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Das letzte Revier

Das letzte Revier

Titel: Das letzte Revier
Autoren: Patricia Cornwell
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über sieben Frauen mit mir reden, die wahrscheinlich er« - ich meine Chandonne - »in Paris umgebracht hat, und über den Verdacht, dass der Tote in dem Container Thomas Chandonne sein könnte, der Bruder, der Bruder des Mörders, beide Söhne sind vermutlich Mitglieder des kriminellen Chandonne-Kartells, das die Polizei der halben Welt seit langem zur Strecke bringen will. Dann wurde Deputy Police Chief Bray ermordet. Hätte ich die Tätowierung in die Gerichtsmedizin zurückbringen sollen?« In meinem Kopf pocht es. »Ja, das hätte ich. Aber ich war abgelenkt. Ich habe es einfach vergessen.« Mein Ton wird aggressiver.
    »Sie haben es einfach vergessen«, wiederholt Officer Calloway, während Marino zunehmend wütend zuhört, versucht, sie ihre Arbeit tun zu lassen, und sie gleichzeitig verachtet. »Dr. Scarpetta, befinden sich weitere Leichenteile in Ihrem Haus?«, fragt Calloway. Ein stechender Schmerz durchbohrt mein rechtes Auge. Der Beginn einer Migräne.
    »Was ist das für eine Scheißfrage?« Marino hebt die Stimm e um ein weiteres Dezibel.
    »Ich will nur wissen, ob wir mit noch mehr rechnen müssen, wie Körperflüssigkeiten oder andere Chemikalien oder.«
    »Nein, nein.« Ich schüttle den Kopf und wende mich einem ordentlichen Stapel Hosen und Polohemden zu. »Nur Dias.«
    »Dias?«
    »Für histologische Untersuchungen«, erkläre ich vage. »Wofür?«
    »Calloway, jetzt reicht's.« Marinos Worte knallen wie der Hammer eines Auktionators, als er vom Bett aufsteht.
    »Ich will mich nur vergewissern, dass wir uns nicht wegen anderer Gesundheitsrisiken sorgen müssen«, sagt sie zu ihm, und ihre roten Wangen und das Flackern in ihren Augen strafen ihre Unterwürfigkeit Lügen. Sie hasst Marino. Eine Menge Leute hassen ihn.
    »Das einzige Gesundheitsrisiko, weswegen Sie sich sorgen müssen, steht vor Ihnen«, fährt Marino sie an. »Wie wär's, wenn Sie dem Doc ein bisschen Ruhe gönnen würden, eine kurze Verschnaufpause von gehirnamputierten Fragen?« Calloway ist eine unattraktive Frau mit fliehendem Kinn, breiten Hüften und schmalen Schultern, ihr Körper ist angespannt vor Wut und Verlegenheit. Sie dreht sich um und geht aus meinem Schlafzimmer, der Perserteppich im Flur dämpft ihre Schritte.
    »Was glaubt sie eigentlich? Dass du Trophäen sammelst?«, sagt Marino zu mir. »Dass du Souvenirs nach Hause mitnimmst wie der verdammte Jeffrey Dahmer? Herrgott noch mal.«
    »Ich ertrage es nicht länger.« Ich lege perfekt zusammengefaltete Polohemden in die Reisetasche.
    »Du wirst es ertragen müssen, Doc. Aber heute nicht mehr.« Müde setzt er sich erneut ans Fußende meines Betts.
    »Schaff mir deine Leute vom Hals«, sage ich. »Ich will keinen Polizisten mehr sehen. Ich habe nichts Unrechtes getan.«
    »Wenn sie noch was wissen wollen, sollen sie's mir sagen. Ich leite die Ermittlungen, auch wenn Calloway das noch nicht gemerkt hat. Aber wegen mir brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Es ist wie in der Schlange an der Aufschnitttheke: >Bitte eine Nummer ziehen<. Es gibt so viele Leute, die darauf bestehen, mit dir zu sprechen.«
    Ich lege die Hosen auf die Polohemden, und dann vertausche ich die Reihenfolge, lege die Hemden auf die Hosen, damit sie nicht knittern.
    »Klar, mit dir wollen längst nicht so viele Leute reden wie mit ihm.« Er meint Chandonne. »Alle diese Profiler und forensischen Psychiater und die Medien.« Marino listet das Who's who auf. Ich unterbreche das Packen. Ich habe nicht die Absicht, in seiner Gegenwart Wäsche auszuwählen. Ich weigere mich, Toilettenartikel zu packen, solange er im Zimmer ist.
    »Ich möchte ein paar Minuten allein sein«, sage ich zu ihm.
    Er starrt mich aus geröteten Augen an, sein Gesicht rot wie dunkler Wein. Sogar sein kahl werdender Kopf ist rot, und er sieht ungepflegt aus in seinen Jeans, seinem Sweatshirt, mit dem Bauch einer Hochschwangeren, seinen riesigen, schmutzigen Red-Wing-Stiefeln. Es arbeitet in ihm. Er will mich nicht allein lassen und scheint Dinge abzuwägen, die er mir nicht mitteilen will. Ein paranoider Gedanke steigt wie Rauch in meinem Kopf auf. Er traut mir nicht. Vielleicht denkt er, dass ich selbstmordgefährdet bin.
    »Marino, bitte. Kannst du dich nicht vor die Tür stellen und die Leute abwimmeln, während ich hier fertig packe? Geh zu meinem Wagen und hol meinen Alukoffer aus dem Kofferraum. Wenn ich irgendwohin gerufen werde... ich brauche ihn. Der Schlüssel ist in der Küche, in der Schublade oben rechts - wo
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