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Das Höllenbild

Das Höllenbild

Titel: Das Höllenbild
Autoren: Jason Dark
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Blut.
    Komisch auf der einen Seite, auf der anderen auch wundersam. Das Bild war einfach ein Ereignis, dessen Faszination sich die Terroristin nicht entziehen konnte.
    Es fiel ihr schwer, aber sie schaffte es, wieder zwei, drei Schritte zurückzutreten. Gern hätte sie die gesamte Breite des Gemäldes ausgeleuchtet, das allerdings war ihr nicht möglich, so mußte sie sich immer wieder auf einen Ausschnitt beschränken. Der Kreis wanderte über den erdbraunen Hintergrund. Arlene glaubte auf einmal, daß das Bild von einem römischen Künstler stammte und möglicherweise schon mehr als zweitausend Jahre alt war, wobei sich die Farben noch gut gehalten hatten.
    Ein kleines Wunder. Und ich habe es entdeckt, dachte Arlene. Nur bringt mir das nicht viel. Ich habe noch keinen Weg gefunden, hier aus dieser Unterwelt zu entwischen und…
    Etwas störte sie. Die Gedanken brachen ab. Sie hatte den Eindruck, daß sich jemand anderer dieser bemächtigt hatte, um sie zu einem bestimmten Ziel hinzuführen.
    Gedanken, die sie wegtragen wollten. Die sie auf einmal so leicht machten, als sollte sie über dem Boden schweben.
    Arlene Shannon schaute an sich hinab.
    Es stimmte! Sie stand nicht mehr mit beiden Füßen auf dem Boden, sie schwebte!
    ***
    Damit kam Arlene Shannon nicht zurecht. Es war ihr ein Rätsel, aber sie gestand sich ein, daß in dieser Höhle einiges nicht mit rechten Dingen zuging. Hier lief etwas ab, mit dem sie nicht zurechtkam. Das ging über ihren Verstand hinaus, und sie hörte sich selbst tief und fest stöhnen.
    Nein, das war unerklärlich!
    Nach wie vor hielt Arlene den Blick gesenkt, als wollte sie sich noch einmal davon überzeugen, daß sie tatsächlich keinen Kontakt mehr mit dem Boden hatte.
    Es stimmte, sie schwebte noch immer. Und sie veränderte ihre Kopfhaltung, weil sie irgend etwas zwang, sich wieder auf das breite Gemälde an der Wand zu konzentrieren.
    Da schwebte der junge Gott. Sie starrte in sein Gesicht. Sie sah den schon fast fraulich geschwungenen Mund.
    Huschte nicht ein Lächeln über die Lippen? Ein wissendes sogar? Die Frau stöhnte auf. Bisher hatte sie sich nicht als eine Gefangene gefühlt.
    Das war vorbei. Sie war gefangen. Sie lag sogar in Ketten, nur nicht in welchen, deren Glieder rasselten. Es waren geistige oder sogar mystische Ketten. »Das ist doch nicht zu fassen oder zu glauben!« flüsterte sie vor sich hin. »Damit komme ich nicht zurecht. Das ist Fantasy, keine Wirklichkeit mehr.«
    Arlene wollte die Botschaft nicht annehmen, dies aber war stärker. Schon längst befand sich die einsame Frau in ihrer Gewalt, was sie auch zu spüren bekam. Noch schwebte sie über dem Boden. Damit hatte sie sich beinahe abgefunden. Aber es ging weiter, denn die andere Kraft oder auch der Sog zerrte sie auf das Bild zu.
    Zuerst war die Terroristin dermaßen überrascht, daß sie es nicht richtig begriff. Als sie es gepackt hatte, schrie selbst sie auf. Sie streckte die Arme nach vorn. Eben wie jemand, der sich an einem Halt abstützen will, nur fand sie ihn nicht.
    Der einzige Halt war das Bild. Und der hatte sich verändert. Dieser Ausschnitt im Fels war zu einer anderen Welt geworden oder zu einem Tor, das jemand weit aufgestoßen hatte.
    Es holte sie.
    Die ausgestreckten Arme reichten nicht mehr aus. Die Hände berührten das Bild, doch sie glitten hinein, als wollten sie sich tief in das Mauerwerk versenken.
    Arlene holte Luft.
    Ihre Augen waren geweitet, und ein kühler Luftzug, der sich wie ein kleines Hindernis aufgebaut hatte, umwehte sie für einen winzigen Augenblick.
    Dann war er weg.
    Sie aber hatte die Grenze zwischen dem Bild und der Wirklichkeit übertreten. Sie war plötzlich ein Teil des Bildes! Sie sah den jungen Gott wie eine mächtige Figur über sich schweben.
    Sie konnte auch die Frau mit dem Kopftuch erkennen und in ihr bleiches Gesicht blicken, in dem sich nichts verändert hatte. Da bewegte sich kein Muskel, der Mund zuckte nicht, dieses Gesicht war und blieb einfach nur vorhanden.
    Wie auch der junge Gott.
    Jemand machte sich an ihren Beinen zu schaffen. Arlene kam nicht mal dazu, ihre Kleidung zu richten. Sie hatte es auch schwer, alles gedanklich nachzuvollziehen, aber sie merkte plötzlich, daß ihr ehemaliges Dasein verschwunden war.
    Jetzt war sie tatsächlich zu einem Teil des Bildes geworden. Sie gehörte zum Motiv. Eine andere Kraft zerrte an ihren Beinen, jemand drückte gegen ihre Schulter.
    Arlene Shannon sank vor der großen Götterfigur zusammen und
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