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Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)

Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
Autoren: George R. R. Martin
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wie soll ich das anstellen?, fragte sich der alte Mann. Einst hätte ich ihn für immer zum Schweigen bringen können, aber heute …
    Flickenfratz war als Kind zu ihnen gekommen. Lord Steffon, Ehre seinem Andenken, hatte ihn in Volantis jenseits der Meerenge aufgetrieben. Der König – der alte König, Aerys Targaryen II. –, der in jenen Tagen noch nicht ganz so stark vom Irrsinn gezeichnet war, hatte den Lord ausgesandt, um eine Braut für Prinz Rhaegar zu suchen, der keine Schwester hatte, die er ehelichen konnte. »Wir haben den herrlichsten Narren gefunden«, schrieb Steffon Cressen und stach vierzehn Tage später nach einer ansonsten erfolglosen Reise wieder gen Heimat in See. »Noch ein Knabe, aber trotzdem flink wie ein Affe und geistreich wie ein Dutzend Höflinge. Er kann jonglieren, gibt die wunderbarsten Rätsel auf, zaubert und singt herrlich in vier Sprachen. Wir haben ihn freigekauft und hoffen, ihn mit nach Hause zu nehmen. Robert wird erfreut sein, und vielleicht wird er sogar Stannis das Lachen lehren.«
    Die Erinnerung an diesen Brief stimmte Cressen traurig. Niemand hatte Stannis je das Lachen gelehrt, und der kleine Flickenfratz erst recht nicht. Plötzlich war ein heftiger Sturm aufgekommen, und die Sturmbucht hatte ihrem Namen alle Ehre gemacht. Die Zweimastgaleere des Lords, die Windstolz , war in Sichtweite der Burg zerschellt. Von den Zinnen hatten seine beiden ältesten Söhne mit angesehen, wie das Schiff ihres
Vaters gegen den Felsen geworfen und vom Wasser verschlungen wurde. Mit Lord Steffon und seiner Gemahlin wurden hundert Ruderer und Seeleute in die Tiefe gerissen, und viele Tage später noch spülte die Flut aufgedunsene Leichen an den Strand unterhalb von Sturmkap.
    Der Junge wurde am dritten Tag angetrieben. Maester Cressen war mit den anderen nach unten gegangen, um die Toten zu identifizieren. Als sie den Narren fanden, war seine Haut weiß und runzlig und mit feuchtem Sand gesprenkelt. Cressen hielt ihn für eine Leiche, doch in dem Moment, da Jommy ihn an den Knöcheln packte und ihn zum Leichenkarren zerren wollte, hustete der Junge, spuckte Wasser und setzte sich auf. Bis zu seinem Sterbetag schwor Jommy, Flickenfratz’ Fleisch sei kalt gewesen.
    Niemand konnte je erklären, wie der Narr die zwei Tage im Meer überlebt hatte. Die Fischer behaupteten gern, eine Meerjungfrau habe ihm im Tausch gegen seinen Samen beigebracht, wie man Wasser atmet. Flickenfratz selbst äußerte sich gar nicht dazu. Der geistreiche, kluge Kerl, von dem Lord Steffon berichtet hatte, war nie in Sturmkap eingetroffen; der Junge, den sie am Strand gefunden hatten, war körperlich und seelisch gebrochen, kaum in der Lage zu sprechen und fast nicht mehr bei Sinnen. Dennoch ließ das Gesicht des Narren keinen Zweifel daran, wer er war. In der Freien Stadt Volantis war es Sitte, die Gesichter der Sklaven und Diener zu tätowieren; und so hatte man die Kopfhaut des Jungen vom Hals bis zum Scheitel mit den roten und grünen Rauten des Narrenkostüms verziert. Daher rührte auch sein Name.
    »Das arme Geschöpf ist wahnsinnig, leidet Schmerzen und nutzt niemandem mehr, am wenigsten sich selbst«, verkündete der alte Ser Harbert, der Kastellan von Sturmkap in jenen Jahren, mehrmals. »Man würde ihm eine Gnade erweisen, wenn man seinen Kelch mit Mohnblumensaft füllte. Ein schmerzloser Schlaf, und dann hat’s ein Ende. Er würde
Euch segnen, besäße er nur ausreichend Verstand.« Aber Cressen weigerte sich,und am Ende trug er den Sieg davon. Ob Flickenfratz dieser Sieg Freude bereitete, konnte er nicht einmal heute, so viele Jahre später, mit Gewissheit sagen.
    »Die Schatten kommen zum Tanzen, Mylord, zum Tanzen, Mylord, zum Tanzen, Mylord«, sang der Narr, schwenkte den Kopf und ließ die Glocken schallen und bimmeln. Ding dong, klingelingeling, dong dong.
    »Lord«, krächzte der weiße Rabe. »Lord, Lord, Lord.«
    »Ein Narr singt, was er will«, erklärte der Maester seiner besorgten Prinzessin. »Ihr dürft Euch seine Worte nicht zu Herzen nehmen. Morgen wird ihm vermutlich ein anderes Lied einfallen, und dieses hört man womöglich niemals wieder. « Er singt herrlich in vier Sprachen , hatte Lord Steffon geschrieben...
    Pylos trat durch die Tür. »Maester, verzeiht.«
    »Ihr habt den Haferbrei vergessen«, erwiderte Cressen vergnügt. Das sah Pylos gar nicht ähnlich.
    »Maester, Ser Davos ist gestern Nacht zurückgekehrt. In der Küche hat man darüber gesprochen. Ich dachte, Ihr würdet
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