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Das Gestaendnis des Scheichs

Das Gestaendnis des Scheichs

Titel: Das Gestaendnis des Scheichs
Autoren: Barbara McMahon
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hier nach Einbruch der Dunkelheit noch nie jemandem begegnet. Wer mochte das sein? Ein Fremder, der die Gegend erkundete oder sogar einen Einbruch plante?
    Sie verwarf den Gedanken. Die Häuser gehörten den Superreichen von Quishari. An deren Wachpersonal und Sicherheitsvorkehrungen kam so schnell keiner vorbei. Deshalb hatte sie bei ihren nächtlichen Strandspaziergängen bisher auch keine Angst gehabt.
    Sie kannte ihre Nachbarn zwar nur vom Sehen, da sie selbst sehr zurückgezogen lebte. Gleichwohl war sie überzeugt, dass einer der Bediensteten vom großen Haus sie informiert hätte, falls Grund zur Sorge bestanden hätte.
    Sie hätte jetzt eine Begegnung mit dem Fremden vermeiden können, doch ihre Neugier gewann die Oberhand, und sie beschloss, im Wasser geradeaus weiterzugehen, ohne darauf zu achten, dass ihr Kleid, dessen Saum ihr bis zu den Waden reichte, nass wurde.
    „Ist es für eine Frau nicht zu gefährlich, hier allein in der Dunkelheit spazieren zu gehen?“, fragte der Mann, als sie nahe genug herangekommen war, um ihn zu verstehen.
    „Wohl nicht, wenn Sie mir nichts tun“, antwortete sie und ging unerschrocken auf ihn zu.
    „Wohnen Sie hier in der Nähe?“, erkundigte er sich.
    Sie stand nun fast vor ihm. Der Fremde, dessen Gesichtszüge in der Dunkelheit nicht zu erkennen waren, schien größer als Alexander zu sein. Allerdings konnte sie im Licht der Sterne ausmachen, dass er ein traditionelles weißes Gewand trug.
    „Ja, nicht weit von hier“, antwortete sie ausweichend. „Aber Sie sind nicht aus dieser Gegend, sonst wären wir uns sicher schon einmal begegnet.“
    „Ich halte mich nur vorübergehend hier auf.“ Er blickte wieder auf das glatte Meer hinaus. „Das hier ist wirklich ein Kontrast zu der Umgebung, in der ich mich in den vergangenen Wochen aufgehalten habe.“
    Ella sah ihn fragend an.
    „Ich war in der Wüste. Deshalb wollte ich sofort nach meiner Ankunft das Meer sehen, obwohl ich vierundzwanzig Stunden unterwegs war und eigentlich hundemüde bin. Trotzdem hatte ich vor, noch zu schwimmen.“
    „So allein im Dunkeln? Keiner würde es bemerken, falls Ihnen etwas zustieße.“ Auch Ella war schon allein nachts ins Meer gegangen. Kurz nach Alexanders Tod. Damals war ihr alles egal gewesen. Inzwischen war das Leben aber wieder lebenswert für sie, und sie würde kein unbedachtes Risiko mehr eingehen.
    „Sie sind doch hier“, sagte er.
    „Und Sie glauben, ich wäre in der Lage, Ihnen zu helfen, wenn Sie in Not geraten würden?“
    „Zumindest könnten Sie Hilfe holen“, erwiderte er, während er aus seinem Gewand schlüpfte und die Schuhe abstreifte, was Ella erschrocken verfolgte.
    Wollte er sich etwa ganz ausziehen?
    Doch wenige Sekunden später stürzte er sich schon ins kühle Nass, und kurz darauf sah sie ihn nicht mehr, sondern vernahm nur noch seine kräftigen Schwimmzüge.
    „Und ich bin hiermit zur Lebensretterin ernannt“, murmelte sie und setzte sich in den schneeweißen feinen Sand, der noch warm von der Hitze des Tages war. Sie ließ eine Handvoll durch ihre Finger rieseln. Dann blickte sie wieder in die Richtung, in der der Fremde verschwunden war. Am nächsten Tag werde ich vielleicht erfahren, wer er ist, dachte sie. Möglicherweise werde ich ihn aber auch nie mehr wiedersehen .
    Während sie aufs Meer hinaussah, verlor sie jedes Zeitgefühl. Er kam also aus der Wüste. Auch sie hatte vor einiger Zeit einen Ausflug dorthin gemacht, und die Schönheit der unendlichen Weite, die den Großteil des Landes ausmachte, hatte sie fasziniert. Trotz der lebensfeindlichen Umgebung gab es im Verborgenen Wunder wie die kleinen Blumen, die nach einem seltenen Regenguss nur für kurze Zeit erblühten. Die unterschiedlichsten Dünenformationen, die nur während der kurzen spektakulären Sonnenuntergänge in den unbeschreiblichsten Farben leuchteten, erinnerten sie an die Wellen im Meer. Begierig hatte Ella alles in sich aufgesogen und sich gewünscht, sie könnte das einzigartige Naturschauspiel in ihre eigene Arbeit einfließen lassen.
    Nach Beendigung ihres derzeitigen Projekts wollte sie damit beginnen. Sie sah die Form der Schale bereits vor sich. Es bedurfte dazu allerdings einer neuen Technik. Auch die Farbgebung war alles andere als einfach. Die Farben sollten wirbeln und eine Ahnung von flüchtiger und verlockender Schönheit erwecken.
    Wie immer, wenn sie in Gedanken bei ihrer Arbeit war, fiel jegliche Anspannung von ihr ab. Der warme Sand und das leise
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