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Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)
Autoren: Erik Kellen
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mit Äxten und Pulversägen arbeiteten, ohne jedes Mitleid oder Humor.
    Der erste Mann brüllte etwas, dann ging er auf das Mädchen zu wie ein Stier, holte aus … und traf den untersten Baumstamm. Ein Jaulen entfuhr ihm, seine Faust hinterließ eine blutige Spur auf dem gehäuteten Stamm. Das Mädchen stand längst nicht mehr dort, sie sah wild um sich, doch es gab keinen Ausweg. Dann begannen die beiden die Sache beenden zu wollen. Sie zogen fast gleichzeitig schwere Jagdmesser aus den Scheiden an ihren Gürteln, kresselten das Mädchen von zwei Seiten ein, das noch immer den LKW als Rückendeckung benutzte. Es war Zeit, ein kleines Statement abzugeben, denn dies waren seine Docks.
    »Dozer.« Mehr brauchte er nicht zu sagen. Der Hüne klappte das Comicheft zusammen, zog aus dem Handschuhfach einen Revolver, stieg aus, machte ein paar Schritte auf die Straße, legte an und schoss.
    Holzsplitter flogen aus dem Stamm genau zwischen die beiden Holzfäller und landeten nur eine Handbreit neben dem Kopf des Mädchens. Während die beiden Männer sich erschrocken duckten, blieb sie stehen, als habe sie heute noch Besseres vor. Die beiden drehten sich um, halb wütend, halb beeindruckt, das Mädchen aber verlagerte seinen Körper zur dunkelsten Seite der Straße. Leonardo Szuda öffnete die Tür, blieb hinter dem Panzerglas stehen, die Augenbraue längst wieder gesenkt. Dozer stand noch immer mitten auf der Straße, die Waffe in der ausgestreckten Hand.
    »Ich möchte, dass alle genau dort bleiben, wo sie gerade sind. Ist das machbar?«
    Die Angreifer nickten ergeben, steckten ihre Klingen fort, sie wussten, wen sie da vor sich hatten. Das Mädchen aber fixierte ihn. Nur ihn. Sie sah erbärmlich aus. Wie eine Gefallene aus einem altem Lied, als noch Lieder gesungen worden waren, dachte Szuda beiläufig. Sein Leibwächter senkte den Revolver, doch behielt er die Kerle im Auge.
    »Da bist du ja, Kleine! Ich hab dich schon gesucht. Komm, ich nehme dich ein Stück mit.« Leonardo war sich nicht sicher, ob sie überhaupt seine Sprache verstand, sie war eine Territorie, das war so sichtbar wie ein schwarzer Knopf an einem weißen Anzug. Er wusste nicht genau, warum er es so gesagt hatte. So als kenne er sie bereits. Es wunderte ihn sogar. Irgendetwas war an diesem zerschundenen Wesen, das ihn berührte. Ein Bauchgefühl, eine Ahnung. Vielleicht regte sich auch sein Instinkt für gute Geschäfte, wer wusste das schon? Jedenfalls schienen sehr ähnliche Gedanken durch ihren Kopf zu wandern, denn sie blickte ihn an, als sei er ein Rettungsboot, das zwar ein Leck hatte, aber immerhin ein Rettungsboot war. Ihre Fäuste waren noch immer geballt. Dann schaute sie Dozer an, der auf der Straße wie ein Baum stand, sein hünenhafter Leib warf von der Laterne hinter ihm einen langen Schatten durch die beiden Holzfäller, der fast bis vor ihre Füße reichte. Ihre Augen folgten diesem, so weit, bis sie den Kopf senken musste. Eine Sekunde verging, eine weitere folgte. Dann ging sie auf Dozer zu, blieb vor ihm stehen, sagte etwas, das Leonardo nicht verstand und ergriff dessen Pranke, als hätte sie soeben einen Freund fürs Leben gefunden. Der Riese sah auf die ungewöhnliche Geste hinab. Er war mindestes drei Köpfe größer als sie. Dann nickte Dozer. Szuda wusste nicht, ob ihm das gefiel.
    Hand in Hand kamen sie auf den Wagen zu. Leonardo stieg wieder ein, schloss die Tür, suchte nach einem Fehler in seinem Herzen, fand aber keinen. Er schüttelte betrübt den Kopf, als Dozer die andere Tür öffnete. Das Mädchen stand davor, sah hinein, sah ihn an und für einen Moment bereute Leonardo Szuda seine Existenz. In ihren dunklen Augen huschten Schlachtfelder umher, waberte Blut, gluckste Flusswasser, Ketten rasselten - und noch viel mehr. Doch er hieß sie willkommen, gab sich ungefährlich, was er nicht war.
    »Nur hereinspaziert, junge Dame.« Er wedelte mit der Hand. Eine Aufforderung sich zu setzen. »Ist besser, als auf der Straße zu stehen und Messern auszuweichen, oder?«
    Das Mädchen duckte sich, stieg ein, setzte sich ihm gegenüber. Als sie förmlich in den weichen Polstern versank, erschrak sie, bedachte die Sitzbank mit einem Blick, den man durchaus feindselig nennen konnte. Doch dann ließ sie es geschehen, strich sich Ruß aus der Stirn, betrachtete die Schmierspur auf ihrem Handrücken. Sie atmete schneller als andere Menschen. Flach, heftig, wie jemand, der auf der Flucht war oder vor sich selbst davonlief. Leonardo
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