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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kolonialstil gebaut, mit Veranda und Balkons, gestützt von geschnitzten Holzsäulen und einer breiten Treppe hinunter in den Garten.
    Die Fabrik liegt etwas abseits, inmitten eines Ananasfeldes, das sich in der Hügelweite verliert. Um die Fabrikhallen herum hat man die Wohnungen der Arbeiter gebaut, Holzhäuser mit flach geneigten Dächern, bunt bemalt in Rosa, Blau, Grün und Violett. Hier wohnen die älteren Fabrikarbeiter, Neger oder Kreolen, die schon bei Renés Vater an den Konservenmaschinen standen, die jungen Arbeiter kommen mit ihren Motorrädern jeden Morgen von Le Prêcheur hinauf oder gar von St. Pierre und donnern am Abend wieder die Waldstraße abwärts. Eine gute Arbeit ist es, sagen sie überall. Monsieur Birot ist ein gerechter Mann! Wer arbeitet, dem zahlt er gute Francs. Und Ostern und Weihnachten gibt es einen Sonderlohn. O nein, er ist kein kapitalistischer Ausbeuter, wie die Männer von der Gewerkschaft in Fort de France schreien. Nein, nicht Monsieur Birot! Wir sind gern bei ihm.
    Aber wie sieht die Zukunft aus? Eine Madame soll ins Haus kommen. Eine Fremde. Nicht mal eine Französin! Aus Deutschland hat der Patron sie geholt. Warum muß es gerade eine Deutsche sein? Ja, und da ist noch Josephine Cadette, die Betriebsleiterin. Blinzelt nur ein bißchen, Freunde, man darf es … jeder weiß doch, daß Josephines Arbeit nicht aufhört, wenn die vier Glöckchen läuten und Feierabend verkünden. Seit drei Jahren ist sie bei Monsieur Birot, kommt aus Macouba an der Atlantikküste von Martinique. Ein Mädchen so schön wie eine Flamboyant-Blüte! Natürlich eine Kreolin, gibt es schönere Frauen?
    Schon vier Wochen vor Petras Ankunft auf Martinique begannen die Verschönerungsarbeiten am Hause Renés. Der bisher etwas verwilderte Park wurde gerodet und mit Bougainvilleas, Anthurien und Rosen bepflanzt, die Balkongitter wurden erneuert, die Treppenstufen ausgeflickt, das ganze Haus in strahlendem Weiß gestrichen. Aus Fort de France und Rivière Salée kamen Wagen mit neuen Möbeln, vor allem das Schlafzimmer verwandelte sich in einen großen Raum aus Rosa, Weiß, Gold und Lindgrün, in dem man zum Träumen geradezu gezwungen wurde.
    »Was hat das alles zu bedeuten, Chérie?« fragte Josephine Cadette eines Abends. Sie kam vom Schwimmen im Pool hinter dem Haus zurück und ging wie immer nackt über die Veranda. Die Schönheit und das Ebenmaß ihres braunen Körpers verleiteten einen Betrachter zu stummem Entzücken. Die gebändigte Wildheit des leicht negroiden Kreolenkopfes mit den langen, schwarzen Haaren, die hochangesetzten, festen, vollen Brüste, der glänzende, flache Leib, der sich in der Taille atemberaubend verjüngt, die Schwünge der Hüften und Oberschenkel und dann die langen, schlanken Beine … das war ein so vollkommener menschlicher Körper, daß bei seinem Anblick jeder begriff, warum die Bilder, die Gauguin auf Martinique malte, wie im Rausch entstanden sind. Man brauchte Josephine nicht zu sagen, daß sie ein Wunder der Natur sei … sie genoß diesen Triumph, wenn sie wie jetzt nackt herumlief und sich dann René gegenüber in einen der weißlackierten Korbsessel fallen ließ. Eine braune, glänzende, wollüstige Katze.
    »Ich werde heiraten«, antwortete René ruhig.
    Josephines Kopf schnellte vor wie der einer angreifenden Schlange. Ihre großen schwarzen Augen starrten René ungläubig und doch voller Wildheit an. »Was willst du?« fragte sie leise.
    »Ich habe in Europa, genau gesagt in Deutschland, eine Frau kennengelernt, die ich heiraten werde. In drei Wochen wird sie auf Martinique sein.«
    »Und das sagst du so dahin, als ob du feststellst: Bei den neuen Etiketten für die Tomaten stimmt die Farbe nicht?! René«, ihr nackter Körper zuckte aus dem Sessel und schoß auf ihn zu. »Das ist doch ein ganz schrecklicher Witz, nicht wahr?«
    »Sie heißt Petra Herwarth und kommt aus Hamburg.«
    »Und ich? Und ich?!« Sie stürzte sich auf ihn, hockte sich mit einem Schwung auf seinen Schoß und schlang die Arme um seinen Hals. Ihre glatte, duftende, üppige Nacktheit nahm ihm fast die Luft. Früher hätte er sich jetzt emporgestemmt, hätte sie auf seine Arme genommen und ins Schlafzimmer getragen. Sie schien darauf zu warten, zu sicher ihrer Schönheit, küßte seine Augen und rieb ihre Brüste an seiner Schulter. »Ich bin doch da.«
    »Es war zwischen uns immer klar, daß es keine Heirat gibt.«
    »Natürlich nicht! Der hohe weiße Herr und die niedrige Farbige
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