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Das Geheimnis des Roten Ritters

Titel: Das Geheimnis des Roten Ritters
Autoren: dtv
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bringen. Dafür sah das Gesetz die »peinliche Befragung« vor – man sagte auch Folter dazu, und das konnte sehr,
     sehr schmerzhaft sein.
    Doch Hagen und Johanna verschwendeten keinenGedanken daran, was mit Dietrich passieren würde. In der Abgeschiedenheit von Burg Felsenstein hatten sie solche grausigen
     Schauspiele wie das öffentliche Aufknüpfen am Galgen noch nicht erlebt.
    Die Zwillinge mussten die ganze Geschichte von Anfang an erzählen. Ihren Ausflug zur Hochstraße, den Fund des Geldbeutels,
     die Begegnung mit Dietrich in der Schenke. Dann berichtete Johanna von der Suche nach Waldemar in der Zeltstadt. Und Waldemar
     erzählte, wie er gerade in dem Moment im Zimmer des Abts auftauchte, als der Ritter den ehrwürdigen Mönch bedrohte.
    »Er hat tapfer gegen Dietrich gekämpft«, sagte der Abt zu Hagen und Johanna. »Aber er hatte keine Chance gegen den Ritter.
     Als ihr zur Tür hereingeplatzt seid, lag er bereits ohnmächtig hinter meinem Schreibtisch.«
    »Wenn du Dietrich nicht aufgehalten hättest, wären wir wohl zu spät gekommen«, meinte Hagen.
    Waldemar klopfte ihm auf die Schulter. »Wenn du nicht so mutig gewesen wärst, hätte es schlimm für den Abt ausgesehen«, sagte
     der Knappe.
    Der Abt lächelte. »Und wenn unser Georg nicht schon Bekanntschaft mit der Arrestzelle gemacht hätte, wäre Dietrich wohl längst
     über alle Berge.«
    Jetzt musste auch Hagen lachen. »Ja, und wenn Johanna nicht so neugierig gewesen wäre, dann hätte niemand erfahren, wer den
     Bischof erschlagen hat.«
    Ritter Karl machte ein strenges Gesicht. »Nun«, sagte er. »Über euren Ausflug müssen wir allerdings noch reden. Ich werde   …«
    »…   sicherlich Gnade vor Recht ergehen lassen«, unterbrach ihn der Abt. »Ich denke, anlässlich des großen Festes, das morgen beginnt,
     ist ein bisschen Milde angebracht.«
    »Ich werde   …«, fuhr Ritter Karl fort, »…   mir etwas ausdenken, wenn wir alle vom Fest zurück sind.«
    Hagen und Johanna machten große Augen. »Wir alle?«, rief Johanna. »Heißt das, wir dürfen mit nach Mainz und bei der Schwertleite
     zuschauen?«
    »Ich werde sehen, was ich machen kann«, antwortete ihr Vater. »Bei den Turnieren dürft ihr auf jeden Fall zuschauen. Ihr habt
     Mut und Klugheit bewiesen, meine Kinder. Mehr, als ich euch zugetraut hätte.« Ritter Karl ließ seinen Blick auf Hagen ruhen.
     »Ich will euch gerne einen Wunsch erfüllen.«
    Hagen seufzte. Er sah von Ritter Karl zum Abt und vom Abt wieder zu Ritter Karl. »Ich freue mich auf die Turniere, Vater«,
     sagte er. »Wirklich. Aber ich habe einen noch viel größeren Wunsch.«
    Ritter Karl räusperte sich. »Nun, mein Sohn«, sagte er. »Die Ausbildung zum Ritter beginnt normalerweise   …«
    Da platzte Johanna dazwischen. »Er will hierbleiben, Vater! Er will Lesen und Schreiben lernen.« Sie sah zu ihrem Bruder hinüber.
     »Das ist es doch, was du willst. Hab ich recht, Hagen?«
    Hagen schluckte. Ja, wie schon so oft hatte Johanna seine Gedanken erraten. Wie gerne würde er hier im Kloster bleiben und
     zusammen mit Georg all das Wissen entdecken, das die Mönche in diesen Mauern verbargen.
    Er sah seinen Vater bittend an. Und Ritter Karl zögerte nur einen kurzen Moment, bis er nickte.
    Der Abt legte Hagen den Arm um die Schulter. »Uns bist du sehr willkommen, mein Junge.«
    Hagen strahlte. Doch Johanna wurde das Herz schwer, obwohl sie sich für ihren Bruder freute.
    Diesmal wusste Hagen, was in seiner Schwester vorging. Er stupste sie mit dem Ellenbogen an. »Du bleibst ja nicht allein auf
     der Burg zurück, Johanna«, sagte er und zwinkerte ihr zu. »Waldemar ist doch eigentlich gar nicht so ein Hanswurst, wie wir
     gedacht haben, oder?«
    Waldemar lachte unbekümmert. Und jetzt wurdeJohanna rot. Ja, Vaters Knappe war kein so übler Bursche.

    Waldemar stand auf und machte eine kleine Verbeugung vor Johanna und grinste. »Edles Fräulein, darf ich Euch zum Hoffest des
     Kaisers, Friedrichs des Zweiten, Barbarossa, geleiten? Meiner Minne sollet Ihr auf ewig sicher sein, so wahr ich Waldemar
     von Waldenburg heiße.«
    Nun lachte auch Johanna. Liebesschwüre von Waldemar – das hätte sie sich vor ein paar Tagen ganz sicher nicht angehört. Womöglich
     entwickelte sich Waldemar noch zum Minnesänger und sang ihr zum Klang der Laute von Liebe und Treue bis in den Tod. Da konnte
     er sich ja gleich morgen auf dem Fest neben den berühmten Friedrich von Hausen stellen, der für die
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