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Das Grab im Moor

Das Grab im Moor

Titel: Das Grab im Moor
Autoren: dtv
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mehr. Sie fasste sich an den Hals und fiel auf die Knie, genau vor Karl und seinen Freunden. Ihr Blick suchte seinen und für einen kurzen Moment war es, als würde sie alleine zu Karl sprechen.
    »Hilf . . . hilf mir . . .«
    Dann glitt Englas Blick nach oben an die Decke und nur das Weiß ihrer Augen war noch zu sehen. Sie sackte in sich zusammen und aus ihrer Kehle drang ein schwaches Gurgeln.
    Erschrocken sprang Karl auf, vereinzelt erklangen Schreie aus dem Publikum.
    »Ruft einen Notarzt! Schnell!«, rief die Rektorin.
    Für ein paar Sekunden wurde es still. Dann versuchten alle gleichzeitig, etwas zu unternehmen und die Leute drängelten sich durch die Reihen. Auch Karl sah sich suchend um. Mittlerweile war Doktor Ekwall auf die Bühne geeilt. Er hockte neben Engla und fühlte ihren Puls.
    Erst als er draußen im Foyer stand, bemerkte Karl, dass er seine Jacke vergessen hatte.
    Der Saal war jetzt fast menschenleer. Engla lag reglos auf der Bühne. Doktor Ekwall hatte endlich sein Handy herausgekramt und war hastig hinter den Kulissen verschwunden, um einen Krankenwagen zu rufen.
    Karl zögerte einen Augenblick. Ihm graute davor, zu Engla zurückzukehren, aber gleichzeitig war ihm klar, dass er unmöglich ohne Jacke nach Hause gehen konnte.
    Nun gut, es würde ja nur ein paar Sekunden dauern. Was sollte daran schon gefährlich sein? Schließlich lag doch nur ein kranker Mensch dort vorne auf der Bühne.
    Entschlossen huschte Karl in die erste Reihe und griff schnell nach seiner Jacke, sehr darum bemüht, Engla dabei nicht anzusehen.
    »Karl Dymling . . .«
    Die Stimme war nicht mehr als ein Wispern, aber Karl zuckte zusammen und drehte den Kopf nach ihr um. Mit starrem Blick sah Engla ihm direkt in die Augen.
    »Du . . .«, flüsterte sie. »Du bist es, der . . . Du musst helfen . . . Nur du kannst . . .«
    Im selben Moment kam Doktor Ekwall zurück. Kalt betrachtete er erst Karl und dann Engla, die auf einmal wieder reglos dalag. Misstrauisch verzog er das Gesicht.
    »Sag, Karl«, zischte er. »Wie kommt es nur, dass du immer da auftauchst, wo etwas schiefgeht? Findest du nicht auch, dass das ein bisschen merkwürdig ist?«
    Karl schnappte seine Jacke und eilte nach draußen.
    Noch immer drängelten sich die Leute im Foyer, die meisten wirkten aufgeregt. Von draußen hörte man die Sirenen des Krankenwagens.
    Karl war auf die Toilette gegangen, aber am Gemurmel erkannte er, dass Engla Forin aus dem Saal getragen wurde. Dieser Anfall war wirklich unheimlich gewesen – und dazu noch das, was gerade eben auf der Bühne passiert war. Karl war überzeugt davon, dass sie ihn angeschaut hatte. Und sie hatte ihn beim Namen genannt. Aber woher wusste sie, wer er war?
    Karl spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und versuchte, sich zu beruhigen. Es war doch logisch, dass Engla Forin um Hilfe gebeten hatte. Sie war schließlich ernstlich krank. Und er hatte eben einfach in ihrer Nähe gestanden. Er lächelte sich selbst tapfer im Spiegel zu, dann ging er zurück ins Foyer.
    Dort standen Sara und Großvater zusammen neben dem Tisch mit den Pfefferkuchen.
    »Sie vermuten, dass es ein Schlaganfall war«, sagte Sara bekümmert. »Der Krankenwagen ist sofort losgefahren, aber sie wissen nicht, ob . . .«
    Karl seufzte.
    »Kanntet ihr sie?«, fragte er. »Also, Engla?«
    Großvater schwieg.
    »Alle in Krabbsjögrund kannten Engla Forin – kennen, meine ich«, sagte Sara. »Sie war ja irgendwie schon immer da. Sie wohnt draußen im Moor. Am Klarsee. In einem uralten Häuschen.«
    In diesem Moment kam Doktor Ekwall zurück ins Theater. Er räusperte sich und ließ seinen Blick über das kleine Grüppchen schweifen, das noch übrig geblieben war.
    »Ja, ein wirklich bedauerlicher Vorfall. Aber jetzt ist Engla in guten Händen.«
    Dann schüttelte er den Kopf.
    »Ich breche sicher kein Arztgeheimnis, wenn ich erzähle, dass sie in letzter Zeit nicht mehr richtig sie selbst war. Ich meine, es ist ja allgemein bekannt, dass es ihr nicht immer leichtfiel, Fantasie und Wirklichkeit auseinanderzuhalten . . . Jetzt können wir nur das Beste hoffen . . .«
    Großvater knallte seinen Punschbecher auf den Tisch. Grimmig klopfte er Karl auf die Schulter und drehte sich ungeduldig in Richtung Ausgang.
    »Wir gehen . . .«

Kapitel 3

    Karl wollte seinen Großvater noch fragen, warum er sich im Theater so merkwürdig verhalten hatte, aber sowie sie ein Stück gegangen waren, war er wieder wie immer. Sie
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