Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)

Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)
Autoren: Dieter Nuhr
Vom Netzwerk:
man sie bezahlt hat. Was soll das Hadern? Sind wir ehrlich: Vorher sah es auch nicht besser aus. Und wenn man selber eine von zu viel Alkohol aufgeschwemmte Plauze vor sich herträgt, als hätte man einen Medizinball verschluckt, dann sollte man demütig sein, wenn es darum geht, ästhetische Beurteilungen abzugeben.
    Wer sein positives Lebensgefühl nicht verliert, hat nicht nur Glück gehabt, sondern auch die Sensibilitäteines Schnitzelklopfers. Gut so! Ich will mir unbedingt mein sonniges Gemüt bewahren! Ich hüte mich vor jenen, die mir weismachen wollen, ein gutes Leben sei nur eine Frage der inneren Einstellung. Die haben keine Ahnung. Man braucht auch Alkohol, Sex und eine gewisse innere Gelassenheit, die ins Gleichgültig-Weggetretene oder ins Hypnotisiert-Betäubte changiert. Ich höre nicht auf die Psychoratgeber dieser Zeit, die so tun, als wären sie Schamanen. Als wüssten die, wo das Glück wohnt! Sie predigen Liebe, sind aber meist selber vier Mal geschieden und in ihren schäbigen Cordanzügen von Gin Tonic zerfressen, weil sie im Innersten wissen, dass sie nur hohle Phrasen dreschen, um uns allen den letzten Cent aus der Tasche zu ziehen.
    Das Leben ist ein Wunder! Aber ist es wirklich perfekt? Manchmal! Ganz selten ergreift mich das Gefühl, dass nichts schöner wäre, als wenn der gerade erlebte Moment ewig bliebe, wenn zum Beispiel der Verein meiner Nachbarstadt verloren hat. Das ist herzergreifend! Das Glück ist ein kurzer Moment! Wie pocht das Herz vor Freude, wenn man bei einer Polizeikontrolle mit 1,8 Promille durchgewunken wird? Wie schön ist das Leben, wenn die Darmspiegelung nur eine leichte Reizung des Ileums ergeben hat?
    Was macht einen Tag perfekt? Das ist ein Geheimnis! Aber ich bin sicher, irgendwann wird es gelüftet. Vielleicht noch heute. Wer weiß? Drehen, weiterschlafen. Nachts sollte man nicht grübeln, sondern träumen.



WOHNZIMMER
    Daraus, dass Sie gerade meine Gedanken lesen, schließe ich, dass bei Ihnen ein gewisses Grundinteresse an meiner Person besteht. Sie fragen sich vielleicht: Wer ist dieser Durchgeknallte? Wie lebt der? Wie wohnt er? Und weil Sie so nett fragen, will ich Ihnen gerne meinen Lebensraum öffnen. Schließlich prägen uns die Dinge, mit denen wir uns umgeben.
    Das erste Foto zeigt übrigens die obere linke Ecke meines Wohnraumes. Sie besteht ausschließlich aus rechten Winkeln und ist damit nahe dem, was man als perfekte kubische Gestaltung bezeichnen könnte. Wir achten zu wenig auf die Kleinigkeiten, die uns das Leben schöner machen.



07 30
Der Mensch ist zu vielen großen Taten fähig, aber was er wirklich perfekt beherrscht, ist das Liegen. Als Zweibeiner befindet er sich tagsüber im labilen Gleichgewicht. Einen Teil seiner Kraft muss er stets darauf verwenden, nicht umzufallen oder mit dem kleinen Zeh gegen den Couchtisch zu laufen. Nachts aber, wenn er schläft, gehorcht er der Schwerkraft und bildet eine plump daliegende Masse.
    Im Zustand der Bewusstlosigkeit baut der Körper seine Energiereserven auf. Überschüssiger Hirnstrom wird in Träume umgesetzt. Fantasierend stelle ich fest: Ich bin blind, weil meine Augen verklebt sind. Alle Versuche, sie zu öffnen, scheitern, meine Kraft reicht nicht aus. Jemand hat mir offenbar Sekundenkleber als Eyeliner verkauft. Wieso benutze ich Eyeliner? Ich weiß es nicht. Im Traum passieren komische Dinge. Man fällt, brennt oder erblindet. Nie wieder werde ich einen Sonnenuntergang sehen können, ein lachendes Kind oder die Samstags-Sportschau. Panik!
    In meiner Angst bemerke ich, dass ich an einem Abgrund stehe. Ich stürze. Im Traum wird gerne gestürzt, oft tiefe Klippen hinab. Unten brandet das Wasser bedrohlich gegen die Felsen. Ich schlage auf. Vom Aufprall geschockt bekomme ich unter Wasser keine Luft mehr, während große Tiere mit scharfen Zähnen an mir knabbern, eine lose-lose-lose -Situation.
    Oft laufe ich im Traum auch nackt durch den REWE. Gott sei Dank bin ich wenigstens kein Schlafwandler. Es sollen schon Menschen aus schlimmen Albträumen erwacht sein, in denen sie ohne Kleidung im Supermarkt standen, nur um nach dem Aufwachen verdutzt festzustellen, dass sie nackt im Supermarkt standen. Sehr unangenehm.
    07 31
Mein erster Gedanke im Wachzustand: War Jesus Nichtraucher? Ich bin mir nicht sicher, wie ich darauf komme, aber ich vermute, der letzte Rest meines Traumes spielte irgendwo in der Nähe von Golgatha. Gab es da irgendwo eine Raucherlounge?
    Auch Winston Churchill, Helmut
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher