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Das Hexenkloster

Das Hexenkloster

Titel: Das Hexenkloster
Autoren: Jason Dark
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die Kinder. So sehr er sich auch anstrengte, an den Jungen erinnerte er sich nicht. Handelte es sich vielleicht um ein fremdes Kind, das sich verlaufen hatte?
    Hier verlaufen? Im Winter. Zwar war dies keine schneereiche Gegend, aber bei diesen Temperaturen gab es auch keine Touristen, die Campingplätze bevölkerten. Turner ging davon aus, dass der Junge wirklich aus einer anderen Gegend stammte.
    Kevin gab ihm Rätsel auf. Allerdings spürte der Mann, dass der junge ein Geheimnis hatte. Sein Verhalten hatte darauf hingedeutet, dass er vor etwas weggelaufen war, und Ike fragte sich nach den Gründen.
    »Danke«, sagte Kevin.
    Ike bekam die Flasche zurück. Sie war halb leer.
    »Hat es dir geschmeckt?«, fragte er.
    Der Junge nickte.
    »Dann wollen wir jetzt an den Magen denken.« Ike hatte die Keksrolle bereits geöffnet, und er sah das Funkeln in den Augen des Jungen. Ein Zeichen wie groß der Hunger war. »Iss alle auf, ich habe schon gegessen.«
    »Danke.«
    »Willst du noch was trinken?«
    »Gern.«
    »Bitte sehr.« Kevin bekam die Flasche wieder zurück.
    Die Neugierde breitete sich bei Ike Turner immer stärker aus. Er war zudem ein guter Beobachter und stellte fest, dass der Junge eigentlich nie die Ruhe fand, die hätte sein müssen. Zwar aß und trank er, aber er schaute sich auch immer wieder um. Und das taten doch nur Menschen, die sich verfolgt fühlten.
    So lag der Gedanke nahe, dass jemand hinter Kevin her war oder bereits irgendwo in der Nähe lauerte.
    Natürlich lagen Ike Turner entsprechende Fragen auf der Zunge. Er stellte sie nicht, sondern wollte ab warten, bis sich Kevin satt gegessen hatte.
    Nach einer Weile war es so weit. Kevin ließ den Rest der Kekse sinken und übergab Turner die fast leere Flasche.
    »Na, geht es dir jetzt besser?«, fragte Ike.
    »Ja, echt.«
    »Das freut mich.« Turner packte die Sachen wieder in den Rucksack und schnallte ihn zu. »Ich frage mich, wie es jetzt weitergehen soll. Bei mir weiß ich das, bei dir nicht, und da könntest du mir sicherlich helfen.«
    Kevin konnte ihm nicht mehr ins Gesicht schauen. Er senkte den Kopf und murmelte: »Ich habe Angst...«
    Turner schwieg alarmiert. Er spürte einen Stich in der Brust, obwohl er damit gerechnet hatte. Aber er wollte nicht zu cool reagieren. Er lächelte sogar und meinte mit locker klingender Stimme: »Nein, Kevin, du brauchst keine Angst zu haben. Hier ist es zwar einsam, aber eine Gefahr droht nicht.«
    »Ich habe trotzdem Angst.«
    »Okay, warum?«
    »Weil man hinter mir her ist. Ich bin weggelaufen. Aber da darf niemand weglaufen. Das ist verboten, und jetzt sind sie hinter mir her und suchen mich.«
    »Wer sucht dich?«, fragte Ike leise.
    Kevin öffnete den Mund. Turner rechnete bereits mit einer Antwort, die das seltsame Verhalten des Jungen erklären würde. Doch im nächsten Moment senkte Kevin den Kopf und fing an, leise zu weinen. Er sprach nicht, sondern setzte sich ins Gras und weinte nur.
    Turner hatte zwar selbst keine Kinder – er lebte mit einer Partnerin zusammen, ohne verheiratet zu sein –, aber er war ein Mensch, der sich gut in andere Menschen hineinversetzen konnte, auch in Kinder. Jetzt war ihm klar, dass Kevin Trost brauchte, und so setzte er sich zu dem Jungen auf den Boden und nahm ihn in den Arm.
    »Wirklich, Kevin, du brauchst keine Angst zu haben«, versicherte Ike. »Ich bin bei dir, und ich kenne mich hier aus. Mach dir deswegen bitte keine Sorgen. Ist das okay?«
    »Ich habe aber Angst.«
    »Wovor?«
    »Ich bin weggelaufen.«
    »Ja, das habe ich schon gehört.« Ike gelang es, seine Ungeduld aus seiner Stimme herauszuhalten. »Aber wo bist du weggelaufen. Vielleicht von deinem Zuhause? Von deinen Eltern, mit denen du Streit gehabt hast? Ist das so?«
    »Nein, ich...«
    Und plötzlich war die fremde Frauenstimme da, ohne dass der Junge etwas hatte erklären können. Im Rücken der beiden klang sie auf und war sehr gut zu verstehen.
    »Ahhh, da ist ja unser kleiner Ausreißer!«, rief sie.
    Ike Turner konnte sich nicht daran erinnern, in der letzten Zeit so schnell aus der sitzenden Haltung hervor in die Höhe gekommen zu sein, jetzt fuhr er hoch, auch herum und starrte gegen die Gestalt einer ihm fremden Frau...
    ***
    Turner hatte ihr Kommen nicht gehört. Sie schien vom Himmel gefallen zu sein. Sie stand vor ihm wie ein Waldgeist und starrte ihm ins Gesicht. Ike benötigte einige Sekunden, um sich zu fangen. In der kurzen Zeitspanne hörte er den leisen Schrei des jungen und
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