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Das Gold von Sparta

Das Gold von Sparta

Titel: Das Gold von Sparta
Autoren: Dieter Buehrig
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Corner, der heute Reliance hieß, eine Pension betrieb.
    Martha Cannon lockte Reisende in ihr Etablissement, bewirtete sie und bot ihnen Unterkunft, bevor sie ihre Gäste dann nächtens ermordete. Sie schaffte die Leichen in den Keller des Hauses, nahm ihnen sämtliche Wertsachen ab und stapelte sie in einer Ecke wie Klafterholz auf, bis sie genügend Opfer gesammelt hatte, um diese mit einem Pferdewagen in einen Wald in der Nähe zu transportieren, wo sie sie dann verscharrte. So grässlich allein das schon war, sollte Martha Cannon später auch noch das gestehen, was viele als ihr abscheulichstes Verbrechen betrachteten.
    Martha Cannon richtete etwas ein, das viele einheimische Historiker eine umgekehrte Untergrundbahn getauft hatten. Sie fing befreite Sklaven aus den Südstaaten ab und sperrte sie gefesselt und geknebelt in den zahlreichen geheimen Räumen der Pension sowie in ihrem behelfsmäßigen Kellerverlies ein, ehe sie sie des Nachts nach Cannon’s Ferry brachte, wo sie verkauft und auf Schiffe geladen wurden, die dann Kurs auf die Sklavenmärkte Georgias nahmen.
    Im Jahr 1829 entdeckte ein Arbeiter, während er eins der Felder, die zu Martha Cannons Besitz gehörten, pflügte, mehrere halbverweste Leichen. Martha Cannon wurde in vier Fällen des Mordes angeklagt, für schuldig befunden und zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt. Vier Jahre später starb sie in ihrer Zelle an einer Arsenvergiftung, die sie – wovon die meisten überzeugt waren – selbst herbeigeführt hatte.
    In den darauffolgenden Jahren wurden Martha Cannons Verbrechen und ihr Tod zunehmend zu einem Mythos, der von der Behauptung, dass Martha Cannon aus dem Gefängnis ausgebrochen sei und noch bis weit in die neunziger Jahre gemordet und Raubzüge veranstaltet habe, bis zu Geschichten reichte, ihr Geist spuke noch immer auf der Delmarva-Halbinsel herum und lauere ahnungslosen Wanderern auf. Was die Leute jedoch niemals in Frage stellten, war, dass Martha Cannons Beute – von der sie Berichten zufolge nur einen Bruchteil verbraucht hatte – niemals gefunden worden war. Schätzungen zufolge belief sich der aktuelle Wert des Schatzes auf einen Betrag zwischen $ 100000 und $ 400000.
    Sam und Remi kannten die Legende von Patty Cannons Schatz natürlich, aber da ihnen zuverlässige Hinweise auf seine Existenz fehlten, hatten sie die Pläne für eine eventuelle Suche vorläufig noch im Ordner demnächst zu erledigender Projekte abgeheftet. Nach dem Auftauchen von Henrietta Bronsons Brosche und einem genauen Datum, an dem sie mit ihrer Suche beginnen konnten, hatten sie sich entschieden, die Herausforderung anzunehmen.
    Nach einer eingehenden Begutachtung der historischen Topografie des Pocomoke-Sumpfs und der Kartografisierung von Martha Cannons angeblichen Verstecken in Relation zum Fundort der Brosche engten sie ihren Suchbereich auf ein drei Quadratkilometer großes Gebiet ein, das sich zum größten Teil über das Sumpfgebiet erstreckte und aus einem Labyrinth von mit Moos bewucherten Zypressen und mit Büschen zugewachsenen Sumpflöchern bestand. Ihre Recherchen hatten ergeben, dass sich in diesem Gebiet, das um 1820 noch völlig trocken gewesen war, eines von Martha Cannons Geheimverstecken, eine baufällige Bretterbude, befand.
    Ihr Interesse für Martha Cannons Schatz hatte nichts mit seinem Geldwert zu tun – zumindest soweit es seine Verwendung für ihre eigenen Belange betraf. Als sie zum ersten Mal von der Geschichte erfuhren, waren sich Sam und Remi darin einig, dass – wenn sie jemals das Glück haben sollten, den Schatz zu finden – er zum größten Teil dem National Underground Railroad Freedom Center in Cincinnati gespendet werden würde, eine Ironie, von der sie sicher waren, dass sie Martha Cannon, wenn sie noch am Leben wäre, in rasende Wut versetzen würde. Oder dass sie, wenn sie ein wenig Glück hätten, wenigstens ihren Geist erzürnen würde.
    »Remi, wie ging noch mal dieses Gedicht? … Das über Martha Cannon, meine ich«, rief Sam. Remi hatte ein nahezu fotografisches Gedächtnis für Details, ganz gleich ob nebensächlich oder relevant.
    Sie überlegte kurz, dann zitierte sie:

    »Halt den Mund, Schlaf schnell ein.
    Old Patty Ridenour holt dich herein.
    Schnappt sich mit ihrer Bande
    Ganz gleich ob Sklave oder frei geboren.
    Reitet bei Tag und Nacht,
    Hat allen den Tod geschworen. «

    »Ja, das ist es«, erwiderte Sam.
    Um sie herum ragten die freiliegenden Wurzelstränge der Zypressen wie abgetrennte
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