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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Dienst bei einem Gast, und Deoris ist bestimmt geeignet. In der Schule ist sie weder glücklich, noch willst du sie hier haben. Lass sie diesem Mann dienen.« Ihr Blick streifte das Köpfchen, das sich jetzt an ihre Schulter schmiegte. Staunend sah das Mädchen zu ihr auf. Immer gelang es Domaris, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen!
    Mutter Lydara runzelte die Stirn. Insgeheim aber war sie erleichtert. Deoris stellte ein Problem dar, das ihre, Lydaras, beschränkte Fähigkeiten überforderte. Und die Tatsache, dass dies verzogene Kind Talkannons Tochter war, machte die Situation nicht leichter. Ja, theoretisch stand Deoris in der Schule auf einer Stufe mit den anderen, praktisch konnte jedoch die Tochter des Erzadministrators nicht bestraft werden wie das Kind eines gewöhnlichen Priesters.
    »Mach es, wie du willst, Tochter des Lichts«, sagte die Skriptoren-Mutter barsch. »Aber sie muss ihre eigenen Studien fortsetzen - sorge dafür!«
    »Sei unbesorgt, ich werde ihre Ausbildung nicht vernachlässigen«, gab Domaris kalt zurück.
    Während sie das niedrige Gebäude verließen, beobachtete sie ihre Schwester aufmerksam. In den letzten Monaten hatte sie Deoris kaum gesehen. Als sie selbst zu Rajastas Akoluthin auserwählt wurde, war das Kind in die Skriptoren-Schule geschickt worden. Davor allerdings waren sie unzertrennlich gewesen, obwohl ihre Beziehung wegen der acht Jahre Altersunterschied weniger eine Beziehung zwischen Schwestern als vielmehr eine Art Mutter-Tochter-Verhältnis war. Nun spürte Domaris an ihrer kleinen Schwester eine Veränderung, die sie bekümmerte. Früher war Deoris immer fröhlich und fügsam gewesen. Was hatte man ihr angetan, dass sie sich in diese verdrossene kleine Rebellin verwandelt hatte? Zorn flammte in Domaris auf, und sie entschloss sich, Talkannons Erlaubnis dazu einzuholen, dass sie Deoris wieder unter die eigenen Fittiche nehmen durfte.
    »Darf ich wirklich bei dir bleiben?«
    »Ich kann es dir nicht fest versprechen, aber wir werden sehen«, lächelte Domaris. »Möchtest du es denn?«
    »O ja!« rief Deoris leidenschaftlich. Wieder warf sie mit einer solchen Heftigkeit, dass Domaris Stirn sich in tiefer Besorgnis furchte, die Arme um ihre Schwester. Was hatten sie nur mit Deoris gemacht?
    Domaris befreite sich von den sie umklammernden Armen und mahnte: »Sachte, sachte, Schwesterchen!« Dann wandten sie ihre Schritte dem Haus der Zwölf zu.
     
    Domaris gehörte zu den zwölf Akoluthen, sechs jungen Männern und sechs jungen Frauen, die jedes dritte Jahr nach ihrer körperlichen Vollkommenheit und Schönheit sowie aufgrund ihrer besonderen Begabung unter den Kindern der Priesterkaste ausgewählt wurden. Nach Erreichen der Volljährigkeit lebten sie drei Jahre lang im »Haus der Zwölf«, studierten die alten Weisheiten der Priesterkaste und bereiteten sich darauf vor, den Göttern und ihrem Volk zu dienen. Sollte irgendein Unglück die ganze Priesterkaste mit Ausnahme der zwölf Akoluthen vernichten, so würden diese, wie es hieß, in der Lage sein, das gesamte Wissen der Tempel zu rekonstruieren. Am Ende der Dreijahresperiode heiratete jeder den Partner, der ihm zugeteilt worden war. Die Auswahl der sechs jungen Paare erfolgte mit so großer Sorgfalt, dass ihre Kinder nur in seltenen Fällen nicht zu den höchsten Rängen der Priesterschaft aufstiegen.
    Das Haus der Zwölf war ein geräumiges Gebäude. Es krönte einen grünen Hügel, der abseits von dem dichtbebauten Tempelbezirk lag und von weiten Rasenflächen, eingezäunten Gärten und kühlen Springbrunnen umgeben war. Die Schwestern schlenderten den Pfad entlang, der sich, gesäumt von blühenden Büschen, zu den weißen Mauern der Festung hinaufwand. Eine junge Frau, kaum den Kinderschuhen entwachsen, lief ihnen über den Rasen entgegen.
    »Domaris! Komm her, ich möchte dir - oh, Deoris! Bist du aus dem Skriptoren-Gefängnis befreit worden?«
    »Ich hoffe«, antwortete Deoris schüchtern, und die Mädchen umarmten einander. Die dritte stand im Alter zwischen Domaris und Deoris, ja, sie hätte fast eine weitere Schwester sein können. Alle drei waren sie hochgewachsen und schlank, mit feinem Knochenbau, zarten Händen und Armen und den typischen, feingezeichneten Zügen der Priesterkaste. Nur in den Farben unterschieden sie sich. Domaris, der größten, fiel das lange, wellige Haar in feurigen Kaskaden über die Schultern; ihre Augen waren von einem kühlen, beschatteten Grau. Deoris, die zierlicher und kleiner
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