger zu bewerkstelligen.
    Außerdem hatte man es der Ausbreitung der Kirche der Zweiten Chance, den Bewegungen der Nichireniten und Sufis und anderen Religionen und Kulten zu verdanken, daß jetzt Friede herrschte.
    In der Nähe der Menge stand eine pilzförmige Erhebung aus scheinbar rotfleckigem Granit. Man bezeichnete sie als Gralstein, obwohl sie in Wirklichkeit aus einem Metall bestand, das Starkstrom leitete. Der Fuß des Gralsteins war etwa eineinhalb Meter hoch, und seine Oberfläche – sie durchmaß etwa das Zehnfache – war mit siebenhundert Vertiefungen ausgestattet. In jeder dieser Vertiefungen steckte ein grauer Metallzylinder, ein Gerät, das die Energie, die der Gralstein abgab, in Nahrung, Schnaps und andere Gegenstände umwandelte. Die Behälter sorgten dafür, daß die gewaltige Bevölkerung der Flußwelt, deren Zahl man einst auf fünfunddreißig bis sechsunddreißig Milliarden geschätzt hatte, nicht verhungerte. Obwohl man die von den Grälen erzeugten Nahrungsmittel mit Fisch, Eichelbrot und zarten Bambussprossen strecken konnte, reichte das letztere allein nicht aus, um die Bewohner des über sechzehn Millionen Kilometer langen Flußtals zu ernähren.
    Die Leute, die sich in der Umgebung des Steins versammelt hatten, schwatzten, lachten und blödelten herum. Der Ethiker sprach nicht mit denen, die in seiner Nähe saßen, denn er war ganz in seine Gedanken vertieft. Ihm war klargeworden, daß das Verstummen des Satelliten vielleicht keine natürliche Ursache hatte. Der Suchmechanismus hätte an sich ohne Unterbrechung mehr als tausend Jahre laufen müssen. Hatte er deswegen versagt, weil Piscator – der Japaner, der einst Ohara geheißen hatte – im Innern des Turms aus Versehen etwas beschädigt hatte? Piscator hätte theoretisch von den verschiedenen Fallen, die X im Turminnern aufgestellt hatte, vernichtet werden müssen. Auch das Stasisfeld des Operateurs wäre dazu in der Lage gewesen, ihn zu fangen. Aber Piscator war ein Sufi, deswegen besaß er vielleicht die Intelligenz und Wahrnehmungskraft, die nötig war, um diesen Gefahren zu entgehen. Schon die Tatsache, daß er den Turm überhaupt hatte betreten können, zeigte, daß er ethisch sehr weit fortgeschritten war. Nicht einer von fünf Millionen Kandidaten aus den Reihen der wiedererweckten Terrestrier hätte den oberen Turmeingang passieren können. Der untere Eingang war der einzige gewesen, den X präpariert hatte, und bevor die Expedition der alten Ägypter ihn erreicht hatte, hatten nur zwei davon gewußt. Er war überrascht und verärgert gewesen, als er ihre Leichen in der Geheimkammer gefunden hatte. Ebenso wenig hatte er damals gewußt, daß einer der Ägypter entkommen, ertrunken und in das Tal zurückversetzt worden war. Als er die Geschichte des Überlebenden schließlich gehört hatte, stimmte sie mit dem Original kaum noch überein, durch so viele Münder von Erzählern war sie inzwischen gegangen. Dem Anschein nach hatten die Agenten erst davon erfahren, als es bereits zu spät für sie gewesen war, diese Nachricht an die Ethiker im Turm weiterzuleiten.
    Was X momentan Sorgen bereitete, war, daß Piscator tatsächlich unwissentlich den Spurensucher außer Gefecht gesetzt hatte und die Ethiker irgendwie ins Leben
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