Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kuckucksei

Das Kuckucksei

Titel: Das Kuckucksei
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
des Herzens für diesen jungen Mann, und es tat weh.
    Aber er grinste, der alte Soldat, der er war, und blickte die Straße hinauf, die in die Berge führte, denn diesmal war er es, der zurückschreckte, der vor der Unschuld und Verehrung des jungen Mannes zurückzuckte. »Geben Sie mir den Sack!« sagte er, und er nahm den Tragriemen von der Schulter des jungen Mannes und nahm ihn auf die eigene, die rechte Schulter. Den Säugling hielt er auf dem linken Arm, wo er seine Bewegungen spürte, seine Wärme, denn das Kind wand sich wie ein Wurm zwischen den Windeln und schmiegte sich unter dem Umhang an Duun.
    »Aber, Hatani ...«
    »Sie kommen nicht mit. Ich brauche Sie nicht.«
    Er ging los.
    »Hatani!«
    Er blickte nicht zurück. Auch nicht zu den Bergbewohnern, die beim Hubschrauber die Straße säumten. Einige von ihnen waren sicher die Vertriebenen, Leute, denen Sheon gehört hatte, die es übernommen hatten, nachdem Duun sich zurückgezogen hatte. Jetzt waren sie von einem Tag zum anderen enteignet worden. Duun spürte ihre Blicke, hörte undeutlich ihr Flüstern.
    »Hatani«, verstand er. Und: »Ein Alien .« Sie brauchten gar nicht zu flüstern. Er spürte, wie ihre Blicke seinen Umhang zu durchdringen versuchten. Sie waren hergekommen, um sich zu fragen, wer er war, ebenso, wie sich über das zu wundern, was er brachte. »Hatani.« Respekt schwang darin mit. »Was ist mit seinem Gesicht passiert?« fragte ein Kind.
    »Still!« antwortete ein Erwachsener. Und plötzlich herrschte verlegenes Schweigen. Es war nur ein Kind. Es wußte noch nicht, was Narben waren. Es war nur arglos.
    Duun sah sie nicht an. Kümmerte sich nicht um sie. Er war Hatani, hatte entsagt. Seine Waffen trug er unter dem Umhang an der Seite. Eines forderte er von der Welt: diese Berge, diese Gegend.
    Ein wenig Frieden.
    Daß ein Hatani sie enteignet hatte ... Die Bewohner Sheons hatten ihren Rechtsanspruch gewiß für sicher gehalten. Das Land lag brach; das Haus stand leer; zehn Jahre nach Duuns Verzicht gehörte es rechtmäßig ihnen.
    Aber es stimmte, was er zu Ellud gesagt hatte: Es gab nichts, was er nicht fordern und erhalten konnte, nichts auf der ganzen Welt.
    Er spürte ihre Blicke. Vielleicht erwarteten sie, daß er etwas sagte. Vielleicht erwarteten sie, daß er sich um sie kümmerte, daß er tröstende Worte für sie fand.
    Aber er ging nur an ihnen vorbei die Straße hinauf, die staubige Straße zu den Höhen und dem Haus, das tief zwischen den Bergen aus örtlichem Gestein errichtet war.
    Er hörte den Hubschrauber starten und sich mit klopfenden Geräuschen entfernen, wie Herzschläge, die Echos an der Gebirgsflanke erzeugten. Der Hubschrauber war am vergangenen Abend und an den drei Tagen vorher oft hier gelandet und wieder gestartet, zusammen mit anderen Hubschraubern, hatte Vorräte gebracht, Spezialausrüstung, lauter solche Dinge, wie sie Ellud und seinesgleichen zufriedenstellten.
    Eine Last, das ganze Zeug.
     
    Er wappnete sich innerlich. Er wußte, daß sich Sheon verändert haben mußte. Er stählte seine Entschlußkraft, in dieser wie in anderen Fragen. Er brauchte Kraft, suchte sie im Verzicht. Er suchte sie, indem er sich bemühte, sich nichts aus dem Anblick zu machen, der sich ihm bot, als er zur Mittagszeit die Berghöhen erreichte; er sah nun die Veränderungen, die die Landleute an Sheon vorgenommen hatten, und mit denen er schon vorher gerechnet hatte: einen hingestreckten Neubau aus Trümmersteinen, der die frühere Schönheit Sheons zerstörte, eine Schönheit, die ein gepflegtes Kunstwerk gewesen war, nicht unterscheidbar vom gewachsenen Fels, der es flankierte. Das Haus war jetzt ausgebaut, kunstlos und nützlichkeitsorientiert, der Hof, der es umgab, freigeräumt und staubig. Duun war jedoch nicht bestürzt.
    Erst, als er das Haus betrat und entdeckte, was Ellud und seine Leute damit gemacht hatten - da war er wirklich betroffen. Anstelle der ländlichen Unordnung, mit der er gerechnet hatte (anders als in seiner Kindheit, als die Steine sorgfältig poliert gewesen waren, als er geräumige Dielen und einen Sandgarten gekannt hatte, in dem der Wind Muster zeichnete), hatte die Regierung für Sterilität gesorgt, die Steinwände lackiert, die Böden mit weißem Sand bestreut, nicht rotem, eine neue Küche installiert, die Räume neu möbliert, alles mit großen Kosten. Und alles roch neu und stechend nach Fixativen und Farbe und frisch gebranntem Sand.
    Da stand Duun an diesem sauberen, sterilen Ort ohne
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher