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Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)

Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)
Autoren: Dieter Nuhr
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aufgeben? Sie erschienen immer wieder, ohne dass ich Ihnen jemals Anlass gab, an eine erfolgreiche Missionierung zu glauben. Im Gegenteil! Meine Theorie, die Benutzung unserer Geschlechtsteile sei göttlicher Wille, denn alle Lust wolle Ewigkeit, kam an der Tür nie gut an. Und als ich die beiden einmal hereinbat, um ihnen die Theorie im Einzelnen zu erläutern, war die Ablehnung derart entschieden, dass ich glaubte, ich hätte diebeiden argumentativ allzu sehr in die Enge getrieben. Dennoch kamen sie wieder. Bis vor kurzem. Vielleicht haben sie ihrem Glauben abgeschworen, haben sich tätowieren lassen und hören Punkmusik der Siebzigerjahre.
    Ich habe die beiden Gläubigen (Warum gibt es keine spezielle weibliche Form von Gläubigen? Ich würde „Gläubiginnen“ vorschlagen. Die Kirchen sind voll mit alten Mütterchen) immer sehr bewundert. Ihre Überzeugung, die aller Logik und jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnis widersprach, beruhte auf nichts außer stumpfsinnigem Beharren auf dem für jeden Nichtwahnsinnigen völlig offensichtlich Abwegigen. Das ist eine Leistung! Auch Einstein gründete seine Weltsicht auf dem Nichtsichtbaren, hatte aber wenigstens die Mathematik auf seiner Seite.
    Die Religiösen haben nichts außer ihren heiligen Büchern, die alle dasselbe behaupten, nämlich dass sie heilig sind und dass nur sie heilig sind und dass alle anderen Bücher, die behaupten, heilig zu sein, falsch sind und in die Hölle führen. Sich eines dieser Bücher auszusuchen und fortan zu behaupten, dass alle anderen Unrecht haben, dieses eine aber von Gott sei, und dann in Folge an den offenbaren Unsinn dieser unbegründeten Behauptung zu glauben ist für einen denkenden Menschen allemal schwieriger, als eine Relativitätstheorie zu schreiben, die die Beschaffenheit von Raum und Zeit in Frage stellt.
    Man muss den Schreibern der heiligen Bücher zugutehalten, dass sie schrieben, bevor Google das Wissen der Welt vergesellschaftete. Als die Apostel unsere Bibel formulierten, mussten Sie glauben, was man sich so erzählte. Das war das Internet von damals. Daten wurden von Tür zu Tür weitergegeben.
    An den Pforten gab es noch nicht einmal Klingeln, die den Überbringern der Botschaften bei der Kontaktaufnahme behilflich gewesen wären, beim Einloggen ins Netz der interpersonalen analogen Kommunikation. Erst recht gab es keine Sprechanlagen, geschweige denn Videoüberwachung. Man trat auf die Katze, um auf sich aufmerksam zu machen, denn Haustiere galten damals noch als seelenlose Sache. Wer fremd war, schlug einfach die Tür ein, brannte alles nieder und nahm ausschließlich jene Frauen mit, die noch zu gebrauchen waren, dann sprach er ein Gebet, pries den Herrn und ging seines frommen Weges. So ging es zu! Wir leben heute in einer guten Zeit.
    07 33
Dennoch! Auch heute ist nicht alles eitel Sonnenschein! Oft bin ich verunsichert und grüble. So viele offene Fragen! Selbst in unserer von Wissenschaft und Journalismus aufgeklärten Zeit bleiben noch zahllose Rätsel: Warum kriegt ein Specht beim Hämmern keine Kopfschmerzen? Ich habe im Deutschlandfunk gehört, dass sich Wissenschaftler mit diesem biologischen Spezialproblem auseinandersetzen. Weiter so! Es geht voran!
    Es gibt noch viel zu lernen auf dieser Welt. Ist die reale Welt nur ein fehlerhafter Spiegel meiner Fantasien? Oder gibt es das alles da draußen wirklich, Materie, Schwerkraft, Übergewicht? Ist die Natur eine Art Perpetuum mobile, sich selbst erneuernd und entwickelnd? Oder braucht sie Pflege? Benzinvertikutierer? Motorsensen? Und elektrische Rasenkantenscheren? Ganz zu schweigen von neuen Modellen mit Mulcheinsatz, bei denen „durch die propellerartige Saugbewegung der Messer das Schnittgut noch im Korpus des Mähers gehäckselt wird und als feines Material wieder auf den Boden fällt“. So verspricht es zumindest der Hersteller.
    Wer ist überhaupt dieser Hersteller? Und wenn er das Sein in sieben Tagen schuf, wo wohnte er vorher? Was war vor der Ewigkeit? Unsere religiösen Vorstellungen sind häufig reichlich naiv. Kann es ein Paradies geben, einen Ort, an dem nur Gutes ist? Und was bedeutet das: „nur Gutes“? Machen dort die Schokoriegel schlank? Wenn immer gutes Wetter ist, werden sich nicht einzelne Bewohner Regen wünschen? Oder bekommt jeder sein eigenes Wetter? Hat jeder alles, ein Flugzeug, einen Garten, einen Bestand an Mätressen? Und ist das für die Begleitdamen dann ebenfalls das Paradies? Oder holt man die aus der Hölle? Der
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