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Das Hexenkloster

Das Hexenkloster

Titel: Das Hexenkloster
Autoren: Jason Dark
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wusste nun, vor wem er Angst hatte.
    Die Frau war mit einem grünen Jogginganzug bekleidet. In einer Gegend wie dieser war es eine Tarnfarbe. Auf dem Kopf trug sie eine Kappe, deren Schirm nach hinten zeigte. So war die Farbe ihrer Haare nicht zu sehen, aber sie besaß dunkle Brauen, und die Augen darunter sandten einen sehr harten Blick ab.
    Kevin hatte seinen ersten Schreck überwunden. Nun machte er deutlich, dass er nicht mehr mit ihr zurück wollte, denn er klammerte sich an Ike’s Hüften fest.
    »Okay«, sagte Turner und lächelte. »Darf ich fragen, wo sie so plötzlich herkommen?«
    »Ich suche den Jungen.«
    »Das dachte ich mir. Sind Sie seine Mutter?«
    »Nein.«
    »Was sind Sie dann?«
    Die Frau war bisher recht freundlich gewesen. Aber diese Freundlichkeit entschwand, als sie zur Antwort scharf zischte: »Das geht Sie nichts an!«
    Ike Turner gehörte zu den toleranten Menschen, der jedem eine Chance gab. Aber er war auch jemand, der nachdenken konnte. Das feindliche Verhalten der Frau störte ihn. Wenn er ein Kind in deren Obhut gewesen wäre, dann hätte er vor ihr ebenfalls die Flucht ergriffen. Er spürte, dass der Griff des Jungen fester wurde. »Ich denke, dass mich das doch etwas angeht, und dass Sie mir einiges zu erklären haben.«
    »Das habe ich nicht.«
    »Ach ja? Sind Sie die Mutter?«
    »Nein.«
    »Dann möchte ich gern Ihre Ausrede hören!«
    »Das ist Marnie«, flüsterte der Junge voller Angst. »Das ist Marnie, und sie ist schlimm...«
    »Stimmt das?«, fragte Ike.
    »Ja, ich heiße Marnie. Aber das sollte Sie nichts angehen. Geben Sie mir den Jungen!«
    Ike stellte sich stur. »Ich denke nicht daran, verdammt! Aber ich kann Ihnen einen Vorschlag machen. Wir werden zu dritt zum nächsten Polizeibüro gehen und dort die Dinge klären. Damit könnte ich leben.«
    Marnie blieb ebenso stur wie Ike. »Sie begreifen nichts, gar nichts. Der Junge gehört mir!«
    »Beweisen Sie es!«
    Sie trat auf Turner zu. Dabei schaute sie Turner an, als wollte sie ihm hypnotisieren.
    Er bemerkte, dass sich ihr Blick verändert hatte. Da war etwas mit ihren Augen, auch mit ihrem Mund, der sich in die Breite zog.
    »He, was soll das?«, stieß Turner hervor.
    Marnie gab die Antwort auf ihre Weise. Vielleicht hätte Ike dem Schlag noch entgehen können, aber der junge hielt sich an ihm fest und schränkte ihn in seiner Bewegungsfreiheit ein. So hämmerte der Treffer direkt gegen seine Stirn, und als ihn die Handkante dort traf, hatte er das Gefühl, von einem glühenden Feuerschweif erwischt zu werden. Von einem Augenblick zum anderen zerplatzte in seinem Kopf alles, was er sich vorstellen konnte. Es gab kein Denken mehr, er schwebte ihm Nichts und merkte kaum, dass er fiel.
    Er sah auch nicht mehr, wie radikal Marnie vorging. Sie packte den jungen, hob ihn spielerisch leicht an und verpasste ihm zwei Ohrfeigen. »So, ich habe dich, und ich verspreche dir, dass du nie mehr fortlaufen wirst...«
    ***
    Irgendwann erwachte Ike Turner wieder. Vom Boden her erklang sein Stöhnen. Er öffnete die Augen, ohne viel sehen zu können, weil ein Schleier davor lag, und es kam ihm zugleich vor, als wäre sein Kopf um das Doppelte gewachsen.
    Da war eine Leere in seinem Gehirn. Das Denken war ausgeschaltet worden, und nur allmählich kehrte es zurück, während sich gleichzeitig der Nebel vor seinen Augen lichtete.
    Ike Turner lag noch immer dort, wo er auch zu Boden gegangen war. Ihm war der zeitliche Begriff momentan verloren gegangen, so hätte er nicht sagen können wie lange er weggetreten war. Er spürte nur, dass er anfing zu frieren und die Kälte allmählich durch seine Kleidung kroch.
    Er fühlte sich schwach, aber sein Gehirn fing wieder an zu arbeiten. Was war geschehen? Es war wichtig, sich zu erinnern. Er lag ja nicht grundlos hier auf dem Boden.
    Der Junge!
    Plötzlich wusste er wieder Bescheid. Himmel, er hatte ihn beschützen wollen, und dann war plötzlich diese Frau erschienen, deren Namen ihm im Moment nicht einfiel.
    Sie hatte ihn niedergeschlagen!
    Turner flüsterte etwas vor sich hin, was er selbst nicht verstand. Er merkte nur, dass die Kälte ihn noch mehr erfasste, und musste sich einfach bewegen.
    Dunkel war es noch nicht geworden. Über ihm hing der Himmel wie eine Platte, aber der Küstennebel war doch tiefer ins Landesinnere gekrochen und schickte bereits seine ersten weichen Schwaden in Ike’s Nähe.
    Der Mann setzte sich hin, und nur der folgende Schwinde] bereitete ihm Probleme.
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