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Das Glück mit dir (German Edition)

Das Glück mit dir (German Edition)

Titel: Das Glück mit dir (German Edition)
Autoren: Lily Tuck
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belassenen, von Banyanbäumen überwucherten Tempeln im Dschungel unterwegs sind …
    Sie spricht oft mit Philip über diese Reise.
    Ich würde gerne mit dem Schiff den Mekong hinauffahren, sagt Philip. Der Fluss ist mehr als 4000 Kilometer lang – es ist der längste in Südostasien – und entwässert ein Gebiet von 800000 Quadratkilometern, er führt 475 Kubikkilo …
    Wenn sie die Augen schließt, sieht sie sich selbst auf dem Deck des Schiffs, es zieht an geschäftigen jungen Männern vorbei, die am Ufer ihre Netze auswerfen, vorbei an dunkelhaarigen Frauen in farbenprächtigen Sarongs, die auf den Plattformen ihrer Holzhäuser sitzen und ihr würziges Mittagsmahl bereiten, vorbei an nackten Kindern, die herumplanschen und ihnen aus dem trüben braunen Wasser heraus zuwinken; gelegentlich treibt eine Plastiktüte vorbei, oder schlimmer, ein aufgedunsenes totes Tier.
    Sie schaut sich auf dem Schiff nach Philip um.
    Wo ist er?
    Sie darf nicht vergessen, einen Hut einzupacken.
    Mit dem Reiseführer fächelt sie sich Luft zu.
    Heiß.
    Zu ihrem neununddreißigsten Geburtstag schenkt Philip ihr einen breitkrempigen roten Strohhut.
    Rothaarige tragen eigentlich …, setzt sie an, aber er unterbricht sie.
    Rothaarige sollten immer rote Sachen tragen, sagt er.
    Auf dem Schreibtisch in seinem Büro steht ein gerahmtes Farbfoto, das sie im Bikini am Strand von Belle-Île zeigt; sie trägt den roten Hut.
    Ist das Ihre Frau?, fragen ihn sicher die Leute.
    Wann wurde das Foto gemacht? Wie lange ist das her?
    Und wo wurde es aufgenommen? Irgendwo im Ausland?
    Daneben steht ein neueres Foto von Louise. Ein förmliches Schwarzweißporträt.
    Meine Tochter Louise, sagt Philip.
    Wieder erhebt sie sich vom Bett.
    Was würde Philip sagen, wenn er sehen könnte, wie sie unsicher im Schlafzimmer umherwandert, angezogen wie ein Clown?
    Würde er lachen?
    Sie geht zum Fenster und öffnet es.
    Die kühle Luft tut ihrem Gesicht gut.
    Der Himmel ist voller Sterne – Nachtsterne, die sie nicht benennen kann.
    Philip kennt sie bestimmt.
    Sie stellt sich vor, wie Lorna durch den Weltraum schwebt.
    Worüber redet sie an jenem Abend beim Essen? Davon, dass wir Menschen aus demselben Grundstoff geschaffen sind wie das Universum, dass wir aus demselben Material bestehen wie die Sterne.
    Lorna isst ein Stück von dem gestürzten Ananaskuchen.
    Sie und Philip unterhalten sich über Einstein – über Einsteins Versuch, die Weltformel zu finden – und mitten im Satz unterbricht sich Philip und erzählt: Jemand hat mal zu Einstein gesagt, für einen Astronomen ist der Mensch nur ein nichtiges Pünktchen in einem unendlichen Universum.
    Und weißt du, was Einstein darauf antwortete?, fragt Philip.
    Lorna, den Mund voll Kuchen, schüttelt den Kopf.
    Das mag stimmen, aber das nichtige Pünktchen ist auch ein Astronom.
    Lorna lacht, wendet sich dann zu Nina und sagt: Der Kuchen ist köstlich. Gibst du mir das Rezept?
    Im Badezimmer vermeidet Nina den Blick in den Spiegel.
    Dann geht sie zurück und legt sich aufs Bett.
    Vorsichtig schließt sie die Augen.
    Bald wird es hell werden, der Morgen zieht herauf.
    Oft erzählt sie Philip gleich nach dem Aufwachen ihre Träume, bevor sie sie vergisst – lebhafte Träume, die keinen Sinn ergeben –, und seltener – er behauptet immer, er würde sie vergessen, sobald er die Augen aufschlägt – erzählt er ihr auch seine.
    Träume, sagt Philip, entstehen im Stammhirn und sind bedeutungslos, bis der oder die Träumende sie seiner Person anpasst.
    Nina ist anderer Meinung. Träume, sagt sie, sind Ausdruck unserer Wünsche.
    Letzte Nacht habe ich von einem Hund geträumt, erzählt ihm Nina. Einem großen schwarz-weißen Mischling, halb Schäferhund, halb irgendeine andere Rasse. Ich führte den Hund aus, als die Straße, die ich entlangging, eine mir entfernt bekannt vorkommende Straße – vertraut vielleicht deshalb, weil ich sie aus einem früheren Traum wiedererkannte – sich in eine riesige Müllhalde verwandelte und der Hund an der Leine zerrte und versuchte …
    Komisch, unterbricht sie Philip, jetzt erinnere ich mich. Ich habe gestern Nacht auch davon geträumt, einen Hund auszuführen. Meinen Hund, Natty Bumppo, glaube ich.
    Was hat der Hund denn gemacht?
    Ich weiß nicht. Ich kann mich nicht erinnern.
    Vielleicht hatten wir denselben Traum, sagt Nina.
    Vielleicht, antwortet Philip.
    Dr. Mayer drängt sie, ihre Träume aufzuschreiben.
    Einmal will Nina in einer Therapiesitzung Dr. Mayer von dem
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