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Das Gold von Sparta

Das Gold von Sparta

Titel: Das Gold von Sparta
Autoren: Dieter Buehrig
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Klauen riesiger geflügelter Dinosaurier aus dem Wasser. In der vorangegangenen Woche war ein Sturm über die Halbinsel hinweggejagt und hatte Berge von abgebrochenen Ästen zurückgelassen, die an hastig errichtete Biberdämme erinnerten. Über ihnen erklang im Laubdach der Bäume eine Symphonie aus Vogelschreien, Insektensummen und schlagenden Flügeln. Gelegentlich identifizierte Sam, dessen Hobby Singvögel waren, ein Zwitschern und nannte Remi den Namen des Vogels. Dafür belohnte sie ihn jedes Mal mit einem Lächeln und sagte: »Das ist wirklich nett von dir.«
    Sam fand, dass ihm diese Übung dabei half, nach Gehör Klavier zu spielen, eine Technik, die er seiner Mutter abgeschaut hatte. Remi wiederum konnte ganz gut Violine spielen, was sie bei ihren regelmäßigen Stegreif-Duetten auch immer wieder bewies.
    Trotz seiner Ingenieursausbildung war Sam ein intuitiver Denker, der sich vorwiegend auf seine rechte Gehirnhälfte verließ, während Remi, eine am Boston College ausgebildete Anthropologin und Historikerin, eher die logischen Denkprozesse der linken Gehirnhälfte bevorzugte. Während diese Gegensätzlichkeit sie einerseits zu einem ausgeglichenen Paar machte, das liebenswürdig miteinander umging, führte sie andererseits zu heftigen Debatten zum Beispiel darüber, wodurch die englische Reformation ausgelöst worden war oder welcher Schauspieler James Bond am besten dargestellt habe oder wie Vivaldis Orchesterkomposition Sommer am besten interpretiert würde. Meistens endeten die Diskussionen mit schallendem Gelächter und einer weiterhin andauernden freundschaftlichen Uneinigkeit.
    Vornübergebeugt tastete Sam mit der Hand im Wasser herum, fuhr mit den Fingern über das Holz, bis er auf etwas Metallenes stieß – etwas mit einem u-förmigen Bogen und einem quadratischen Korpus.
    Ein Vorhängeschloss, dachte er, während Visionen von einer uralten, mit Muscheln bewachsenen Schließe durch seinen Kopf wirbelten. »Ich hab hier was«, verkündete er.
    Remi drehte sich zu ihm um und zog die ebenfalls mit Schlamm besudelten Arme aus dem Wasser.
    »Hah!« Sam zog es heraus. Während der Morast davon herabrutschte und mit einem leisen Platschen im Wasser versank, gewahrte er Rost und ein silbriges Funkeln, dann einige erhabene Buchstaben …
    M-A-S-T-E-R-L-O-C-K.
    »Und?«, fragte Remi mit unverhohlener Skepsis in der Stimme. Sie war schon an Sams manchmal verfrühte Begeisterung gewöhnt.
    »Meine Liebe, ich habe soeben ein echtes Master-Vorhängeschloss von circa 1970 gefunden«, erwiderte er, dann hievte er das Stück Holz, an dem das Schloss befestigt war, aus dem Wasser. »Mit dem Schloss sieht das Ding wie ein alter Türpfosten aus.« Er ließ seinen Fund wieder zurück ins Wasser fallen und richtete sich dann mit einem leisen Stöhnen auf.
    Remi lächelte ihn an. »Mein unerschütterlicher Schatzsucher. Immerhin ist es mehr, als ich gefunden habe.«
    Sam blickte auf seine Uhr, eine Timex Expedition, die er nur bei solchen Unternehmungen trug. »Sechs Uhr«, sagte er. »Sollen wir allmählich Feierabend machen?«
    Remi fuhr mit der zu einer Kelle gewölbten Hand über den gegenüberliegenden Unterarm, wischte eine Ladung Schlamm ab und lächelte ihn strahlend an. »Ich dachte schon, du würdest niemals fragen.«

    Sie sammelten ihr Gepäck ein und marschierten den knappen Kilometer zurück zu ihrem Boot, das sie an einem aus dem Erdboden ragenden Zypressenstumpf festgebunden hatten. Sam löste die Leine und schob das Boot vor sich her in tieferes Wasser, bis es ihm bis zur Taille reichte, während Remi wiederholt an der Starterleine des Motors zog. Hustend erwachte die Maschine zum Leben, und Sam kletterte ins Boot.
    Remi lenkte den Bug in den Kanal und gab Gas. Die nächste Stadt und ihre Operationsbasis war Snow Hill, fünf Kilometer den Pocomoke River hinauf. Die Frühstückspension, die sie ausgewählt hatten, verfügte über einen überraschend gediegenen Weinkeller und servierte eine Krabbensuppe, die Remi beim Abendessen am Tag zuvor in einen wahren kulinarischen Freudentaumel versetzt hatte.
    Schweigend glitten sie durch das Wasser, halb eingelullt vom leisen Blubbern des Motors, und blickten zum Blätterdach hinauf. Plötzlich wandte sich Sam auf seinem Sitz um und blickte nach rechts.
    »Remi, fahr mal langsamer.«
    Sie nahm das Gas zurück. »Was ist?«
    Er holte ein Fernglas aus seinem Rucksack und setzte es an die Augen. In fünfzig Metern Entfernung klaffte am Ufer eine Lücke im Laubwerk
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