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Das Kuckucksei

Das Kuckucksei

Titel: Das Kuckucksei
Autoren: C.J. Cherryh
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unverschämten Kind beinahe eins auf die Nase gegeben.
    Aber er hatte sich gerade noch gezügelt. Duun hatte danebengestanden, im grauen Hatani-Umhang, die Arme verschränkt.
    Die Meds gingen wieder. Dorn ließ einen lauten Furz und urinierte auf die Stufe.
    Duun kam hinzu und schlug ihm mit Daumen und Zeigefinger kräftig aufs Ohr. Dorn jammerte.
    »Du warst böse«, sagte Duun. Das Gejammer ging weiter. Duun ging ins Haus, in die Küche, und tauchte die Hand ins Becken. Dorn folgte ihm nackt, die Hände ausgestreckt, jammerte auf dem ganzen Weg und hüpfte vor Verzweiflung.
    »Sei still!« befahl Duun. Er schnippste ihm kaltes Wasser ins Gesicht. Dorn blinzelte und heulte und kratzte heftig an Duuns Beinen. Er tat es nicht aus Wut, sondern zeigte ihm damit, daß er hochgehoben werden wollte.
    Duun hob ihn hoch, die ganze Armvoll, zu der sich Dorn inzwischen entwickelt hatte, und er wiegte ihn, indem er sich selbst hin und her wiegte, was dem Kind sehr gefiel, wie er gelernt hatte. Das kleine Gesicht drückte sich an seinen Hals, was nicht immer einen Biß bedeutete. Diesmal auch nicht. Dorn klammerte sich an ihn und schniefte, netzte Duuns Umhang mit den tränenden Augen und der laufenden Nase.
    »Du warst böse«, sagte Duun. Zu solch schlichten Feststellungen neigte die Philosophie des Hatani jetzt. Er schwang hin und her, und das Schluchzen hörte auf. Dorn steckte den Daumen in den Mund, ein unbezähmbarer Drang, obwohl er jetzt Fleisch aß, was Duun für ihn kaute und ihm dann in den Mund spuckte. (»Nicht ratsam«, meinten die Meds, besessen von dem Gedanken an eine Krankheit.) Aber Duun machte weiter damit; es war eine alte Tradition in den Bergen, und es fiel leichter, als Dorn einen Löffel in den widerwilligen Mund zu zwängen, oder aufzuwischen, wenn Dorn selbst aß und das Essen überall verschmierte. Duun war von seiner Mutter und seinem Vater auch so gefüttert worden. Es bereitete ihm ein perverses Vergnügen, diesen pflichtbewußten Dienst zu leisten. Es schokkierte die Meds, was ihm ebenfalls perversen Spaß machte. Er lächelte die Meds an. Es war seltsam. Sie hatten sich jetzt an ihn gewöhnt, blickten ihm sogar in die Augen, sogar mehr als einmal, wenn sie ihn besuchten. »Elludmingi läßt Euch Grüße bestellen«, sagten sie. »Ich grüße auch ihn«, erwiderte Duun. Und fügte querköpfig hinzu: »Mein Sohn ebenfalls.« Das veranlaßte sie, eilig aufzubrechen. (Zweifellos, um sich Notizen zu machen.)
    Er wiegte Dorn und sang ihm vor: »Weinamei, weinamei.« Und Dorn wurde auf seinen Armen ruhig. »Du wirst zu groß, um gehalten zu werden«, stellte Duun fest. »Zu groß, um Pfützen auf die Stufen zu machen.«
    Als sie an diesem Abend am Feuer saßen (die Frühlingsnächte waren kalt), krabbelte Dorn auf seinen Schoß und saß eine Weile dort. Stand dann auf in dem Dreieck zwischen Duuns gekreuzten Beinen und berührte Duuns Gesicht an der narbigen Seite. Duun packte die Hand mit seiner verstümmelten. Und ließ sie wieder los.
    »Es ist eine Narbe«, erklärte er.
    Er hinderte Dorn nicht daran, sie zu betasten. Er fügte sich in Geduld. Er schloß die Augen und gestattete es Dorn, zu tun was ihm gefiel, bis der Junge ihn brutal an beiden Ohren zog, was eine Herausforderung war. Duun öffnete blitzend die Augen.
    »Ah!« schrie er und fletschte die Zähne in einer drohenden Grimasse. Dorn wollte ihm entfliehen und stolperte dabei über Duuns Beine. Duun fing ihn im Fallen auf und kugelte sich mit ihm auf dem Boden, hielt ihn dabei an den Armen, ohne je mit dem Gewicht auf ihm zu landen. Dorn kreischte und schnappte nach Luft, und als Dorn ihn biß, biß er zurück, und er kreischte und quietschte, bis Duun ihm mit einer Hand den Mund zuhielt.
    Dorn wurde still. Die Augen waren vor Schreck geweitet. So, so. Angst, und kein Kampf.
    Duun drückte ihn an seine Brust und leckte ihm die Augen, bis Dorn anfing zu keuchen, als er jetzt wieder Luft bekam. Für einen Moment war Duun besorgt. Kleine Hände klammerten sich an ihn.
    Er packte Dorn an beiden Armen und hielt ihn hoch. Lächelte. Dorn lehnte es ab, sich beschwichtigen zu lassen.
    In dieser Nacht erwachte Dorn schreiend an Duuns Seite. Es waren kurze, scharfe Schreie, ein Schnappen nach Luft. »Dorn!« schrie Duun, und er schaltete das Licht ein und hob ihn hoch, dachte dabei, er wäre im Schlaf auf das Kind gerollt und hätte ihm irgendwie weh getan; aber Dorn hatte einen Alptraum gehabt.
    Dorn hielt sich an ihm fest. Duun war es, was er
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