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Das Mädchen und der Zauberer

Das Mädchen und der Zauberer

Titel: Das Mädchen und der Zauberer
Autoren: Heinz G. Konsalik
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krachen … und das Brett brach mittendurch, gespalten von diesem Schlag.
    Petra starrte ihn mit großen Augen an. »Toll!« sagte sie. »Da widersteht Ihnen niemand! Das ist chinesisch, nicht wahr?«
    »Shaolin!« René Birot nickte. Er war selber verblüfft und erschrocken darüber, daß ihm das gelungen war. Er hatte es zum erstenmal gemacht, seine Hand tat höllisch weh, aber das Brett war gespalten. Er gab den Ziegelsteinen einen Tritt, faßte Petra um die Taille und ging mit ihr in einem chinesischen Restaurant an der Reeperbahn essen.
    In dieser Nacht küßte er Petra endlich. Es wurde auch Zeit, denn Petra war sich schon darüber im klaren, daß dieser René aus Martinique zu ihrem Schicksal werden würde. Mit diesem ersten Kuß war nun alles geklärt, öffnete sich die Weite des Landes der Liebe, wie es in einer Operette heißt. Und man nehme es Petra nicht übel, daß René in dieser Nacht nicht im Hotel Atlantic schlief.
    Wie schnell vergehen vierunddreißig Tage. Sie fliegen wie der Schall, wenn man kaum noch anderes denken kann als ›Ich liebe ihn! Ich liebe ihn!‹ Und dann kam der Heiratsantrag im Fischrestaurant am Hafen bei Seezunge Müllerin und das Ja , mit dem ihr neues Leben begann.
    Nun saß sie in San Juan in einem Café am Hafen, vor ihr an der Pier lag das schlanke weiße Schiff, das sie hinüber nach Martinique bringen sollte, sie hatte noch fünf Stunden Zeit und überlegte, ob sie mit einem Taxi zur Seeseite fahren sollte, zu den Stränden und zu den verlockenden Ladenpassagen der großen Hotels. Die Fahrt in ihr neues Leben hatte sie so begonnen, wie René ihr immer vorgeschwärmt hatte: Von Frankfurt mit dem Flugzeug nach San Juan auf Puerto Rico, von dort wollte sie jetzt mit dem Schiff nach Martinique.
    Sie blickte über die Bay zur Halbinsel La Puntilla und dem mächtigen Arsenal, trank einen ungeheuer starken Kaffee und aß dazu ein riesiges Stück Sahnetorte mit viel Früchten, dreistöckig, mit Rum durchtränkt. Ihr Gepäck war schon an Bord des Schiffes gebracht worden … vier große Koffer. »Laß alles da!« hatte René am Telefon gesagt, als sie begonnen hatte, ihre Zweizimmerwohnung aufzulösen. »Komm rüber mit einer Handtasche, das genügt.« Es waren aber doch vier Koffer geworden … lauter Kleinigkeiten, Erinnerungen, angefangen von den Fotoalben mit den alten Bildern bis zu ihren Puppen, die sie aufbewahrt hatte und die nun mitkamen in die neue Welt.
    Gleich nach ihrer Ankunft in San Juan hatte sie in Martinique angerufen. »Ich bin da René!« hatte sie gejubelt. »Soeben gelandet! Wie wunderbar ist das alles!«
    »Hier wird alles für deinen Empfang geschmückt!« sagte René. Man hörte das Glück in seiner Stimme. »Das Haus ist gestrichen worden, Baptist, der Chauffeur, putzt seit zwei Tagen den Wagen, ich glaube, er poliert jede Schraube, und die Nachbarn sind ganz aufgeregt vor Neugier. Im Hause Birot wird es eine Hausfrau geben! Der ewige Junggeselle René kommt unter die Haube.«
    »Und wie nehmen es deine Geliebten auf?« fragte sie lustig.
    »Man munkelt, sie wollen in einem Fackelzug und wehklagend durch Fort de France ziehen.«
    Sie lachten schallend, gaben sich per Telefon einen Kuß und hatten eine unbändige Sehnsucht nacheinander.
    Noch fünf Stunden. Dann legte das Schiff ab und glitt hinaus in das blaue Meer, hinein in die Sonne, hinüber in das neue Leben.
    Die Konservenfabrik von René Birot lag von der Straße Le Prêcheur nach Anse Couleuvre etwas entfernt an den fruchtbaren Hängen des Massives des Montagne Pelée. Von dieser noch sanften Höhe aus hatte man einen zauberhaften Blick über den Palmenstrand von Anse Bellevilla und nördlich bis zu Anse Céron mit der Ilet da Perle. Die kleine Straße, die zum Montagne Cocos hinaufführte, teilte sich hier, führte durch ein Paradies von Hibiskus-Büschen, riesigen Baumfarnen, Gummibäumen und Mahagonibäumen, überwuchert von Lianen und Orchideen, die wie Trauben in den Bäumen hängen, in der Schönheit wetteifernd mit den großen roten Blüten des indischen Blumenrohrs. Dann weitet sich der Weg, man spürt die Hand des Kolonisators, Flamboyants mit ihren grellroten Blüten leuchten gegen den unendlich blauen Himmel, über den wie Federn weiße Wölkchen treiben, Kinder des Passatwindes, in Reihen stehen stolz die Guajavabäume, die Mangobäume, die Papayas und die Avocados, und plötzlich in all der Blütenpracht, leuchtet das langgestreckte, zweistöckige, weißgestrichene Haus auf, im
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