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Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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Schwierigkeiten für die Beteiligten. Und ich denke, es
wäre ganz einfach besser, mit ihm zu reden. Wenn er hört,
was ich zu sagen habe, ist alles okay. Zumal ich nichts verbrochen
habe.«
    Dóra
wäre am liebsten laut geworden, beließ es aber dabei,
zur Untermalung ihrer Worte leicht gegen die Wand zu trommeln.
»Der Fall wird nicht mehr lange in Guðnis Händen
sein. Leichen und Köpfe werden nicht von kleineren Wachen
betreut, Rhabarberdiebstähle {22 }kann er von mir aus auf
seine unorthodoxe Weise klären, aber hierbei geht’s um
was anderes. Wahrscheinlich wird die Kripo Reykjavík samt
Spurensicherung herangezogen, und du kannst davon ausgehen, dass
die ganz anders vorgehen werden als dieser Guðni.
Unabhängig davon, ob du etwas verbrochen hast oder nicht,
sieht es wesentlich besser für dich aus, wenn die Dinge ihren
korrekten Lauf nehmen. Bei einem informellen Verhör kann
Guðni im Nachhinein alles bezeugen, was du sagst. Und
Hjörtur kann als Zeuge auch noch alles bestätigen. Das
wäre vollkommen leichtsinnig.«
    »Verstehe«,
sagte Markús mit leiser Stimme.
    Dóra
atmete auf. Der Mann tat ihr leid, jegliche Überheblichkeit
war von ihm abgefallen. Offenbar hatte er im Keller einen Schock
erlitten, und Dóra glaubte ihm aufs Wort, dass er die drei
Leichen und den Kopf zum ersten Mal gesehen hatte. Bei dem
Durcheinander, das entstanden war, als sie Hjörtur gebeten
hatten, die Polizei zu rufen, war Dóra nicht dazu gekommen,
ihn nach den merkwürdigen Widersprüchen zu fragen.
Nachdem sie das entstellte Gesicht des abgetrennten Kopfes gesehen
hatte, das die Zunge herauszustrecken schien, hatte sie sich
plötzlich so beklommen gefühlt, dass sie unmöglich
im Keller mit Markús sprechen konnte. »Wie
wär’s, wenn du mir erklären würdest, warum du
unbedingt den Kopf aus dem Keller holen wolltest, von dem du
angeblich überhaupt nichts gewusst hast?« Sie
zögerte einen Moment und schaute Markús in die Augen.
»Wenn ich deine Version der Geschichte gehört habe,
warten wir, bis Hjörtur rauskommt, und gehen dann rein und
lassen Guðni entscheiden, ob er dich offiziell verhören
oder es denjenigen überlassen will, die den Fall
übernehmen.« 
    »Gut.«
Markús holte tief Luft.
    »Und
wenn ich etwas sage, dann bist du ruhig und lässt mich
ausreden. Ebenso, wenn ich dir empfehle, nicht zu
antworten.«
    »In
Ordnung.« Er lächelte sie zerknirscht an. »Wo
warst du eigentlich, als der große Rhabarberdiebstahl
aufgeflogen ist? Ich {23 }musste einen Monat lang jeden Abend im
Schulgarten Unkraut rupfen.«
    Dóra
erwiderte sein Lächeln. Sie schaute in alle Richtungen, um
sich zu vergewissern, dass keiner von Guðnis Untergebenen
zuhörte. »Und jetzt erzähl mir von dem
Kopf.«
    Guðni
lehnte sich im Stuhl zurück und zog das letzte Blatt aus einer
altmodischen elektrischen Schreibmaschine. Sorgfältig legte er
es auf den Stapel mit den anderen Blättern, nahm ihn in die
Hände, klopfte ihn gerade und legte ihn vor Dóra und
Markús auf den Schreibtisch. »Alles nach Vorschrift.
Lest es euch durch. Anschließend solltest du, Markús,
deine Aussage bestätigen, damit alle Formalitäten
erfüllt sind und deine Anwältin ruhig schlafen
kann.«
    Dóra
setzte ein Lächeln auf. Letztendlich war alles
zufriedenstellend verlaufen. Markús war zwar als
Verdächtiger verhört worden, aber angesichts der Sachlage
hatte man damit rechnen müssen. Das Wichtigste war, dass er
sich nicht noch mehr reingeritten hatte.
    Guðni
faltete die Hände und beugte sich vor. »Kurz
zusammengefasst habe ich Folgendes verstanden: Am späten Abend
des 22. Januar 1973 suchte dich Alda þorgeirsdóttir
auf und bat dich, eine kleine Kiste für sie verschwinden zu
lassen. Du warst in Alda verliebt – schließlich war sie
damals das hübscheste Mädchen auf der ganzen Insel
– und hast die Kiste daher ohne weitere Fragen an dich
genommen. Dann hast du sie in den Keller deines Elternhauses
gebracht. Du wolltest sie später besser verstecken. Dazu kam
es nicht mehr, denn in derselben Nacht brach der Vulkan aus. Du
wurdest von deinen Eltern geweckt, auf ein Schiff gebracht und
zusammen mit deiner Muter und deinem Bruder aufs Festland
evakuiert. Auf dem Schiff triffst du Alda wieder, die dich fragt,
was du mit der Kiste gemacht hast, und du erzählst es ihr. Die
Kiste bleibt bei der ganzen Aufregung im Keller zurück. Du
fragst Alda nicht nach dem Inhalt der Kiste, weil du ihr Vertrauen
{24 }nicht aufs Spiel setzen willst, wo
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