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Das Grab im Moor

Das Grab im Moor

Titel: Das Grab im Moor
Autoren: dtv
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Großvater unterbrach sich. Für einen Augenblick schwieg er, bevor er unvermutet in Richtung Saal nickte. »Vielleicht sollten wir reingehen und uns setzen?«
    »Geh schon mal vor«, sagte Karl. »Ich habe Sara versprochen, dass ich auf sie warte.«
    Karl ließ seinen Blick durch den Raum wandern, aber er konnte Sara bisher nirgends entdecken. Also lehnte er sich an einen Pfeiler und biss in einen Pfefferkuchenmann mit roter Zuckerglasur, der bei näherer Betrachtung ganz schön grimmig aussah. Schnell biss Karl ihm den Kopf ab.
    Und während er den fiesen Pfefferkuchenmann aufaß, hörte er unvermittelt eine wohlbekannte Stimme, genau hinter dem Pfeiler. Eine Stimme, deren Klang ihm jedes Mal einen Schauer über den Rücken jagte. Doktor Ekwall.
    Doktor Ekwall war der Arzt von Krabbsjögrund. Karl konnte ihn nicht leiden, er war ihm unangenehm, fast unheimlich. Vor lauter Angst, dass Ekwall ihn entdecken könnte, wagte Karl es nicht, sich auch nur einen Millimeter zu rühren. Und so blieb er hinter dem Pfeiler verborgen und musste wohl oder übel das Gespräch mit anhören.
    »Sei nicht dumm, Engla«, sagte Ekwall scharf. »Wenn du etwas weißt, musst du es mir sagen!«
    Ganz vorsichtig drehte sich Karl ein kleines Stück, um zu sehen, mit wem der Doktor redete. Es war eine alte Frau. Sie trug ein blaues Kleid mit großen weißen Blumen darauf und ihr graues Haar hatte sie zu einem ordentlichen Dutt aufgesteckt.
    »Hier geht es nicht nur um dich und mich«, fuhr Doktor Ekwall fort. »Hier geht es um ganz Krabbsjögrund. Wir brauchen es, wir brauchen dringend Geld! Wenn du uns jetzt Steine in den Weg legst, wirst du das eines Tages bitter bereuen.«
    Obwohl Doktor Ekwall von dem Pfeiler verdeckt wurde, wusste Karl ganz genau, wie er jetzt aussah. Mit seinem blassen Gesicht und den kleinen, boshaften Augen. Aber diese Dame war nicht so leicht einzuschüchtern. Karl sah, wie ein Funken in ihren Augen aufflammte und wie sie ihre Schultern straffte.
    »Du weißt nicht, wovon du sprichst«, erwiderte sie mit eisiger Stimme. »Und du hast keine Ahnung, mit welchen Kräften ihr spielt. Von mir wirst du jedenfalls nie etwas erfahren.«
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging mit raschen Schritten zum Bühneneingang.
    »Engla, ich warne dich!«, rief Doktor Ekwall.
     
    »Wollen wir reingehen?«
    Sara war zurück und sah Karl fragend an. Aber auch Doktor Ekwall hatte sie gehört und drehte sich um. Sein Blick fiel geradewegs auf Karl. War ihm klar, dass er sein Gespräch mit angehört hatte?
    Karl schluckte und folgte Sara eilig in den Saal.

Kapitel 2

    »Karl! Sara! Wir haben euch Plätze frei gehalten!«
    Oskar und Sebastian, die beiden Jungs aus ihrer Klasse, standen vorne in der ersten Reihe und zeigten auf zwei leere Sitze.
    Auf der Bühne hatte sich inzwischen der Mittelstufenchor versammelt. Der Musiklehrer der Schule gab den Takt vor und die ersten Töne erklangen.
    Aufgeregt flüsterten Oskar und Sebastian miteinander, als Karl und Sara sich setzten.
    »Ich schwöre!«, raunte Sebastian gerade. »Es ist die Wahrheit!«
    Oskar verdrehte die Augen. »Glaubst du das etwa wirklich?«
    Er beugte sich zu Karl und Sara hinüber. »Sebastian erzählt Spukgeschichten.«
    »Welche denn?«, fragte Karl und warf Sebastian einen neugierigen Blick zu.
    »Die vom Cholerafriedhof oben im Moor. Da gibt es ein Grab, das . . .«
    Plötzlich bemerkte Sebastian, dass das Lied zu Ende war und viele Zuschauer ihn anstarrten.
    ». . . später mehr davon«, zischte er mit gesenktem Kopf.
    Karl hatte schon viele gruselige Geschichten über den Cholerafriedhof gehört, der am äußersten Rande von Krabbsjögrund lag, direkt am Moor. Ein schauriger Ort, an dem sich niemand freiwillig aufhielt.
     
    Das Gemurmel in den Sitzreihen verstummte, als die Schulleiterin Sonja Svärd die Bühne betrat. Nach einem kurzen Räuspern begrüßte sie die Schüler und hieß auch alle anderen herzlich im Bürgerhaus willkommen.
    »Heute soll sich nicht alles nur um den Ferienanfang und um Weihnachten drehen, sondern auch um Krabbsjögrunds 50 0-Jahr -Feier, die, wie wir alle wissen, im nächsten Jahr vor der Tür steht . . .«
    Vereinzelt ertönte Applaus aus dem Publikum. Man hatte schon viel vorbereitet und schon lange über dieses Jubiläum gesprochen. Es war das größte Ereignis, das in dieser Stadt seit langer Zeit stattfinden würde.
    »Das kommende Jahr wird ein ganz besonderes Jahr für Krabbsjögrund werden«, fuhr die Rektorin fort,
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