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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin
Autoren: Astrid Fritz
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Brautpaars sollte im Ahnensaal vonstatten gehen, jenem ehrwürdigen Saal, der rundum mit den Bildnissen ihrer Väter und Vorväter geschmückt war.
    Die Wahl dieses Ortes, das ahnte Sabina, war ein bewusster Schachzug von Wilhelm gewesen. Ein klein wenig sollte der Wirtemberger wohl von seinem hohen Ross geholt werden. Schließlich ließ man eine Familie von so vornehmem Geblüt wie die Wittelsbacher nicht einfach Monat um Monat, Jahr um Jahr warten.
    Nachdem ihr das Kammerfräulein einen letzten Hauch Puder auf die Wangen gestäubt hatte, warf sie einen Blick in den Spiegel. Die Dame, die ihr dort entgegenblickte, wirkte wesentlich älter als sechzehn Jahre! Das Festkleid aus Atlas und roter Seide war im Mieder so eng geschnürt, dass es Sabina schier die Luft nahm. Doch es war wunderschön mit seinem dichtgefalteten Rock mit angesetzter Schleppe, den engen, an Ellbogen und Schultern geschlitzten Puffärmeln und dem tiefen Halsausschnitt, der den Blick auf ihre mit Rubinen besetzte Goldkette freigab. Ihr glattes braunes Haar lag, in der Mitte exakt gescheitelt, dicht am Kopf und war im Nacken zusammengebunden. Viel zu streng sah das aus, trotz des Perlenreifs über der Stirn. Unter dem missbilligenden Blick ihrer Dienerin zupfte sie sich zwei Strähnchen in die Stirn. Dann war sie zufrieden und bestieg die Sänfte, die sie über die matschige Straße hinüber in die Alte Veste tragen sollte.
    In wenigen Momenten also würde sie ihrem Bräutigam gegenübertreten. Sie schloss die Augen und überließ sich dem sanften Geschaukel der Trage. Zum ersten Mal mischte sich in den kummervollen Gedanken, bald die Heimat verlassen zu müssen, etwas anderes: Sie war ungeheuer gespannt auf den jungen Fürsten, über den so viel Vorteilhaftes berichtet wurde.
    Hier in der Residenz war von nichts anderem mehr die Rede als von dessen glanzvollem Äußeren, von seiner stolzen und aufrechten Gestalt, seinem bezwingenden Lächeln. Nurein paar wenige garstige Zungen gaben vor zu wissen, dass Herzog Ulrich sein Leben am Stuttgarter Hofe ein wenig gar zu großzügig gestalte, und von Weibergeschichten höre man neuerdings auch.
    Mir pochendem Herzen folgte Sabina dem Kammerdiener durch die dunklen Gänge des Zwingerstocks bis vor die Tür zum Ahnensaal. Schwungvoll wurden die beiden Flügel aufgestoßen, und Sabina erblickte am andern Ende des Saals ihre Mutter in einem Sessel, zu ihrer Rechten Ludwig und Wilhelm mit ihrem jüngsten Bruder, dem knapp neunjährigen Ernstl, zu ihrer Linken eine kräftige, hochgewachsene Gestalt, halb den Rücken der Tür zugewandt. Das musste er sein – Ulrich Herzog von Wirtemberg!
    Er sah aus, als sei er eben erst vom Pferd gestiegen, in seinem kurzen, pelzverbrämten Reitmantel, den Stiefeln aus rotem Leder und den Beinkleidern aus schwerem schwarzem Tuch. Auf dem vollen, recht kurz gehaltenen rotblonden Lockenhaar trug er ein spanisches Barett. Er schien ganz in eine Plauderei mit ihrer Mutter vertieft.
    Der Kammerdiener schlug dreimal mit dem Stock auf den Boden:
    «Ihre Fürstliche Gnaden, Sabina, Prinzessin von Baiern!»
    Da endlich wandte Ulrich sich um und musterte seine Braut, die graugrünen Augen funkelten. Seine scharfgeschnittenen Züge mit der großen, gebogenen Nase und den ausgeprägten Lippen wirkten viel reifer als die bald zweiundzwanzig Jahre, die Ulrich tatsächlich zählte. Was für ein gutaussehender Mann – und dennoch: Sabina wurde es unter diesem stechenden Blick schlagartig eng in der Brust.
    Er nahm nicht den Hut vom Kopf, sondern deutete nur eine Verbeugung an und kam dann gemessenen Schrittes auf sie zu.
    «Gott zum Gruße, Euer Liebden.»
    Wieder verbeugte er sich leicht, ohne auch nur ihre Hand zu nehmen.
    «Gott zum Gruße», murmelte Sabina mit erstickter Stimme. Dann zwang sie sich zu einem Lächeln. «Willkommen in unserer Residenz.»
    «Wahrlich prachtvolle Schlösser habt Ihr hier in München.» Sein Lächeln wirkte irgendwie kalt, und in seiner etwas zu hellen Stimme schien Spott mitzuschwingen. «Allein dieser eindrucksvolle Saal.»
    Sein Blick wanderte über die Wandgemälde, blieb dann ein, zwei Atemzüge lang am Bildnis Kaiser Ludwigs des Baiern hängen. Das Lächeln gefror.
    «Welch großartige Ahnengalerie, die Ihr mir hier präsentiert! Wirklich äußerst eindrucksvoll.»
    Sein Blick begann zu flackern, und zu Sabinas Erstaunen ballte er jetzt sogar die Fäuste. Ihr entging nicht, wie Wilhelm die Stirn runzelte.
    Kunigunde erhob sich und legte dem jungen
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