Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)
Autoren: Erik Kellen
Vom Netzwerk:
Gesicht bekam. Sie machte den Eindruck verlorener Entschlossenheit. New York hatte zuweilen diesen Effekt. Ein kurzer, betrübter Gedanke streifte ihn. Die Kriege waren nun schon seit über fünfzig Jahren Vergangenheit, dennoch hassten sich beide Seiten einander so leidenschaftlich wie am ersten blutgetränkten Tag. Er hatte nie wirklich verstanden, warum das so war. Es war beinahe ein Gesetz oder wie der Wechsel der Jahreszeiten. Dachte denn niemand an die Möglichkeiten? Verstehen konnte er beide Lager nicht, aber das war auch nicht notwendig, wenn man Geld verdienen wollte.
    Spanish bog in eine schmale Gasse und dann in den kaum einsehbaren Hinterhof des Theaters. Zwei Kupferwächter standen versteckt in Nischen des kurzen Tunnels. Kaum passierte der Wagen eine im Kopfsteinpflaster verborgene Linie, schon wurde der Parkplatz hell erleuchtet. Fünf kupferneHunde traten aus dem Schatten eines Zwingers und beäugten gelassen den Wagen. Sie waren darauf dressiert, alles, was Szuda wünschte, augenblicklich zu attackieren. Teuer waren sie gewesen, aber auch hilfreich. Ihre Zähne aus ummantelten Stahl hatten dem Begriff ungebetene Gäste eine ganz neue, verhängnisvolle Bedeutung verliehen. Spanish hielt gleich neben dem Hintereingang. Eine massive Wand aus alten Festungsmauern bildete die Rückseite des noblen Etablissements, dem Weiter Himmel. Hier gab es alles, was das ruhelose Herz begehrte und dabei nicht enttäuscht wurde. In diesem Haus gab es keine Tabus, keine Sehnsucht, die nicht gekauft und damit gestillt werden konnte. Eine versteckte Burg der Träume, die darauf hoffte, dass die Welt so verdorben blieb, wie sie war.
    Spanish stieg aus und öffnete die Tür. Kalte Luft drang herein. Das Mädchen blieb unbewegt sitzen, ihr Magen knurrte durch die Kleidung. Leonardo musste lächeln. Er nahm seine Aktenmappe, duckte sich und blieb neben der Karosse stehen. Nove sah auf den Platz, wo er eben noch gesessen hatte. Doch Szuda wollte keine solchen Mätzchen dulden, es war nicht klug das zu tun. Es gab aber eine besonders schonende Art, die Menschen zu manipulieren: Stelle sie auf eine Kreuzung! Sie werden sich fast immer für den Weg entscheiden, auf dem sie möglichst wenig von sich selbst verlieren.
    »Du kannst da sitzen bleiben oder mit mir kommen, kannst mit einem Bad deinen letzten Tag wegschrubben und auch zu Essen bekommen, entscheide selbst!« Zwei Möglichkeiten, aber nur ein Weg!
    Das Mädchen durchschaute ihn, er fühlte es. Er lächelte erneut. Sie stieg aus dem Wagen, elegant wie ein Tier, sog die Luft des Hinterhofs in ihren Körper, ohne Angst. Dann war es an ihr, zu lächeln. Leonardo bemerkte, dass ihr ein Zahn fehlte. Die Hunde wichen zurück. Für einen Moment glaubte er, das Licht der Pulverlampen würde schwächer, doch dann besann er sich auf sein Angebot.
    »Wird das Wasser heiß sein?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Dann ist es ja gut!«
     
    Nach der Hintertür begann ein neues, anderes Dasein. Teppiche aus aller Welt dämpften die Schritte, versilberte Kronleuchter aus dem Frankenreich beleuchteten den schmalen Gang. Fremdartige Musik drang durch halbgetäfelte Wände, an denen Bilder voller Sinnlichkeit hingen.
    Dozer ging voran. Er warf einen Schulterschatten in den engen Flur. Eine Stiege führte einen Stock höher hinauf. Eine schwere Metalltür wurde von dem Leibwächter geöffnet und dann erkannte man das volle Ausmaß des Theaters, das Weiter Himmel genannt wurde und in ganz New York berühmt für seine exquisiten Vorstellungen, unter anderem auch von Shakespeare-Stücken, war.
    Lautes Stimmengewirr herrschte in dem burgähnlichen hohen Raum, der Kantine, Café und Aufenthaltsraum gleichzeitig war. Dutzende Schauspieler, Bühnentechniker, Kostümbildner und Arbeiter schwatzten und schnatterten, lachten, probten oder diskutierten. Gläser klirrten, Besteck klimperte. Es war das heillose Chaos, das Leonardo Szuda so liebte und das die andere, ausgleichende Waagschale darstellte, neben seinem Leben als König der Unterwelt. Dieser Trubel zu solch später Stunde war auf die Nachtaufführung zurückzuführen, die es einmal im Monat gab. Dann kam auch das tageslichtscheue Publikum in den Genuss von Kultur, weil die Karten um die Hälfte billiger waren. Einige Logen waren sogar für die Menschen reserviert, die sich selbst mit einem Jahresgehalt keine Vorstellung leisten konnten. Das war Szudas Art, für diverse Gefälligkeiten Danke zu sagen. Viel wichtiger aber war der Dank, der dadurch zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher