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Das Labor der Esper

Das Labor der Esper

Titel: Das Labor der Esper
Autoren: Dan Morgan
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Kondition von selbst in Ordnung kommt, wenn das Nervensystem des Patienten das traumatische Erlebnis aufgenommen und rationalisiert hat.«
    »Sie meinen …«
    »Ich meine, wie es so schön heißt, daß wir abwarten müssen, verdammt noch mal.« Havenlake zog die massigen Schultern hoch und stampfte ans Fenster. Er holte eine uralte Pfeife aus der Jackentasche und stopfte sie. »Vor ein paar Tagen haben sich die beiden da draußen im Schnee gebalgt – und sehen Sie sich die Würmer jetzt an! Kommen Sie, ich halte es hier drinnen nicht mehr aus!« Er ging zur Tür, ohne sich nach seinem Besucher umzudrehen.
    Doktor Rebecca Schofield sah von ihrer Arbeit auf, als Edmund Powell ihr Büro betrat.
    »Hallo, Becky! Wie geht es immer?«
    »Mister Powell!« Sie nickte ihm zu und seufzte innerlich über das Mann-mit-den-grauen-Schläfen-Lächeln, das er ihr gegenüber aufsetzte. Powell war offenbar noch nie die Idee gekommen, daß selbst eine Psychiatrie-Ärztin über Dreißig nicht so sexbedürftig war, um auf diese Schmeicheleien hereinzufallen. Soweit sie Powell beurteilen konnte, gab es nur zwei Möglichkeiten, um mit ihm auszukommen. Entweder man unterwarf sich ihm, dann behandelte er einen mit Verachtung. Oder man erzwang sich eine Stellung auf gleicher Ebene, dann mußte man seinen gönnerhaften Charme ertragen. Als Frau und als Richard Havenlakes erste Assistentin kam Rebecca Schofield automatisch in die zweite Kategorie.
    »Brrr!« Powell schüttelte sich. »Seien Sie nicht auch noch eisig! Ich hatte eben eine Unterredung mit Havenlake.« Er holte ein goldenes Zigarettenetui aus der Innentasche seines dunklen Kammgarnanzugs und legte es vor sie auf den Schreibtisch.
    »Danke«, sagte Becky trotz der Tatsache, daß sie gerade versuchte, ihr Rauchen ein wenig einzuschränken. Diese Gesten bedeuteten Powell so viel. Sie wollte keine Spielverderberin sein.
    Er zündete erst ihre und dann seine Zigarette an und ließ sich schließlich graziös im gegenüberstehenden Sessel nieder. »Offen gestanden, Becky, ich brauche Ihre Hilfe. Havenlake will nicht mit mir zusammenarbeiten. Ich verstehe ja, daß ihm die Sache mit den Dobies nahegeht, aber er dürfte nicht vergessen, daß ich auch meine Arbeit zu tun habe.«
    »Hoffentlich erwarten Sie nicht, daß ich mich gegen Richard wende.«
    »Meine liebe Becky – davon kann keine Rede sein.« Powell hob entsetzt die blasse Hand. »Ich brauche Ihre Hilfe, damit ich dem Minister einen ordentlichen Bericht über die jüngsten Vorgänge vorlegen kann. Sie müssen wissen, er hatte große Hoffnungen auf dieses Langstrecken-Experiment gesetzt.«
    »Wir auch«, sagte Becky. Ihr dunkles, kräftig akzentuiertes Gesicht war ernst. Sie war damals vor fünf Jahren dabeigewesen, als Miß Dobie ihre Zwillinge in Havenlakes Labor nach Cambridge brachte – eine merkwürdige Person mit ihren dünnen hohen Absätzen und dem enggeschnürten Korsett. Sie kam in einer Wolke aus Gin und billigem Parfüm und überreichte die winzigen, blassen Jungen, als wolle sie Abfall loswerden.
    Die Dobie-Zwillinge waren alles andere als das, das stellte sich bald heraus. Obwohl ihr Intelligenzquotient niedrig war, zeigte eine Testserie mit den üblichen Esper-Karten von Rhine einmalige Ergebnisse. Nach wiederholten Versuchen kamen Havenlake und sie zu dem Schluß, daß die Zwillinge hochgradige Telepathen waren. Von diesem Moment an wandelten sie ihre gesamte Forschung um. Anstelle der langweiligen statistischen Analyse hatten sie nun zwei willige Versuchsobjekte.
    Es zeigte sich bald, daß die Zwillinge nicht in den Zustand des herabgesetzten Bewußtseins gebracht werden mußten, wenn sie miteinander in Verbindung traten. Sie benutzten Telepathie, um sich miteinander zu unterhalten. Das war das erste Beispiel in der Geschichte der Psi-Kräfte. Havenlake hatte keinerlei Eile, die Untersuchungsergebnisse zu veröffentlichen. Die faszinierende Arbeit war ihm Lohn genug. Aber natürlich konnte so ein bedeutender Durchbruch nicht lange geheim bleiben.
    Danach ging alles sehr schnell. Schon in den vierziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts hatten J. B. Rhine und andere darüber nachgedacht, welche möglichen Wirkungen bewußt kontrollierte Esper auf die Weltpolitik haben könnten. Die britische Regierung interessierte sich für Havenlakes Forschung und machte ihm ein verlockendes Angebot. Anfangs weigerte er sich. Er hatte wenig Verlangen nach Reklamerummel, aber es störte ihn doch, daß seine Arbeit künftig unter
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