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Das Hexenkloster

Das Hexenkloster

Titel: Das Hexenkloster
Autoren: Jason Dark
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hinter sich lassen müssen.
    Er tat nichts dergleichen, sondern schwankte nur leicht.
    Ike hörte ihn husten.
    Nach oben hatte der Junge noch keinen Blick gewandt. Dafür zu den Seiten hin, doch auch dort war nichts zu sehen, was ihm hätte gefährlich werden können. Für ihn schien die Flucht hier beendet zu sein. Falls es sich um eine Flucht handelte und nicht doch nur um ein Spiel, zu dem noch andere Kinder gehörten.
    Die waren weder zu hören noch zu sehen. Es war sowieso recht still. Nur wer gute Ohren besaß, hörte das leise Rauschen der Brandung. Der Nebel verschluckte die meisten Geräusche.
    Turner war neugierig geworden. Er fühlte sich auch als Hüter der Landschaft und wollte wissen, was der junge hier in der Einsamkeit verloren hatte.
    Er kletterte die Leiter hinunter und bemühte sich, so wenige Geräusche wie möglich abzugeben. Er achtete zugleich darauf, auf den glatten Sprossen nicht auszurutschen.
    Ike erreichte den Boden, ohne von dem Jungen gesehen worden zu sein. Der stand noch immer auf dem Fleck und schaute nach vorne, als wollte er den Nebel beobachten, der sich gesetzt hatte und sich nicht mehr weiterschob.
    Ike Turner blieb neben der Leiter stehen. Er wollte sich so nahe wie möglich an den Jungen anschleichen und sich erst dann melden. Es würde ihm bestimmt gelingen, wenn sich das Kind weiterhin so verhielt, wie es das bisher getan hatte.
    Der weiche Boden dämpfte die Schrittgeräusche. Altes Laub lag auch nicht herum, das beim Betreten geknirscht hätte, und so glitt er fast lautlos näher.
    Er hörte den Jungen atmen. Bekleidet war er mit einem grauen Pullover und einer grünen Hose. Okay, es war zwar nicht eisig kalt, aber eine gefütterte Jacke oder einen Mantel hätte Ike ihm schon gegönnt.
    Der Junge keuchte und wischte sich übers Gesicht. Er zog die Nase hoch und schien leise zu weinen. Strohblondes Haar bedeckte seinen Kopf, und von der Seite her sah der Mann die kleine Stupsnase.
    Erst als er sich dem Jungen bis auf drei Schritte genähert hatte, blieb er stehen.
    »Hallo...« Es war ein leises, ein weiches Ansprechen, denn Ike wollte das Kind auf keinen Fall erschrecken.
    Trotzdem fuhr der junge zusammen, fuhr herum und blickte Turner ins Gesicht.
    Die Starre hielt nicht lange bei ihm an. Er öffnete den Mund, und Ike ahnte, dass er einen Schrei ausstoßen wollte, denn in seinen hellen Augen hatte sich ein Ausdruck der Panik festgesetzt.
    Doch Turner war schneller. »Bitte, du brauchst keine Angst zu haben. Ich will dir nichts tun. Ich bin nur überrascht von deinem Auftauchen und möchte versuchen, dir zu helfen.«
    Der Junge schrie nicht. Aber er entspannte sich auch nicht, sondern blieb stehen, ohne sich zu bewegen. Er schien in eine regelrechte Starre gefallen zu sein, wobei er nur heftig durch den Mund ein- und ausatmete.
    »Ich möchte wirklich nur ein paar Worte mit dir sprechen. Ist das okay für dich?«
    Der Junge nickte.
    Ike Turner fiel ein Stein vom Herzen. Er lächelte, obwohl man das bei seinem Bart kaum sehen konnte und ging langsam auf den Kleinen zu. Vor ihm blieb er stehen und sagte: »Ich heiß übrigens Ike Turner und schaue mich hier ab und zu um. Ich arbeite nämlich für die Umweltbehörde, falls dir das etwas sagt.«
    Klar!, dachte Turner. Du bist ein Idiot. Woher soll der Junge das denn wissen? Er ist nicht älter als zehn Jahre, denke ich.
    »Hast du auch einen Namen?«, fragte er.
    Erneut nickte das Kind.
    »Und wie heißt du?«
    »Kevin«, lautete die leise Antwort.
    »Ah, der Name passt zu dir.«
    »Weiß nicht.«
    »Hast du Hunger oder Durst?«
    Kevin senkte den Kopf, als würde er sich schämen. Mit leiser Stimme gab er zu, beides zu haben.
    »Na, das ist doch ein Wort«, sagte Ike und ließ den Rucksack von seinem Rücken gleiten. »In dem Fall werden wir hier ein kleines Picknick machen. Wenn du frierst, habe ich für dich noch einen Pullover im Rucksack. Der wird dir zwar bis zu den Füßen reichen, aber uns sieht hier ja keiner.«
    Kevin lächelte.
    Zuerst packte Turner die Kekse aus. Danach holte er eine Wasserflasche hervor.
    »Saft habe ich nicht, aber das schmeckt auch, wenn man Durst hat. Du darfst zuerst trinken.« Er drehte den Verschluss auf.
    »Danke.« Kevin nahm die Flasche entgegen.
    Offenbar hatte er wirklich Durst. Turner schaute ihm zu, wie er beim ersten Schluck fast ein Drittel des Inhaltes leerte. Der Mann überlegte, ob er den Jungen schon mal gesehen hatte. Die Menschen in den umliegenden Dörfern kannte er alle, auch
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