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Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd
Autoren: Ursula Neeb
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sah, war er starr vor Staunen.
    »So muss ich dich unbedingt einmal malen«, schwärmte er begeistert und konnte die Augen nicht mehr von ihr abwenden.
    »Das sagst du jedes Mal, wenn du mich siehst. Wenn’s danach ginge, müsste es schon mehr als hundert Bilder von mir geben«, neckte ihn Katharina.
    »Das kommt noch«, erwiderte er mit tiefer Überzeugung und küsste ihr zärtlich die Hand.
    Im Hause Caldenbach speisten sie gebratenen Kapaun und tranken dazu einen vollmundigen Frankenwein. Zum Nachtisch gab es Mandelpudding und Lebkuchen. Nachdem die Tafel abgeräumt war und die Meisterin die kleine Marie stillte, die erst vor drei Tagen das Licht der Welt erblickt hatte, gab Meister Caldenbach Florian und Katharina verstohlen ein Zeichen. Mit verschwörerischen Blicken folgten die beiden dem Meister in die Werkstatt.
    In der festlich geschmückten, von Wachskerzen erhellten Stube blieben neben der Meisterin mit dem Säugling auf dem Arm die fünf älteren Kinder der Caldenbachs zurück, die es vor Aufregung kaum noch auf ihren Plätzen hielt. Mit großen, erwartungsvollen Augen blickten sie immer wieder zur Stubentür hin. Dann war es endlich so weit: Es pochte vernehmlich gegen die Tür, und die Meisterin rief: »Herein!«
    Die Kinder klatschten freudig in die Hände und jauchzten vor Vergnügen, als gleich darauf zwei wunderschöne Engel mit goldenen, langwallenden Haaren in den Raum schwebten. Auf den Häuptern trugen sie Sternenkronen und auf den Rücken feine weiße Flügel aus Schwanenfedern. Die Kleinen waren vor Ehrfurcht verstummt und schauten die himmlischen Wesen gebannt an.
    »Seid ihr auch immer artig und fromm und betet fleißig?«, tönten die Engel mit klangvollen Stimmen und sahen die Kleinen mit huldvollen Mienen der Reihe nach fragend an.
    »Ja!«, erscholl es sogleich im Chor. Die Kinder sprangen von ihren Stühlen auf, knieten sich hin und falteten andächtig die kleinen Hände.
    »Brav!«, lobten die Engel. »Dann betet jetzt zum lieben Gott, der Jungfrau Maria und zu euren Namenspatronen, dass sie euch und eure lieben Eltern immer beschützen mögen. – Und schließt dabei die Augen.«
    Die Kinder senkten die Lider und beteten mit Inbrunst. Währenddessen schlich Meister Caldenbach auf leisen Sohlen durch die Tür herein, einen Sack voller Geschenke auf dem Rücken, die er gemeinsam mit seiner Frau und den beiden Engeln reihum auf dem Tisch verteilte. Als alles an seinem Platz war und die Kinder mit ihren Gebeten zu Ende waren, wünschten die Engel den Kindern einen gesegneten Christabend und schwebten wieder davon.
    »Weil ihr so brave, artige Kinder seid, hat der liebe Gott den Engeln Geschenke für euch mitgegeben«, verkündete der Vater und lächelte seine Frau vergnügt an. Die fünf Kinder stürmten zum Tisch, und beim Anblick der bunten Murmeln aus gebranntem Ton, der Tonpuppen für die beiden Mädchen, der bemalten Turnierpferdchen für die drei Knaben, der farbigen Holzreifen, Kreisel und hölzernen Steckenpferde kannte ihre Begeisterung keine Grenzen. Ihre Freude war so ansteckend, dass den Eltern sowie Florian und Katharina, die inzwischen wieder an die Festtafel zurückgekehrt waren, vor Rührung die Tränen kamen.
    Ausgelassen tollten die Kinder mit den neuen Spielsachen durch die Stube und forderten auch die Erwachsenen zum Mitspielen auf. Florian, der gemeinsam mit seinem Meister tagelang Kreisel, Holzpferdchen und Puppengesichter bemalt hatte, balgte sich mit ihnen wie ein großer Junge. Auch Katharina reihte sich in das fröhliche Kinderspiel ein und fühlte sich so unbeschwert wie schon lange nicht mehr.
    Als die Kinder zur neunten Stunde zu Bett gehen sollten, verabschiedeten sie sich mit Gutenachtküssen von Katharina und Florian.
    »Du siehst ja aus wie die Sternenprinzessin«, sagte die vierjährige Theresia verschämt zu Katharina und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Und du hast auch einen goldenen Stern im Haar!«
    Katharina drückte die Kleine liebevoll an sich und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Ein kleiner Stern aus Goldpapier, der ihr vorhin wohl aus der Sternenkrone gefallen war, schwebte zu Boden. Die vier Erwachsenen tauschten beredte Blicke und brachen in herzhaftes Gelächter aus.
    Auf dem Nachhauseweg hielten Katharina und Florian einander fest in den Armen.
    »Es war so wunderbar mit dir und den Kindern, ich habe noch nie so ein schönes Christfest erlebt«, flüsterte Katharina verliebt, ehe sich ihre Lippen zu einem nicht enden wollenden
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