Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd
Autoren: Ursula Neeb
Vom Netzwerk:
Kuss vereinigten. Dann raunte sie ihm zärtlich ins Ohr: »Ich wünsche mir auch ein Kind.«
    »Ich glaube, ich könnte dir Dutzende machen, so sehr liebe ich dich.« Florians Stimme war ganz heiser vor Begehren.
    In jener Nacht liebten sie sich zum ersten Mal.

Epilog
    Am Dienstag, den 28 . Dezember 1509, wurden Reinfried von Gückingen alias Leonhard Stefenelli und sämtliche Brüder des Todes in einem großen Schauprozess im Kaisersaal des Römerrathauses nachträglich zum Tode verurteilt.
    Den Totengräber Heinrich Sahl erklärte der Senat der freien Reichsstadt zu Frankfurt am Main für unschuldig am Mord an der Patriziertochter Mechthild Stockarn und stellte so seinen guten Ruf wieder her. Dies wurde den Stadtbürgern vom Stadtherold auf dem Römerberg zur Kenntnis gegeben und durch Anschläge an öffentlichen Plätzen in Umlauf gebracht. Die Flugblatthändler taten ein Übriges, und bald breitete sich die Kunde vom aufrechten Totengräber, der unschuldig sein Leben lassen musste, im ganzen Lande aus.
    Nur die Kirche ließ sich nicht dazu herab, Heinrich Sahls Unschuld offiziell zu bekunden. Anna Stockarns Bemühungen wurden seitens des Erzbistums Mainz abgeschmettert mit der lapidaren Bemerkung, es sei doch nicht der Fehler der Kirche, wenn Heinrich Sahl ein falsches Geständnis abgelegt habe. Immerhin stimmten die Kirchenoberen der schriftlichen Eingabe der Tochter des Totengräbers zu, Heinrich Sahls sterbliche Überreste vom Friedhof der Ehrlosen zum Peterskirchhof überführen zu dürfen. Nach einer schlichten Aussegnung, zu der nur Katharina, Florian und Anna erschienen waren, wurden Heinrich Sahls Gebeine in der Grabstätte seiner Familie beigesetzt.
    Am Ostersonntag des Jahres 1510 wurde das prächtige Altarbild »Das Martyrium des St. Jakob«, das Meister Martin Caldenbach gemeinsam mit seinem Meisterschüler Florian Hillgärtner im Auftrag des Patriziers Jakob Heller angefertigt hatte, in einem feierlichen Akt der Frankfurter Predigerkirche übergeben. Bald darauf erhielt Florian seinen Meisterbrief.
    Am Mittwoch, den 1 . Juni 1510, fand in der Predigerkirche die Trauung von Katharina und Florian statt. Es wurde zwar allenthalben gemunkelt, die Braut sei bereits guter Hoffnung, doch die glückstrahlenden Gesichter des jungen Brautpaars ließen selbst die schlimmsten Lästermäuler verstummen.
    Am 28 . September brachte Katharina ein gesundes Mädchen zur Welt. Anna Stockarn wurde seine Taufpatin.
    Im Laufe der Jahre wurde Florian Hillgärtner zu einem der erfolgreichsten Porträtmaler Frankfurts. Sein Lieblingsmodell indessen blieb seine schöne Frau. Er fertigte mehrere hundert Zeichnungen und Gemälde von Katharina an.
    Katharina Hillgärtner arbeitete nicht mehr als Totenwäscherin. Sie lernte lesen und schreiben, führte die Geschäfte ihres Mannes und versorgte die Kinder. Die Ehe von Florian und Katharina war sehr glücklich, und ihre Liebe hielt ein Leben lang.
    Anna Stockarn blieb unverheiratet und führte das Leben einer Privatgelehrten. Über den Fall Stefenelli verfasste sie eine Kriminalchronik, die auf der Frankfurter Buchmesse des Jahres 1510 reißenden Absatz fand. Sie blieb Katharina und Florian eng verbunden und gehörte wie selbstverständlich zu ihrer großen Familie.

Glossar
    Accidia – Lateinisch für Müßiggang. Accidia galt als Todsünde, die Gott mit Symptomen wie Depression und Niedergeschlagenheit bestrafte.
    Antoniusfeuer – Vergiftungen durch einen Getreidepilz, das sogenannte »Mutterkorn«. Schwindel, Erbrechen, Durchfall, Krämpfe und Wahnvorstellungen sowie ein sich ausbreitender Wundbrand traten als Kennzeichen des Antoniusfeuers auf, das durch den Genuss von verseuchtem Brot verursacht wurde. Gebete zum heiligen Antonius sollten die Heilung bewirken.
    Barré – Eisenstange, die bei der Hinrichtungsfolter des Radbrechens eingesetzt wurde.
    Beinlinge  – Von Männern getragene enganliegende Hosen, welche das Gesäß und die Geschlechtsteile deutlich hervortreten ließen, vergleichbar mit den heutigen Strumpfhosen.
    Bundschuh – Der Schuh des einfachen Volkes bestand aus einem Lederlappen, der um den Fuß gewickelt war und über den Knöcheln zusammengebunden wurde.
    Conium maculatum – Lateinische Bezeichnung für den gefleckten Schierling.
    Einschnüren – Dem Delinquenten wurde ein Seil um den Kopf geschlungen, welches immer fester zusammengezogen wurde.
    Flugblatthändler – Die fahrenden Flugblatthändler erfreuten sich seit der Erfindung des Buchdrucks
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher