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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel
Autoren: Claude Cueni
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entblößte, um ihn gleich wieder mit kostbaren Stoffen zu verhüllen. Es waren Kleider, die Madam vor langer Zeit einmal getragen hatte.
    »Du kannst in verschiedene Rollen schlüpfen«, dozierte Janine und kniff die Augen neckisch zusammen, so wie sie es immer tat, wenn sie John für sich gewinnen wollte, »du kannst den schmachtenden Jüngling spielen, den erfahrenen Kavalier, den abgebrühten Wüstling. Aber treibe es stets galant, mach es gut.« John atmete tief durch. Er konnte sich an Janines Körper nicht satt sehen, er war ihr verfallen. Janine nahm es mit einem koketten Lächeln zur Kenntnis und dozierte weiter: »Die Liebe ist ein Handwerk und kein Gefühl. Handwerk kann man lernen, Liebe täuscht man vor. Es gehört zum Handwerk.«
    Janine klebte sich eine Mouche auf das Kinn. John kannte dieses extravagante Accessoire bereits. Mouches waren künstliche schwarze Leberflecken in Form von Kreisen, Halbmonden.Tieren oder Symbolen. Sie verstärkten den Kontrast zur marmorweißen Haut der Damen, die kein Sonnenstrahl gebrandmarkt hatte, weil sie sich nicht wie die Feldarbeiterinnen in der prallen Sonne abrackern mussten. »Achte immer auf die Mouche, John, sie sagt mehr als tausend Worte. Klebt die Mouche am linken Auge, ist die Dame bereits vergeben und treu. Ist das Symbol jedoch ein Tier, so ist sie zwar treu, aber nur bedingt. Das bedeutet, dass du mit besonderem Einsatz ihren Rock erobern kannst. Erobern sollst.«
    Janine rückte das Busentuch zurecht und verdeckte so den Einschnitt zwischen ihren Brüsten. Dann nahm sie den Fächer in die Hand, fächerte dreimal hin und her und senkte den Fächer leicht in Johns Richtung.
    »Du willst es jetzt, sofort«, sagte John.
    »Nein«, sagte Janine gereizt, »ich habe mit dir Kontakt aufgenommen. Ich habe bemerkt, dass du mich die ganze Zeit beobachtest, und jetzt habe ich Kontakt aufgenommen.«
    Janine rückte ihr Halstuch zurecht. »Und jetzt?«, fragte sie.
    »Jetzt willst du es aber, sofort.«
    Janines Miene verfinsterte sich: »John, ich biete dir den Hals an. Du darfst dich der Dame nähern. Streng dich ein bisschen an. Ich weiß, dass du das beste Gedächtnis von Edinburgh hast.«
    John stand auf und näherte sich der jungen Frau. Er grinste bis über beide Ohren.
    »Jetzt kommt das Busentuch?« Janine hatte das Busentuch, das um Schultern und Nacken drapiert war, gelockert. Das Busentuch war für John das raffinierteste Hilfsmittel der weiblicher Koketterie überhaupt. Es verbarg, was man zeigen wollte. Es weckte die Neugierde und brachte einen schier um den Verstand. Janine wich einen Schritt zurück und klappte den Fächer zu, um ihn gleich darauf wieder aufklappen zu lassen. »Ich halte das nicht mehr aus. Janine«, flehte John. »Mir platzt der Schädel.«
    Janine wich nochmals einen Schritt zurück und wiederholte das Spiel mit dem Fächer: »Bitte, John, sei doch einmal vernünftig. Die Fächersprache ist die wichtigste Sprache in den Salons. Sie erlaubt die intimsten Zwiegespräche. Sie signalisiert Gefallen und Missfallen, die Einladung zur Annäherung und die Vereinbarung zum Rendezvous. Ich fordere dich jetzt gerade auf, mir zu folgen. Hast du die Uhrzeit erkannt, die ich dir mitgeteilt habe?«
    John riss sich ungestüm die Hose auf, während Janine den Fächer brüsk auseinander breitete wie das Rad eines Pfaus.
    »Jetzt weise ich dich ab«, lachte Janine.
    John packte den Fächer mit einer Hand und drückte ihn energisch zusammen. »Und jetzt begehrst du mich. Auf der Stelle. Der Fächer spricht eine unmissverständliche Sprache«, grinste John und sank vor Janine auf die Knie, um ihre Beine zu liebkosen, bis sein wilder Haarschopf unter Janines Rock verschwand.
    Janine taumelte zurück und stieß gegen Madams Kleiderkasten. »John«, seufzte sie, »gib den Damen in den Salons die Gelegenheit, ihr Taschentuch hervorzunehmen und daran zu riechen. Das Parfüm lässt sie erröten, und es sieht so aus, als seien sie unschuldige Mädchen, die noch nie an einer Orgie teilgenommen haben, da draußen in den Jagdschlössern vor den Toren von Paris.« Janine ließ sich zu Boden sinken und zog John sanft über sich.
    Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen. Der junge William Law stand da und starrte ungläubig auf seinen älteren Bruder, der sich widerwillig von Janine löste.
    »Unser kleiner Monsieur ist ja schlimmer als eine Küchenschabe. Eine Küchenschabe, die Treppen steigen und Türen öffnen kann.« John blickte seinen Bruder vorwurfsvoll
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