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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors
Autoren: Lindsey Davis
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uns, seine schmuddelige kleine Hand immer noch in der großen von Petronius. Wir gingen den Decumanus Maximus entlang. Ostia war ein langgestrecktes Habitat und hatte daher eine lange und sehr heiße Hauptstraße. Als eine Hauptroute für Handelsgüter war die Straße bereits verstopft von einer endlosen Karrenreihe auf dem Weg aus der Stadt, um bei Sonnenuntergang in Rom anzukommen, wenn die tagsüber geltende Sperre für Räderfahrzeuge endete.
    Wir bewegten uns gegen den Verkehr. Er rollte auf den Platz des Sieges und die Porta Romana zu. In unserer Richtung, weit vor uns und noch hinter dem Forum, lagen die Porta Marina und das offene Meer. Straßen zu unserer Linken führten durch Wohngebiete zur Porta Laurentina, dem Ausgang in die herrliche Landschaft, die unserem Ahnherrn Äneas ins Auge gefallen war. Kurze Straßen zur Rechten führten zum Tiber. Der Fluss würde von Booten und Fähren überquellen, alle unterwegs zu den Märkten und dem großen Emporium.
    Jenseits des Tibers lag eine weitere Straße nach Rom, auf der sich ebenfalls schwerbeladene Transportfahrzeuge drängten, bestimmt für die Goldene Stadt auf der Trans- Tiberim-Seite.
    »Du stammst nicht von hier«, forschte Petronius nach. »Wo bist du dann zu Hause, Zeno?« Zeno war beigebracht worden, sich dämlich oder blöd zu stellen. »Weit weg?« Diesmal brachte das Kind ein Nicken zustande. »Bist du auf einem Schiff hergekommen?« Zu spezifisch – Zeno versank wieder in Unbestimmtheit.
    Petro warf mir über Zenos Kopf einen Blick zu und hörte zu fragen auf. Wir würden besser vorankommen, nachdem wir gesehen hatten, ob die nicht ansprechbare Mutter von ihrem Ehemann oder Liebhaber misshandelt worden oder ob sie (weniger wahrscheinlich) nur im Schlaf durch eine natürlichere Krankheit dahingeschieden war.
    Wir kamen am Theater vorbei. Gegenüber der Statue des knickrigen Augustus befanden sich diverse alte Monumente und Versammlungsräume der Korporationen. Dahinter erhob sich ein Podium mit einer ordentlichen Reihe kleiner Tempel, vier an der Zahl und alle altmodisch im Stil, direkt vor der Zugangsstraße zu dem massiven, von Claudius erbauten Getreidespeicher. Bis zum Ende dieses Blocks blieben wir auf dem Decumanus Maximus. Dann bog der Junge nach rechts in Richtung des Flusses ab. Er blieb vor einem befestigten Torhaus stehen, aus einer Zeit, als Ostia viel kleiner und viel, viel älter gewesen war. Hierbei musste es sich um die Begrenzungsmauer der ursprünglichen Siedlung handeln. Sie stammte wahrscheinlich aus der Zeit der angeblichen Gründung des Hafens durch Ancus Martius, einem der traditionellen Könige Roms. Damals hatte man noch dauerhaft gebaut und massive Steinquader verwendet. Das behäbige Tor, überflüssig geworden, als sich die Stadt ausweitete, war inzwischen in Läden umgewandelt worden. Darüber gab es einige Räume, die an ausländische Gäste vermietet wurden.
    Petronius ließ Zeno bei mir, erkundigte sich in einem der Läden und stieg dann allein die Außentreppe hinauf. Ich setzte mich auf den Randstein neben das Kind, das widerspruchslos bei mir hocken blieb.
    »Wer hat dir gesagt, dass du Hilfe bei den Vigiles suchen sollst, Zeno?«, fragte ich leichthin, als wir die Füße vor einem schweren, mit Marmorblöcken beladenen Karren wegzogen.
    »Lygon hat gesagt: ›Wenn mal jemand nicht aufwacht, werden die Vigiles das wissen wollen.‹«
    Lygon wurde sofort zum Hauptverdächtigen. »Gehört er zur Familie?«
    »Mein Onkel.« Das Kind schaute verlegen. Es gibt solche und solche Onkel. Manche Onkel sind keine Verwandten, wie Kinder begreifen.
    »Wo ist der denn jetzt?«
    »In Geschäften unterwegs.«
    »Und was meinst du, wann er wiederkommt?«
    Zeno zuckte mit den Schultern. Was mich nicht überraschte.

    Petronius streckte den Kopf aus einem Fenster im obersten Stock. »Komm rauf, Falco.« Er klang verärgert, nicht wie ein Mann, der gerade eine häusliche Tragödie vorgefunden hat. »Du kannst den Jungen mitbringen.«
    »Klingt, als ginge es deiner Mutter gut, Zeno.« Wir stiegen hinauf.
    Im Torhaus befand sich ein Gewirr kleiner Räume, alle kühl gehalten durch die wuchtige Bauweise. Zeno wohnte in einem billigen Mietzimmer, ein einzelner stickiger Raum ohne Annehmlichkeiten. Die Mutter lag bewusstlos auf etwas, das als Bett durchging. Es gab nur das eine. Zeno musste entweder bei ihr oder auf dem Boden schlafen.
    Sie war ein dürres Knochengestell, wie wir schon vermutet hatten. Bekleidet war sie mit mehreren
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