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Das Gewicht der Liebe

Das Gewicht der Liebe

Titel: Das Gewicht der Liebe
Autoren: Campbell Drusilla
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und starrte sie an?
    »Bist du böse auf mich, Mommy?« Sie saßen am Kartentisch und aßen Spaghetti.
    »Wieso? Was hast du angestellt?«
    Diese Reise zu ihrer Großmutter fühlte sich ungut an.
    »Iss jetzt. Lass mich nachdenken.« Mommy wirbelte mit der rechten Hand die Spaghetti um die Gabel, während sie in der linken Hand eine Zigarette hielt.
    Der Name ihrer Mutter war Ellen, und sie war hübscher als die meisten Moms im Fernsehen. Mrs. Edison sagte, sie habe Haare, für die man einen Mord begehen könnte. An den Wurzeln waren sie dunkelbraun wie Roxannes Haare, aber alle paar Wochen wusch Mommy ihre Haare mit ir gendeinem stinkenden Zeug, das aus einer Tube kam und eine silbrig gelbe Farbe zauberte. Sie trug ihr Haar in langen offenen Locken und sah aus wie einer von Charlies Engeln. Ihr Gesicht erinnerte Roxanne an die jungen Kätzchen in den Käfigen der Tierhandlung, wenn sie ihre Schnäuzchen gegen das Drahtgitter pressten und sie anmiauten. Roxanne würde am liebsten alle mit nach Hause nehmen, aber Mommy sagte, nur über ihre Leiche.
    Roxanne hasste es, wenn sie das sagte.
    »Und, bist du?«
    »Was bin ich?«
    Böse auf mich.
    »Du weißt schon.«
    »Nein, ich weiß nicht.«
    »Wie lange werden wir dort bleiben?«
    »Du meinst, wie lange du dort bleiben wirst. Ich bleibe keine Minute länger als nötig. Ich muss arbeiten, verstehst du.« Mommy arbeitete in einer Buick-Vertretung auf der berühmtesten Autohaus-Meile der USA , der National City Mile of Cars . Die Fernsehwerbung sagte immer, die Buick- Vertretung sei der größte Autohändler im Bezirk San Diego. »Mr. Brickman leiht mir einen guten Wagen.«
    »Werde ich dort schlafen?« Der Polarbär war jetzt kurz davor, sie zu verschlingen, und in ihrem Bauch lag etwas Schweres, das sich wie ein gewaltiger Berg aus tausend Eis würfeln anfühlte. »Ich will dort nicht schlafen. Ich will hierbleiben.« Ein Schlafzimmer, eine Küche mit genügend Platz für einen Tisch, ein Bad mit einem winzigen Fenster über der Wanne und ein mit einer Zwischenwand abgetrennter Vorbau im rückwärtigen Teil, wo Roxanne schlief. »Ich mag unser Haus.«
    »Du solltest mal deinen Kopf untersuchen lassen.«
    Mommy stellte ihren nackten Zeh auf das Pedal des Mülleimers, und der Deckel sprang auf und knallte klir rend gegen die Herdseite. Sie kippte den Großteil ihres Essens in den Müll. Mrs. Edison sagte, von dem wenigen, was Mommy esse, könne nicht mal ein Vögelchen überleben.
    »Und was, wenn sie mich nicht mag?«
    Roxannes Mutter seufzte, als hätte sie gerade einen Sack voller Steine abgestellt und den Befehl erhalten, einen neuen Sack zu schleppen. »Schau, ich weiß, dass du nicht dorthin willst, aber glaub mir, ich habe meine Gründe, und zwar sehr gute Gründe. Eines Tages wirst du mir dafür danken. Und jetzt werden wir nicht mehr darüber reden, das ist mein letztes Wort. Und ich möchte nicht, dass du mich auf Kosten deiner Großmutter anrufst und mir etwas vorheulst. Sie würde mich für diese Anrufe blechen lassen, und wie ich dir ja schon tausendmal gesagt habe, ohne dass du es endlich mal kapiert hättest, ich kann mir das Geld nicht aus den Rippen schneiden – schließlich bin ich nicht aus Geld gemacht.«
    Nach dem Essen schob Roxanne einen Schemel zum Spülbecken und füllte heißes Wasser in eine viereckige Plastikschüssel. Sie wusch zwei Teller und zwei Gabeln und den Spaghetti-Topf ab. Dann spülte sie ihr Glas, rieb mit Seifenlauge die Milchreste weg, spülte es erneut so heiß, wie sie es gerade noch aushalten konnte, und stellte es auf das Abtropfbrett. Während sie hantierte, dachte sie über die Worte ihrer Mutter nach. Manche Dinge, die Erwach sene sagten, waren ziemlich albern. Aber nicht alle. Eigentlich ging es darum, herauszufinden, wann Mommy meinte, was sie sagte, und wann nicht.
    Haare, für die man einen Mord begehen könnte .
    Ich bin nicht aus Geld gemacht .
    Roxanne wischte über die Arbeitsfläche und den Herd. Sie leerte den bis zum Rand gefüllten Aschenbecher, warf die Bierdosen in den Mülleimer und fegte den Küchenboden, sorgfältig darauf bedacht, den Besen auch in die Lücke zwischen dem Herd und dem Kühlschrank zu schieben, wo die fettigen Wollmäuse wohnten. Sie stellte sich Menschen mit Armen und Beinen aus Geldscheinen und Augen aus Münzen vor. Die Kinder hätten Indianergesichter wie auf dem Nickel, den sie einmal im Rinnstein gefunden hatte.
    Roxanne stellte den Zeitschalter am Herd auf eine Stunde ein, die
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