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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua
Autoren: Charlotte Thomas
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Klosterhospital bringen lassen.« Er deutete eine Verbeugung an. »Seht mir meine Unhöflichkeit nach, Monna Celestina. Bisher versäumte ich, mich vorzustellen. Ich bin Frater Silvano.«
    »Seid Ihr ein Medicus, Frater?«
    »Falls Ihr damit meint, ob ich je die Doktorwürde der Medizin erworben habe – nein.« Silvano lächelte. »Die praktischen Kenntnisse der Krankenbehandlung eignete ich mir durch Zusehen und Nachmachen an.«
    »Genau wie ich«, entfuhr es Celestina. »Ich wünschte, ich wäre ein Mann, dann könnte ich …« Gerade noch rechtzeitig brach sie ab und merkte, wie sie errötete. Wenn sie damit fortfuhr, auf diese Weise Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, wäre ihr Vorhaben bereits zum Scheitern verurteilt, bevor sie überhaupt begonnen hatte, es in Angriff zu nehmen.
    Der verletzte Mann hatte das Bewusstsein verloren und fiel schlaff zurück. Nun war seine klaffende Bauchwunde deutlich zu sehen, mitsamt der hervortretenden aufgeschlitzten Darmschlinge. Es stank nach Blut und Exkrementen.
    Frater Silvano zögerte. »Ich hörte, dass Euer Mann einen Menschen mit so einer Verletzung durch eine Operation retten konnte.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Wie hat er es genau gemacht?«
    Celestina erinnerte sich an jeden Handgriff. »Er hat das verletzte Darmstück beidseitig abgeklemmt und es herausgeschnitten. Sodann hat er die beiden Enden über ein passend gestutztes Stück Holunderrohr gestülpt und wieder zusammengenäht. Bauchfell und Haut wurden ebenfalls vernäht.«
    »Und der Patient wurde gesund?«
    »Völlig gesund«, bestätigte Celestina. »Was mein Mann aber rückblickend als glücklichen Zufall wertete, denn bei den nächsten drei Operationen dieser Art verstarben die Patienten.«
    »Das kann kein Grund sein, es nicht immer wieder zu versuchen«, sagte der Mönch. »Und dabei möglichst den Grund für das Misslingen herauszufinden. So lange, bis es irgendwann glückt.«
    Dennoch gab es keine Rettung für den Verletzten mit der Bauchwunde. Er atmete nicht mehr.
    Der Mönch bekreuzigte sich und murmelte ein Gebet.
    Timoteo befingerte die Beule an seinem Hinterkopf und verzog das Gesicht. Sie fühlte sich so groß an wie das Ei einer Gans. Und sie schmerzte gewaltig.
    »Es würde weniger wehtun, wenn du die Finger davon ließest«, sagte William. Er war außer Atem vom schnellen Gehen, und sein englischer Akzent war stärker als sonst. Die Aufregung über den vorangegangen Kampf war ihm deutlich anzumerken, zumal er nicht ungeschoren davongekommen war: Er hatte eine blutig geschlagene Lippe, weil ihn Bertoluccis Faust im Gesicht getroffen hatte.
    Galeazzo, der zwischen Timoteo und William ging, stöhnte bei jedem Schritt wegen der Schmerzen in seinem Brustkorb. Er war davon überzeugt, dass Timoteos Hieb ihm mindestens eine Rippe gebrochen habe, was Timoteo bisher nur mit einem unwilligen Brummen kommentiert hatte.
    Wenigstens zwei der Bertolucci-Anhänger hatte es wohl übel erwischt. Gefallen waren sie William zufolge durch die Hand einiger bewaffneter Scholaren. Was diese dazu bewogen hatte, auf Seiten der Caliari zu kämpfen, blieb freilich unerfindlich. Timoteo kannte sie nicht einmal. Er wusste lediglich, dass sie der Juristenfakultät angehörten und außerdem Mitglieder einer fremden Natio waren, laut William entweder Ungarn oder Polen. William, der die blutige Attacke aus nächster Nähe mit angesehen hatte, war der Meinung, sie seien nur zufällig vorbeigekommen und hätten einfach nur ihre Degen in einem echten Kampf ausprobieren wollen, und ebenso schnell seien sie auch wieder weg gewesen, noch bevor der Schuss gefallen war.
    »Der eine, den sie abstachen, ist mit Sicherheit tot«, sagte der blonde junge Engländer. »Und der andere hat bestimmt auch nicht mehr lange zu leben, ich sah seine Gedärme.«
    »Zwei Anhänger der Bertolucci weniger auf der Welt«, meinte Timoteo. Dennoch verspürte er keinerlei Genugtuung, im Gegenteil, es bedrückte ihn, dass Menschen so sinnlos gestorben waren. Dabei hätte er sich freuen sollen, denn jeder Freund der Bertolucci war ein Feind der Caliari und somit überflüssig.
    Gesunden Zorn empfand er jedoch über den Schlag auf den Hinterkopf. Kein Gegner hatte ihn je auf so perfide Weise angegriffen, noch nicht einmal während der beiden Jahre, in denen er seinen Waffendienst im Heer der Dogenrepublik geleistet hatte. Richtig gekämpft hatte er zwar nur in wenigen kleinen Scharmützeln, doch feige Attacken von hinten hatte es dabei nie gegeben. Aber so
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