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Das Land der MacKenzies

Das Land der MacKenzies

Titel: Das Land der MacKenzies
Autoren: Linda Howard
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Öffentlichkeit zu weinen, und zweitens erschienen Tränen ihr jetzt völlig unsinnig. Sie war noch nicht einmal fünfzehn Minuten unterwegs und war nicht eine Sekunde in wirklicher Gefahr gewesen. Es lag alles nur an ihrer überreizten Fantasie, wie immer.
    Ein kompakter schwarzer Pick-up mit übergroßen Reifen kam in Sicht. Mary spürte den Blick des Fahrers auf sich, und beschämt senkte sie den Kopf. Ältliche Lehrerinnen waren nicht daran gewöhnt, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Außerdem kam sie sich wie eine komplette Närrin vor. Es musste ja so aussehen, als sei sie zu einem Spaziergang im Schnee aufgebrochen.
    Der Truck hielt neben ihr an, ein Mann stieg aus. Er war groß, und instinktiv missfiel Mary das. Sie mochte es nicht, wenn große Männer zu ihr herunterblickten, noch weniger mochte sie es, wenn sie aus rein körperlicher Notwendigkeit zu großen Männern aufblicken musste. Ob groß oder nicht, er war ihr Retter. Sie rang die behandschuhten Finger und wusste nicht, was sie sagen sollte. Wie bat man um Rettung? In ihrem ganzen Leben war sie noch nie per Anhalter gefahren, für eine ehrbare und gesittete Lehrerin schien das einfach ungebührlich.
    Wolf starrte auf die Frau und fragte sich, wer verrückt genug war, bei dieser Kälte und in diesem Aufzug draußen herumzulaufen. Und was hatte sie überhaupt auf seinem Berg zu suchen?
    Plötzlich fiel ihm ein, wer sie war. Er hatte zufällig eine Unterhaltung in der Futtermittelhandlung über die neue Lehrerin aus dem Süden mit angehört. Diese Frau verkörperte das Klischee einer Lehrerin, und für einen Winter in Wyoming war sie mit Sicherheit falsch angezogen. Blaues Kleid unter braunem Mantel, hellbraune Strähnen, die unter dem Schal, den sie sich um den Kopf geschlungen hatte, hervorlugten, eine Hornbrille, so groß, dass ihr Gesicht dahinter fast völlig verschwand. Kein Make-up, nicht einmal Lippenbalsam zum Schutz gegen die Kälte.
    Und keine Stiefel. Der Schnee klebte ihr bis zu den Knien hinauf.
    In zwei Sekunden hatte er sie von oben bis unten gemustert. Er wartete erst gar nicht auf eine Erklärung, was sie hier auf seinem Berg tat. Hier stehen lassen konnte er sie nicht. Da sie bisher keinen Ton herausgebracht hatte, sagte er auch nichts.
    Er beugte sich vor, legte einen Arm unter ihre Knie, den anderen an ihren Rücken und hob sie hoch, ohne auf ihr Luftschnappen zu achten. Während er mit ihr zu seinem Truck ging, überlegte er, dass sie nicht viel mehr als ein Kind wog. Er sah noch das erstaunte Aufflackern der blauen Augen hinter den Brillengläsern, dann schlang sie die Arme um seinen Nacken und klammerte sich fest an ihn, als hätte sie Angst, fallen gelassen zu werden.
    Er setzte sie auf den Beifahrersitz und rieb ihr den Schnee von Beinen und Schuhen, so gut es ging. Wieder schnappte sie nach Luft, aber er ignorierte es und sah nicht auf, klopfte sich nur den Schnee von der eigenen Jacke und ging um den Wagen herum, um hinters Steuer zu gleiten.
    „Wie lange laufen Sie schon da draußen herum?“ Mary zuckte zusammen. Sie hatte nicht erwartet, dass seine Stimme so tief sein würde. Ihre Brille war von der Wärme im Truck beschlagen, und sie riss sie sich hastig herunter. „Ich ... nicht lange ... vielleicht fünfzehn Minuten. Mir ist ein Wasserschlauch geplatzt ... ich meine, der in meinem Auto.“
    Wolf betrachtete sie von der Seite. Ihre Wangen nahmen langsam wieder Farbe an. Gut. Sicherlich auch vor Verlegenheit, wie er an dem gesenkten Kopf und den nervös im Schoß gefalteten Fingern erkennen konnte. Glaubte sie etwa, er würde sie auf den Rücken werfen und sich über sie hermachen? Schließlich war er ein geächteter Indianer und zu allem fähig. Auf der anderen Seite ... so wie sie aussah, wäre das wahrscheinlich das Aufregendste, das ihr je passieren würde.
    Sie waren nicht weit vom Haus entfernt und erreichten es in wenigen Minuten. Wolf parkte den Pick-up am Hintereingang zur Küche und stieg aus. Er kam bei der Beifahrertür an, als die Frau gerade vom Sitz schlüpfen wollte. „Vergessen Sie’s", sagte er und hob sie wieder auf die Arme. Durch die Bewegung war ihr Kleid hochgerutscht, hastig zerrte sie es nach unten, doch er hatte bereits einen Blick auf wohlgeformte Beine erhascht, und das Rot auf ihren Wangen wurde intensiver.
    Die Wärme im Haus hüllte sie ein. Mary war viel zu erleichtert, um bewusst zu merken, dass er einen Stuhl hervorzog und sie darauf niederdrückte. Ohne ein Wort ging er zum
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