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Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)

Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)

Titel: Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
Autoren: Ree Drummond
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Städtchen, das aber nicht unbedingt ein Ort war, wo man sich aufbrezeln musste, nur um ein Glas Wein trinken zu gehen.
    Also wusch ich mir einfach das Gesicht, tuschte mir schnell die Wimpern schwarz – ein absolutes Muss für eine Frau mit roten Haaren, blasser Haut und hellen Augen – und befreite mein Haar aus dem schlaffen Pferdeschwanz. Dann schlüpfte ich in einen ausgeblichenen hellblauen Rollkragenpullover und meine zerrissene Lieblingsjeans, trug noch ein bisschen Lippenbalsam auf und rauschte aus der Tür. Schon eine Viertelstunde später befand ich mich in der Gesellschaft meiner alten Freunde und eines Glases Chardonnay und genoss das angesäuselte Gefühl, das nicht nur der erste Alkohol am Abend hervorruft, sondern auch die angenehme Vertrautheit, mit Menschen zusammen zu sein, die man schon seit Ewigkeiten kennt.
    Da sah ich ihn – einen Cowboy – am anderen Ende des Raums. Er war groß, kräftig und geheimnisvoll, trank Bier aus der Flasche, trug Jeans und, das fiel mir sofort ins Auge, Cowboystiefel. Und dann dieses Haar : Dieses Prachtstück von einem Kerl hatte sehr kurzes silbergraues Haar – viel zu grau für sein jung wirkendes Gesicht, aber gerade grau genug, dass ich sofort an Cary Grant in Der unsichtbare Dritte denken musste, und schon ging meine Phantasie mit mir durch. Lieber Himmel, was war das für eine Erscheinung, dieser verwegene Marlboro Man da hinten. Ich starrte ihn noch ein paar Minuten an, dann atmete ich tief durch und stand auf. Ich wollte unbedingt seine Hände sehen.
    Unauffällig schlenderte ich zur Bar, wo er an der Theke lehnte. Zur Tarnung stibitzte ich vier Kirschen von einem Tablett und legte sie auf eine Papierserviette. Heimlich schielte ich auf seine Hände. Sie waren groß und kräftig. Bingo.
    Ehe ich mich versah, waren wir mitten im Gespräch.
    Er war Rinderzüchter in vierter Generation und lebte auf einer Ranch, über eine Stunde von meiner kultivierten Heimatgemeinde entfernt. Sein Ururgroßvater war Ende des 19. Jahrhunderts aus Schottland eingewandert und im Lauf der Jahre bis in die Mitte des Landes vorgestoßen. Dort lernte er ein einheimisches Mädchen kennen, heiratete sie und wurde ein erfolgreicher Kaufmann. Seine Söhne waren die ersten in der Familie, die um die Jahrhundertwende Land erwarben und Rinder hielten, und ihre Nachkommen konnten sich schließlich in der gesamten Region als erfolgreiche Viehzüchter durchsetzen.
    Von alldem wusste ich natürlich nichts, als ich an jenem Abend in der Kneipe vor ihm stand, mit meinen spitzen, teuren Stiefeln von Donald Pliner scharrte und mich nervös umschaute. Zu Boden blickte. Zu meinen Freunden hinübersah. Mich zusammenriss, um nicht allzu offensichtlich in seine eisblau-grünen Augen zu starren oder, noch schlimmer, vor Begierde zu sabbern. Außerdem hatte ich an dem Abend noch viel zu erledigen: Prospekte studieren, meinen Lebenslauf erneut überarbeiten, meine geliebten schwarzen Pumps putzen, eine Pflegemaske auftragen, vielleicht zum tausendsten Mal mein West-Side-Story -Video gucken. Doch ehe ich mich versah, war eine Stunde vergangen, dann zwei. Wir redeten bis spät in die Nacht, und der Raum um uns herum verschwamm, so wie in der West Side Story , als Tony und Maria sich in der vollen Disco zum ersten Mal begegnen. Tonight, tonight, it all began tonight. I saw you and the world went away. Meine Freunde kicherten und tranken Wein an dem Tisch, an dem ich sie zurückgelassen hatte; sie merkten nicht, dass ihre rothaarige Freundin soeben vom Blitz getroffen worden war.
    Bevor ich innerlich zum zweiten Mal den Refrain des Liedes anstimmen konnte, verkündete plötzlich mein Tony – der geheimnisvolle Cowboy –, er müsse jetzt gehen. Gehen? , dachte ich. Wohin? Es gibt doch keinen anderen Ort auf dieser Erde als diese verrauchte Kneipe … oder? Für ihn offenbar schon: Sein Bruder und er wollten in ihrem kleinen Heimatort einen Weihnachtstruthahn für Bedürftige braten. Hmm. Nett ist er also auch noch , dachte ich und verspürte einen Stich.
    »Tschüs«, sagte er mit einem freundlichen Lächeln. Und damit stapfte er in seinen wunderbaren Stiefeln aus der J-Bar. Ich sah seiner dunkelblauen Wrangler hinterher, in der ein Körper steckte, der offenbar aus Granit gemeißelt war. Ich musste schlucken, hatte irgendwas im Hals und konnte trotz des Qualms in der Bar noch seinen Geruch wahrnehmen. Ich wusste nicht mal, wie er hieß. Hoffentlich nicht Billy Bob, wie alle Cowboys , dachte
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