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Das Geheimnis des Roten Ritters

Titel: Das Geheimnis des Roten Ritters
Autoren: dtv
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der Schenken abgestiegen. Oder aber es kann uns jemand sagen, wer der Herr ist.«
    Hagen schnürte den Beutel wieder zusammen. »Und wenn nicht?«
    Statt einer Antwort hob Johanna nur die Schultern.

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    In der Dorfschenke
    Das Dorf Oberau lag an der ersten Weggabelung der Hochstraße Richtung Süden. Es war ein unbedeutender Flecken, der nur aus
     niedrigen Lehmhäusern, einem Kirchlein aus Feldsteinen und einem ungepflasterten Marktplatz bestand.
    Aber es hatte sich mit grünen Zweigen und Fahnen herausgeputzt und in den von Schweinekot verdreckten Gassen wimmelte es dieser
     Tage nur so von Menschen. Seit Wochen zogen hier die Besucher des großen Festes durch, um auch ja rechtzeitig am Pfingstsonntag
     in Mainz zu sein.
    Und natürlich versuchten ihnen die Bauern und Handwerker zu verkaufen, was es nur zu verkaufen gab. Wein und Bier, halb vertrocknete
     Äpfel und Nüsse von der Ernte des letzten Jahres, Ziegenmilch, selbst gemachten Käse, Eier, tote und lebende Hühner, Gänse,
     Hasen und Fasane, allerlei Heilkräuter und duftende Essenzen, Gürtel und Schuhe, Hauben, Tücher, Messer und Schmuck.
    Hagen und Johanna hatten am Brunnen ihrenDurst gestillt. Nun schauten sie sehnsüchtig zu, wie auf dem Marktplatz eine Ziege über dem Feuer geröstet wurde.
    Dazu schmerzten Johanna die Arme. Sie hielt den Lederbeutel in den Falten ihres grauen Gewandes verborgen und von Minute zu
     Minute wurde er schwerer.
    »Johanna«, flüsterte Hagen. »Lass uns in die Schenke gehen und Suppe und Brot bestellen. Wenn wir eine einzige der Münzen
     ausgeben, so wird es noch kein richtiger Diebstahl sein.«
    Johanna nickte. Wie sollten sie den Besitzer des Geldes finden, wenn sie vorher vor Hunger tot umfielen?
    »Und ein Bier werden wir uns wohl auch gönnen dürfen«, antwortete sie und stieß mutig die Holztür auf. Dabei klopfte ihr das
     Herz bis zum Hals. Zum ersten Mal betraten sie allein ein Wirtshaus.
    In der düsteren Schenke schob der Wirt ihnen das Essen hin, ohne groß Fragen zu stellen. In diesen Tagen war so viel Volk
     unterwegs, da kümmerte es ihn nicht, zwei Kinder allein in der Gaststube zu sehen.
    »Verzeihung, bitte   …« Hagen bemühte sich, den Wirt, der es eilig hatte, aufzuhalten. »Kennt Ihr einen edlen Herren im roten Umhang?«, fragte
     er.

    »Er reitet einen Rappen und sein Wappen sind zwei gekreuzte Schwerter.«
    Der Wirt warf Hagen einen schnellen Blick zu. »Warum willst du das wissen, Bürschchen?«, fragte er zurück.
    »Ich will ihm   …« Hagen zuckte zusammen. Johanna hatte ihn unter dem Tisch gegen das Schienbein getreten. »Ich will ihn fragen, ob er für
     uns ein Päckchen nach Mainz mitnehmen kann«, beendete er seinen Satz geistesgegenwärtig. »Er ist doch unterwegs nach Mainz,
     oder?«
    Jetzt musterte der Wirt Hagen und Johanna mit sichtlichem Misstrauen. »Kann schon sein«, murmelte er. »Woher kommt ihr zwei
     eigentlich?«
    »Von der Hasenkuppe«, antwortete Johanna.
    Der Wirt hob die Augenbrauen. »Von der Hasenkuppe? Über die Hochstraße? Da habt ihr aber Glück gehabt, dass ihr da noch durchgekommen
     seid.«
    Die Kinder sahen ihn fragend an.
    »Der Weg ist durch einen gewaltigen Steinschlag versperrt«, fuhr der Wirt fort. »Da kommt zurzeit keine Maus durch. Gleich
     brechen ein paar Männer auf, um die Straße frei zu räumen.«
    »Danke für Eure Auskunft, Herr Wirt«, sagte Hagen höflich und beugte sich über seine Rübensuppe.
    Als der Wirt gegangen war, flüsterte er seiner Schwester zu: »Deshalb war auf der Straße niemand unterwegs. Der rote Reiter
     wird gerade noch vor dem Steinschlag vorbeigekommen sein.«
    Johanna grinste. »Vater ist bestimmt nicht mehr durchgekommen. Jetzt haben wir einen wirklichen Vorsprung vor ihm und Waldemar.«
    Hagen wischte die Holzschüssel mit einem Rest Brot aus. »Was meinst du mit Vorsprung?«, fragte er.
    Johanna klopfte sich auf den Bauch und rülpste zufrieden. Mit warmem Essen im Magen sah die Welt doch gleich freundlicher
     aus. »Na, was wohl?«, gab sie zurück. »Wir gehen nach Mainz! Wir müssen doch den Edelmann finden. Da bleibt uns doch gar nichts
     anderes übrig, oder nicht? Und wenn wir dann zufällig eines der großen Turniere sehen sollten   …«
    Hagen runzelte die Stirn. »Aber es ist sicher noch einen Tagesritt bis nach Mainz. Zu Fuß sind wir eine Ewigkeit unterwegs.
     Der rote Reiter ist dann vielleicht schon längst weg und das Fest   …«
    »Wir werden nicht zu Fuß gehen«, unterbrach
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