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Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Titel: Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)
Autoren: Erin Kelly
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Erfahrung wusste, dass es eine gute Idee war, diese Theorie für mich zu behalten.
    Ich ließ den Ordner in den Posteingangskorb meiner Tutorin fallen, wo er mit einem zufriedenstellenden, dumpfen Aufprall landete. Draußen schien die Sonne. Ich war so lange in der Bibliothek gewesen, dass ich vergessen hatte, wie ein blauer Himmel aussah. Ich krempelte die Ärmel hoch, so weit es ging, und zum ersten Mal in diesem Jahr spürte ich die Sonne auf meiner Haut.
    Zu Hause warteten sie auf mich. Claire, Sarah und Emma saßen nebeneinander– zwei Paar Füße in Pantoffeln, eins in Socken– auf der Kante eines Sofas in hellem Cremeweiß, das mehr gekostet hatte, als ich im ganzen Jahr als Reisestipendien bekommen hatte. Sie hatten sich einen Film angesehen, aber die Pausentaste gedrückt, als sie meinen Schlüssel im Schloss hörten. Julia Roberts’ breites Lachen, durchquert von einem weißen, flackernd verkratzten Videostreifen, schwebte auf dem Bildschirm. Sarah hielt die Fernbedienung in der Hand und drehte sie hin und her. Ihre tyrannische Herrschaft über Fernsehen und Video war der einzige Missbrauch der Macht, die sie daraus bezog, dass ihrem Vater das Haus gehörte.
    Claire warf einen vielsagenden Blick auf meine Füße, und ich rannte zurück in die Diele und schleuderte die Schuhe weg. Ein Klumpen Kaugummi klebte an der Sohle des rechten. In einem kleinkarierten, lächerlichen und zutiefst befriedigenden Akt der Rebellion drückte ich ihn absichtlich in den Teppich.
    » Und warum sitzt ihr hier wie die drei weisen Affen?«, fragte ich, als ich zurückkam. Dann schlug ich mir an die Stirn. » Ich war doch wohl heute Abend nicht mit Kochen dran, oder?« Noch während ich fragte, wusste ich, dass es nicht so war. Wir hatten am Abend zuvor Tennis gespielt, und das bedeutete, dass Sarah heute an der Reihe war. Alle drei schüttelten den Kopf, und drei identische, glänzende Ponys schwangen hin und her wie blank polierte Helme.
    » Simon ist hier«, sagte Claire. » Er ist in deinem Zimmer.« Damit hatte ich nicht gerechnet. Donnerstags sahen Simon und ich uns nie. Die Mädels wichen meinem fragenden Blick aus und schauten in den Schoß. » Geh lieber hinauf.«
    Er blätterte in dem einzigen Buch in meinem Zimmer, das er vermutlich für männlich genug hielt, um es in die Hand zu nehmen: einer Biografie von John Lennon, die mein Dad dagelassen hatte, als er mich das letzte Mal besucht hatte. Als er mich sah, warf er es so schnell zur Seite, dass er unmöglich wirklich darin gelesen haben konnte.
    » Hallo, Karen«, sagte er. Wir küssten uns nicht. » Wie geht’s?«
    » Gut.« Ich schwang mich auf das Bett und zog seine Beine auf meinen Schoß. Ich wollte ihn in die Zehen kneifen, aber das überlegte ich mir, als ich sah, dass seine Socken schweißfeucht waren. » Das ist ja eine Überraschung.«
    » Ich sollte vielleicht gleich zur Sache kommen«, unterbrach er mich, und er klang wie der Managementberater, der er dann, glaube ich, geworden ist. Ich hatte schon gehört, wie er diese Stimme am Telefon benutzte oder wenn er im Restaurant– für uns beide– bestellte, aber noch nie im Gespräch mit mir. Er nahm seine Beine von meinem Schoß, und ich spürte das dumpfe Prickeln von Nadelspitzen.
    » Wir sind jetzt seit zwei Jahren zusammen.« Das war eine unbestreitbare Tatsache. » Und wir machen jetzt bald unser Examen.« Wieder machte er eine Pause. » Und ich finde, es ist Zeit, einen ganz neuen Anfang zu machen, bevor wir in unser Erwachsenenleben eintreten. In unser Berufsleben.«
    Die Titel der Bücher in meinem Regal zoomten vor und zurück. Ich wusste, was jetzt kam, und ich verspürte nur das wissenschaftliche Interesse der Linguistin an der Frage, wie er es wohl formulieren würde.
    » Ich finde, wir sollten uns nicht mehr sehen. Und zwar mit sofortiger Wirkung.« Er wartete darauf, dass ich die Stille ausfüllte, die jetzt eintrat. Ich dachte vierundzwanzig Stunden zurück und erinnerte mich an den unbehaglichen Sex in seinem knarrenden Bett in Fulham. Geistesabwesend hatte ich in den Rauputzschnörkeln an der Zimmerdecke nach den Konturen europäischer Länder gesucht, während er sich grunzend durch sein kurzes Repertoire arbeitete. Ich sinnierte über zwei Jahre voll endloser Sonntage mit Rugbyübertragungen im Pub, und ich empfand ein verrücktes kleines Flattern der Erleichterung, weil ich nun nie, nie wieder in einen Pub der Firkin-Kette würde gehen müssen.
    » Ist mir recht«, sagte ich.
    »
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