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Das Inferno Roman

Titel: Das Inferno Roman
Autoren: Richard Laymon
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Ihr Kopf wackelte.
    Stanley sah Blut aus ihrem Ohr laufen.
    »Das ist ein schlechtes Zeichen«, sagte er und musste lachen.
    Dann verging ihm das Lachen.
    Schuld daran war der Gedanke, dass Sheila Banner unter den Trümmern ihres Hauses begraben sein könnte.

2
    Eine Minute vor Ausbruch des Bebens gähnte Clint Banner und blickte in seine leere Kaffeetasse.
    Die Tasse zierte ein Porträt von John Wayne als Rooster Cogburn in Der Marshal , ein Geburtstagsgeschenk seiner Tochter Barbara, die darauf bestand, dass Clint »genau wie John Wayne als Hondo« aussah. Sie hatte keine Tasse mit Hondo finden können und sich mit Cogburn zufriedengegeben. Ich weiß, dass du nicht so aussiehst, hatte sie gesagt und dabei das Gesicht verzogen. Clint hatte ihr geantwortet, indem er Tonfall und Stimme des Duke nachahmte: »Gib mir noch ein paar Jahre und eine Augenklappe, kleine Lady.«
    Er gähnte erneut.
    Es war acht Uhr neunzehn am Freitagmorgen. Er war seit halb fünf auf den Beinen, das war sein Trick, dem System ein Schnippchen zu schlagen. Aus dem Bett springen, sich im Bad anziehen, damit er Sheila nicht weckte, und sich um Viertel vor fünf auf die fünfundvierzigminütige Fahrt durch die Dunkelheit machen. Würde er zu einer vernünftigen Zeit aufstehen, etwa gegen sechs, würde ihn die Fahrt doppelt so viel Zeit kosten. Er war immer früh auf der Arbeit, damit er das Büro ein paar Stunden für sich allein haben konnte. Das gefiel ihm. Außerdem konnte man so um zwei gehen, vor der nachmittäglichen Rushhour. Es gab viele Vorteile.

    Aber es kostete auch eine Menge Kraft.
    Clint gähnte ein weiteres Mal, nahm die leere Tasse, schob seinen Stuhl zurück und erhob sich vom Tisch. Er wollte sich nachschenken. Aber so weit kam er nicht.
    Fast hätte er noch Zeit gehabt, sich zu fragen, was das für ein Getöse war.
    Aber nach Sekunden wusste er Bescheid. Das war kein riesiger Laster und auch kein Güterzug, der auf das Gebäude zu donnerte. Keine Boeing 747, die gleich die Mauern einriss.
    Das Geräusch kam aus dem Nichts, und noch bevor Clint nachdenken konnte, wusste er, dass es ein Erdbeben war.
    Es hörte sich an wie ein Erdbeben. Es fühlte sich an wie ein Erdbeben. Er lebte schließlich in Südkalifornien, der Hochburg der Erdbeben, also war es wohl kaum eine 747, die in das Gebäude einschlug. Es war kein Tornado, kein Kometeneinschlag und keine Atomexplosion. All das mochte sich ähnlich anhören und -fühlen, aber dies war ein Erdbeben.
    Zuerst dröhnte es.
    Dann versetzte es Clint einen schweren Stoß.
    Er stolperte zur Seite, blieb aber auf den Beinen.
    So hart hatte ihn noch nie ein Beben erwischt.
    Das ist ein Mordsding , dachte er. Ziemlich gut. Vielleicht 6,0. Vielleicht stärker.
    Jetzt müsste es wieder nachlassen.
    Das tat es nicht.
    Es wurde stärker.
    Das Beben schüttelte die Jalousien so heftig, dass sie zu klappern begannen und von der Wand fielen. Es ließ die Fenster splittern und riss die Neonröhren herunter.
Es ließ die Wände wackeln und grapschte sich die Deckenverkleidung. Papierabfall, Akten, Stifte, Adressverzeichnisse, Hefter flogen durch die Luft. Schubladen und Aktenschränke sprangen auf. Computertastaturen und Monitore rutschten und fielen zu Boden. Stühle schossen auf ihren Rollen durch die Gegend.
    Mein Gott, das ist der Große Knall! Diesmal wirklich!
    Er fragte sich, ob sein letztes Stündlein geschlagen hatte.
    Du musst es durchstehen, sagte er sich. Es wird schon wieder aufhören.
    Aber es war nicht leicht, das durchzustehen. Der Büroboden bockte unter ihm und bäumte sich auf. Der Teppich schlug Wellen - sechzig Zentimeter hohe Brecher, die auf die Wand zurasten.
    Das gibt es doch nicht.
    Aber er sah sie mit eigenen Augen - die Bodenbrandung.
    Clint tänzelte und hielt die Balance.
    Es ist ein Wettbewerb, dachte er. Wer gibt zuerst nach, Erdbeben oder Gebäude?
    Wenn das Beben gewinnt, bin ich am Arsch.
    Er begann zum Treppenaufgang zu sprinten, die Knie hochgerissen, Arme über dem Kopf. Springen und Ausweichen.
    Nichts wie raus hier!
    Beim Rennen erinnerte er sich an all die Binsenweisheiten, die er die Jahre über von sich gegeben hatte. Seine Erdbebenwitze. Der Richterskalen-Humor. Sein Lieblingsspruch: »Es gibt keinen Grund, vor Erdbeben Angst zu haben. So ein Beben ist völlig harmlos und hat noch nie jemandem geschadet.« Kleine Kunstpause. »Es ist
der Scheiß, der dir auf den Kopf fällt , der dich umbringt.«
    Oder wenn man die Treppe runterstürzt, fiel es ihm
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