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Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd
Autoren: Ursula Neeb
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zuweilen recht grob werden konnte. Er nahm sie oft so heftig, dass es weh tat, hatte sie vor Erregung schon geschlagen, und das letzte Mal hatte er sie sogar gewürgt, als er sich in sie verströmte.
    Dezent klopfte sie an das Portal seines Wohnhauses. Heute öffnete er ihr anstelle seines alten Leibdieners persönlich die Tür und bereitete ihr, kaum dass sie eingetreten war, einen schier atemberaubenden Empfang. Er trug nichts weiter als einen knöchellangen Umhang aus blutroter Seide, unter dem sie seinen nackten sehnigen Körper sehen konnte. Er war schon sehr erregt, riss ihr förmlich die Kleider vom Leib und nahm sie noch in der Halle. Trunken vor Glückseligkeit ergab sie sich ihm und hätte vor Wollust vergehen mögen.
    In den frühen Morgenstunden des nächsten Tages entdeckten die Torwächter der Galgenpforte eine Frauenleiche im Stadtgraben. Die Tote, die anhand ihrer gelben Kleidung unschwer als Hübscherin zu erkennen war, trieb mit dem Gesicht nach unten im trüben Morast der Uferböschung.
    Die Wächter riefen den Stadtphysikus und die Bürgerpolizei. Der Medicus machte sich nicht die Mühe, den schlammverkrusteten Leichnam mit dem langen honigfarbenen Haar genauer in Augenschein zu nehmen. Er befühlte nur kurz die Halsschlagader und bemerkte lapidar: »Die ist mausetot. Ist wahrscheinlich ertrunken.«
    Der Polizeibüttel streifte die Tote mit abschätzigem Blick und brummelte: »Wahrscheinlich hat sich das Weibsbild die Nacht über im Galgenviertel herumgetrieben und ist dann besoffen in den Graben gefallen. Oder es wurde von zwielichtigem Gesindel, von dem es ja im Galgenviertel nur so wimmelt, ins Wasser gestoßen. Am besten wird es sein, den Züchtiger herzubestellen. Der soll sie sich mal angucken, ist doch eine von seinen Menschern.«
    Nachdem der Henker, dem die städtischen Frauenhäuser unterstanden, die schlanke Tote als die Hure Hildegard Dey identifiziert hatte, wurde der Leichnam auf einen Leiterwagen geworfen und zur Totenkapelle auf dem Peterskirchhof gekarrt.
    *
    Als Katharina Bacher die polternden Schritte ihres Mannes draußen auf der Treppe vernahm, sprang sie von ihrem Strohsack auf, breitete sich ein Wolltuch über die Schultern und eilte zum Kachelofen, um Feuer zu machen. Schlaftrunken schichtete sie die Holzscheite aufeinander und gähnte dabei herzhaft. Gerne wäre sie an diesem trüben, regnerischen Oktobermorgen noch in ihrem warmen Bett geblieben und hätte weiter vor sich hin gedöst. Doch es grauste sie vor Ruprechts Branntweingeruch und seiner Zudringlichkeit, und so hatte sie lieber darauf verzichtet.
    Der Nachtwächter Ruprecht Bacher, der gerade seinen Dienst beendet hatte, trat in die Stube, ging auf seine Frau zu und drückte ihr einen Kuss auf den Mund. Katharina wandte unwillkürlich den Kopf zur Seite.
    »Guten Morgen, mein Mädchen«, sagte er gut gelaunt. »Was ist das für ein Wetter draußen! Jetzt freu ich mich aber auf mein warmes Bettchen.« Er entledigte sich seines regennassen Umhangs und dann seiner übrigen Kleidung. Als er nur noch die wollene Unterkleidung trug, die über seinem kugelförmigen, vorgewölbten Bauch spannte, rieb er sich behaglich die Hände und gurrte zärtlich wie ein verliebter Täuberich: »Willst du dich nicht noch ein bisschen zu mir legen?«
    Katharina verzog missmutig das Gesicht. Es war doch immer wieder dasselbe mit ihm.
    »Nein, das will ich nicht«, erwiderte sie gereizt. »Ich hab genug Arbeit. Schlaf du nur.« Ein wenig milder setzte sie hinzu: »Wenn du Hunger hast, kann ich dir gleich noch die Brühe warm machen.«
    »Verschon mich bloß mit deiner Suppe!«, knurrte der Nachtwächter ärgerlich. »Mir ist nach was anderem. Man ist ja schließlich ein gesund empfindendes Mannsbild und kein Klosterbruder …«
    »Dann musst du halt ins Hurenhaus gehen!«, unterbrach ihn Katharina barsch und blies aufgebracht in die Glut.
    »Und so was muss man sich von der eigenen Frau anhören«, murmelte Ruprecht bitter. Er nahm den Weinkrug vom Wandbord, goss sich einen Becher voll und stürzte ihn in einem Zug herunter. »Kein Wunder, dass man säuft«, bemerkte er mit finsterem Gesichtsausdruck.
    »Onkel Rupp, jetzt hör aber auf!« Katharina hatte sich vor ihrem Mann aufgebaut und funkelte ihn wütend an. »Das war schon bei unserer Heirat klar, ich habe dir diesbezüglich nie etwas vorgemacht. Fang also nicht wieder damit an. Für mich warst du immer wie ein Onkel, den ich sehr gern hatte, aber mehr auch nicht. Daran hat sich bis
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