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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors
Autoren: Lindsey Davis
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vermutlich aus dem Staub machen.
    Ich machte mich auch aus dem Staub und kehrte in die Kaserne zurück. Ich hätte zum Essen bleiben können. Der Geldsack, in dessen Haus Petro untergekommen war, hatte seine Sklaven dagelassen, wie es sich nach den Gastgeberregeln der Reichen gehörte. Sie servierten regelmäßige Mahlzeiten von ausgezeichneter Qualität, für die Petro nichts bezahlen musste. »Das Essen ist da, greift zu, lasst es nicht verkommen!«, drängte der Haushofmeister. Das brauchte er keinem zweimal zu sagen.
    Mir war das jedoch nicht vergönnt. Ich hoffte, dass Helena an diesem Abend eintreffen würde. Die Kaserne war kein Ort, an dem sich eine gut erzogene junge Dame allein würde aufhalten wollen.

III
    Ein Eselskarren stand vor dem Tor – Helena war bereits da.
    Sie war gerade eingetreten und hielt den Mantel fest um sich geschlungen. Ende Juli war es viel zu heiß für Mäntel, aber ehrbare Frauen haben die Pflicht, sich in der Öffentlichkeit unbehaglich zu fühlen. Die diensthabenden Jungs von der Sechsten Kohorte hätten sie nicht belästigt, doch es hieß sie auch niemand willkommen. Die Vigiles bestehen aus ehemaligen Sklaven, die ihre grauenhafte Arbeit als rasche Möglichkeit sehen, Bürgerrechte zu erwerben. Ihre Vorgesetzten sind Bürger, normalerweise ehemalige Legionäre, die jedoch nur selten anwesend sind.
    Helena sah sich in dem rechteckigen Innenhof mit den vielen im Schatten liegenden Eingängen um. Sie führten zu den Lagerräumen für die Gerätschaften, den nackten Zellen, in denen die Männer schliefen, und den Verhörräumen, wo geschickt Druck auf Zeugen ausgeübt wurde. Als schroffe Stimmen laut herausschallten, zuckte sie zusammen. Helena Justina war ein hochgewachsenes, beherztes Mädchen, das jeden Ärger durch Angabe ihrer Stellung als Senatorentochter abwehren konnte, doch sie zog es vor, Ärger von vornherein zu vermeiden. Ich hatte ihr ein paar Taktiken beigebracht. Sie verbarg ihre Nervosität, war aber froh, mich zu sehen.
    »Zum Glück schreien im Moment keine Verdächtigen vor Schmerzen«, neckte ich sie und spielte damit auf die Atmosphäre an, die über dem Hof hing, vor allem in der Dämmerung. Wir gingen in den Raum, den ich benutzt hatte, vorgeblich, um meine Sachen zu holen, in Wirklichkeit jedoch, um die Dame meines Herzens in Ruhe begrüßen zu können. Ich hatte sie seit einer Woche nicht gesehen. Da jeder, den ich kannte, schwor, sie würde mich eines Tages verlassen, musste ich meinen Gefühlen deutlich Ausdruck geben. Außerdem ließ ich mich gerne erregen, wenn Helena ihre Zuneigung zu mir zeigte.
    Selbst wir fühlten uns unbehaglich, dort zu turteln. Ich versprach ihr größere Entspannung in der Wohnung, die ich für uns gefunden hatte.
    »Wohnen wir nicht bei Lucius und Maia?« Helena hatte die beiden gern.
    »Wohl kaum. Petro hat sich von so einem verdammten Baulöwen eine schicke Villa geborgt.«
    »Was spricht dagegen?« Helena lächelte. Sie kannte mich.
    »Ich hasse Almosen.« Sie nickte. Ich wusste, auch sie zog für unsere Familie ein ruhiges Leben vor, ohne Verpflichtungen gegenüber einem Patron. In Rom läuft das meiste über Gefälligkeiten, doch wir beide hatten unseren Weg stets alleine gemacht. »Aber wir können bei ihnen kostenlos essen.« Selbst mein Edelmut hat Grenzen.

    In der pompösen Villa saßen Petro und Maia bereits beim Essen in einem der mit Fresken verzierten Speisezimmer ihres Gastgebers. Er hatte mehrere. Dieses wurde luftig gehalten durch Falttüren, momentan geöffnet zu einem kleinen Garten, in dem eine türkis geflieste Nische die Statue eines Meergottes beherbergte. Auf seiner Nautilusmuschel hing ein Kinderhut. Kleine Sandalen, Tiere aus Ton und ein selbstgebastelter Streitwagen lagen im Garten verstreut.
    Auf den großen, mit Kissen bedeckten Liegen wurde rasch für uns Platz gemacht. Maia warf uns einen berechnenden Blick zu, nachdem sie die Kinder umgesetzt hatte – Marius, Cloelia, Ancus und die kleine Rhea, im Alter zwischen zwölf und sechs, alle vier blitzsauber geschrubbt, und Petros stille Tochter Petronilla, die etwa zehn sein musste.
    »Bleibt ihr hier oder was?«, wollte meine Schwester wissen. Sie und ich stammten aus einer großen, lauten, streitsüchtigen Familie, deren Mitglieder sich alle Mühe gaben, einander aus dem Weg zu gehen.
    »Nein, wir haben eine Ferienwohnung gemietet, gleich auf der anderen Seite des Decumanus«, beruhigte ich sie.
    Maia wollte nicht, dass wir noch mehr Durcheinander
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