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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Gerit Bertram
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keine andere Wahl gehabt, auch wenn in Hamburg kaum jemand wusste, welche Tätigkeit Baldo einmal ausgeübt hatte.
    Wenn er nur schon wieder daheim wäre! Sie konnte nachts nicht ruhig schlafen, wenn er auf Reisen war. Cristin durfte sich die Gefahren einer derart langen Reise nicht ausmalen. Obwohl Baldos Verletzung gut verheilt war, war die Kraft nie wieder vollständig in seine Muskeln zurückgekehrt. Cristin wusste, wenn das Wetter umschlug, litt er unter Schmerzen. Müde rieb sie sich übers Gesicht und entschied, noch ein wenig weiterzuarbeiten. Nur noch diese Wolle wollte sie spinnen, dann würde sie in ihre Kammer hinaufgehen, bevor ihr die Augen zufielen, ihr die Handspindel entglitt und auf dem Boden zerbrach.

2
    Lübeck
    D ie windschiefe Tür der Hütte öffnete sich knarzend. Alheyd, durchnässt von feinem Nieselregen, der schon seit den frühen Morgenstunden über Lübeck fiel, schob sich in den einzigen Raum der Hütte.
    »Mistwetter«, stieß sie hervor und schüttelte sich wie ein nasser Hund. Sie trat an die Strohmatratze und tätschelte der jungen Frau, die mit angezogenen Knien an der Bretterwand lehnte, den nackten Oberarm. »Und? War doch gar nicht so schlimm, oder?«
    Die andere würdigte die Hure keiner Antwort, sondern wandte den Kopf ab.
    »Wirst dich schon noch dran gewöhnen«, brummte die Hübschlerin. Sie griff nach dem Holzteller, auf dem ein paar Münzen lagen. »Drei Witten, das ist gut. Da kann ich gleich zum Markt gehen, um Brot und etwas Fisch zu kaufen.«
    Die junge Frau drehte sich um. »Kann ich das nicht machen?«
    Alheyd schüttelte den Kopf. »Kriegst noch Besuch. Ein feiner Herr. Hab ihn am Hafen getroffen und angesprochen. Leider bin ich nicht das, was er sucht. Bin ihm wohl zu alt. Da hab ich ihm von dir erzählt.« Sie lachte rau. »Er müsste bald da sein.«
    Hamburg
    Cristin saß am Webrahmen und arbeitete in der Werkstatt. Lump, der Hovawart der Familie Schimpf, lag zusammengerollt zu ihren Füßen, als die Glocke läutete. Der Hund sprang auf und bellte.
    Die junge Frau fuhr zusammen und hob den Kopf. Sie sah geradewegs auf ein Paar dreckverkrustete Stiefel. Erdklümpchen lösten sich bei jedem Schritt, als ihr ein Mann von kräftigem Wuchs entgegentrat. Sein Mantel wirkte abgetragen, schien aber von guter Qualität. Das wettergegerbte Gesicht des Besuchers verzog sich zu einem höflichen Lächeln. Er nahm seinen Hut ab.
    »Gott mit Euch! Habe ich die Ehre mit Agnes Schimpf?«
    Agnes. Ihr Herz schlug schneller gegen die Rippen. Woher kannte der Fremde diesen Namen? Es war nicht einmal ein Jahr her, dass sie sich so genannt hatte, immer auf der Hut und von ständiger Sorge erfüllt, eines Tages erkannt, verhaftet und den Lübecker Richteherren übergeben zu werden. Sie erhob sich und wischte die feuchten Hände an ihrem Gewand ab.
    »Ja, die bin ich«, antwortete sie. »Was führt Euch zu mir?« Der Geruch von feuchter Wolle und die Ausdünstungen von Pferden und Schweiß kitzelten sie in der Nase.
    »Gestattet mir, Euch eine Botschaft der Königlichen Hoheit Jadwiga von Polen zu überbringen«, erwiderte der Fremde in gebrochenem Deutsch.
    Unwillkürlich schnappte Cristin nach Luft und legte die Hand auf die Brust. Der Mann kam vom polnischen Königshof! Dort kannten sie viele nur unter dem Namen Agnes. Aus einer eingenähten Innentasche seines Mantels entnahm er einen Beutel, öffnete die Verschnürung und zog eine Pergamentrolle hervor. Sie war versiegelt.
    »Die Königliche Hoheit versicherte mir, Ihr wärt des Lesens mächtig?«
    »Ja, das bin ich«, brachte sie, immer noch aufgeregt, hervor.
    »Mit dieser Botschaft soll ich Euch Grüße vom Wawel und den Segen Gottes übermitteln. Die Königin hofft, Euch und Eurer Familie möge es gut ergehen.«
    Mit weit aufgerissenen Augen starrte Cristin auf das Pergament, das ihr der Bote entgegenhielt, und ergriff es. Freude wallte in ihr auf. Jadwiga hatte eigens einen Boten zu ihr geschickt. Es kribbelte ihr in den Fingern, am liebsten hätte sie die Rolle sofort geöffnet, um die Nachricht zu lesen. Doch die Höflichkeit gebot etwas anderes. Sie nahm eine kleine, von Baldo aus Kupfer gefertigte Glocke zur Hand, die sie stets neben dem Webstuhl stehen hatte, und läutete. Wenig später betrat Minna mit Elisabeth an der Hand die Werkstatt. Die Kleine riss sich von der Lohnarbeiterin los, lief ihrer Mutter in die Arme und setzte zu einem noch etwas undeutlichen Redeschwall an.
    »Moment, mein Schatz. Du kannst mir gleich
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